Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
kann mir nicht vorstellen, warum eine Gruppe von Tätern, die ihrem Opfer ohnehin zahlenmäßig überlegen ist, einen Baum entwurzelt und ihn auf den Gegner stürzen läßt. Es gibt jede Menge einfacherer, schnellerer und wirksamerer Tötungsarten.«
»Wir entfernen uns von unserer vorrangigen Frage«, meinte Yvette. »Wir wissen, daß ein Mord verübt wurde. Und jetzt hängen wir an der Frage, wie es der Mörder getan hat. Befassen wir uns lieber mit dem wichtigeren Problem: Wer war es?«
Jules sah die Gefährten an, als völlige Stille eintrat. »Nun, es sieht aus, als fiele niemandem spontan ein Verdächtiger ein. Borov war bei niemandem beliebt, also hätte jeder ein Motiv. Aber da gab es drei Menschen, die Borov bedrohte – mich, Symond und Liu.«
»Ich glaube, dich können wir für den Moment ausschließen«, sagte Yvette lächelnd.
»Merci! Bleiben zwei Personen, die etwas stärkere Motive haben als die anderen.«
»Nun war es aber so, daß Borov sie bedrohte und nicht umgekehrt«, protestierte Jacques. »Das ergibt keinen Sinn.«
»Angenommen«, sagte Vonnie, »Borov schlich, nachdem er den Posten ausgeschaltet hatte, durch den Park und wollte jemanden töten. Statt dessen hat ihn sein beabsichtigtes Opfer zuerst erwischt.«
»Und warum die Mühe mit dem Baum?« fragte Jacques.
»Falls Borov wirklich einen Mordversuch unternahm, war es ein klarer Fall von Notwehr. Für Borovs Drohung haben wir jede Menge Zeugen. Unter diesen Umständen findet sich in der gesamten Galaxis kein Ankläger, der ein Verfahren eröffnet.«
»Aber Borov war unbewaffnet – zumindest als wir ihn fanden«, beharrte Yvonne. »Falls er eine Waffe bei sich hatte, nahm sein Mörder sie ihm weg. Warum nur? Notwehr wird fadenscheinig, wenn die Person, gegen die man sich zur Wehr setzt, unbewaffnet ist.«
Jetzt war Yvette mit ihrer Meinung an der Reihe. »Borov muß den Stürmer des Postens an sich genommen haben. Vielleicht ist der Mörder gleichzeitig unser gesuchter Verräter. Wenn ja, dann möchte er sicher nicht, daß die Sache aufkommt, auch wenn es sich um einen Fall von echter Notwehr gehandelt hat. Er würde in den Mittelpunkt des Interesses rücken und müßte mancherlei Fragen beantworten. Diesen Grad an Interesse kann er sich nicht leisten. Den Stürmer nahm er mit, weil er nicht wußte, daß die Waffe einem Posten fehlte. Seiner Meinung nach weiß hier niemand von seinen hochverräterischen Plänen. Er weiß nicht, daß seine Mission bereits verraten wurde. Und er wird alles daransetzen, damit niemand auch nur den leisesten Verdacht schöpft.«
Daraufhin trat längeres Schweigen ein. Dann sagte Jules langsam: »Tu as raison, wie immer, Schwesterherz.« Aus langer Erfahrung wußte er, daß Yvettes Einfälle meist ergiebiger waren, als die sorgfältig ausgearbeiteten Theorien der meisten anderen, und er hatte es sich angewöhnt, auf sie zu hören. »Eines wenigstens hat uns der Vorfall gezeigt: Vorher waren wir nicht mal sicher, ob es hier einen Verräter gäbe. Jetzt wissen wir es. Jemand in diesem Schloß ist ein Mörder und beging diesen Mord, um ein noch viel dunkleres Geheimnis zu tarnen.«
Er lief ein paar Schritte auf und ab, ehe er fortfuhr. »Wir brauchen weitere Einzelheiten. Um welche Zeit geschah der Mord -präzise?« Er sah in Jacques' Richtung.
»Nicht vor Beginn des Balles«, sagte der männliche Teil des Roumenier-Teams. »Meine Leibwächter haben das Gelände gründlich durchsucht. Keine Spur von entwurzelten Bäumen oder Leichen.«
Seine Schwester nickte zur Bekräftigung. »Das stimmt, das wäre uns aufgefallen.«
»Bien«, meinte Jules mit nachdenklichem Nicken. »Wir haben also eine Zeitspanne von zwei Stunden zwischen dem Ballbeginn und der Entdeckung des Toten. Wir müssen das Alibi aller Anwesenden überprüfen und werden sehen, wer über diese Spanne keine Auskunft geben kann.«
»Und in der Zwischenzeit«, sagte Yvette, »müssen wir unsere Tarnung aufrechterhalten, auch wenn das bedeutet, daß wir selbst zu Verdächtigen werden.«
»Ganz klar«, gab ihr Bruder ihr recht. »Im Augenblick glaubt der Verräter, daß er nicht verfolgt wird. Wir dürfen ihm keinen Hinweis liefern, daß wir etwas wissen, sonst dreht er durch und unternimmt etwas Überstürztes. Einen Menschen, der eine Bombe in der Hand hält, darf man nicht in Panik versetzen.«
Am nächsten Tag kam die Polizei, um alle über die Ereignisse des Vorabends zu verhören. Weil die Kronprinzessin und ein Baron samt Baronin in
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