Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
in Zukunft der Krone dienen zu dürfen.
Die vor dem betreffenden Fenster baumelnde Yvette untersuchte es eingehend. Es war mit einem Drehriegel verschlossen. Ihre hochempfindlichen Taschensensoren konnten keine Alarmeinrichtung feststellen. Sie drückte sich eng an die Mauer, drehte den Riegel und stieß das Fenster auf. Nun bedeutete es keine Schwierigkeit mehr, sich am Fensterbrett festzuhalten und sich in den Raum hineinzuziehen. Im Inneren war es dunkel und völlig still. Allem Anschein nach ein Gästezimmer, das momentan unbenutzt war. Sobald sie sich vergewissert hatte, daß reine Luft herrschte, zerrte sie einmal kräftig am Seil und gab damit ihrem Bruder zu verstehen, er könne nachkommen.
Oben auf dem Dach sicherte Jules das Seil, indem er eine kleine Phiole des Sofort-Schweiß-Mittels aufbrach und das Seil über der Dachrinne befestigte. Zuvor vergewisserte er sich, ob das Material der Beanspruchung standhielt. Dann ließ er sich hinunter und stand noch vor Ablauf einer Minute neben seiner Schwester. Die beiden Agenten zogen die Stunner und waren nun aktionsbereit.
Mit allergrößter Vorsicht schlichen sie an die Tür, öffneten sie einen Spalt breit und spähten hinaus in den Korridor. Leider war der Gang hell erleuchtet, dafür aber verlassen. Am Ende des Ganges sahen sie die Treppe, über die sie hinuntergelangen würden, dorthin wo ihre Beute wartete. Zwischen ihrem gegenwärtigen Standort und der Treppe lagen drei geschlossene und zwei offene Türen.
Die ersten zwei Räume waren leer. Im dritten stießen sie auf zwei turtelnde Dienstboten. Yvette fühlte sich als prüde Spaßverderberin, als sie ihnen eine Betäubung vierten Grades verpaßte, die sie für zwei volle Stunden außer Gefecht setzen würde, aber das war eben unumgänglich notwendig.
Sie konnten es sich nicht leisten, daß hinter ihnen jemand Alarm schlug. Wirklich wirksam konnten sie nur einen Ein-Frontenkrieg führen. Mit einer geflüsterten Entschuldigung, die das bewußtlose Paar nie hören würde, schloß sie die Tür und überließ die beiden wieder ihrer Zweisamkeit.
Im vierten Zimmer saß ein Mann mit dem Rücken zur Tür an einem Schreibtisch und schrieb. Die zwei Schattengestalten, die den Eingang querten, erschreckten ihn, und er drehte sich mit einem Ruck um – seine letzte Bewegung für mehrere Stunden. Jules rasches Reaktionsvermögen betäubte den Mann, noch während er saß. Er hatte keine Chance, die anderen Hausbewohner auch nur mit einem Aufschrei zu alarmieren.
Der fünfte Raum wiederum war leer, und schließlich hatten sie die Treppe erreicht. Die zwei d'Alemberts wechselten kurze, aufmunternde Blicke. Bis jetzt war soweit alles glattgegangen. Von nun an aber mußten sie jede Sekunde mit Schwierigkeiten rechnen. Wenn ihre Berechnungen stimmten, befanden sich mindestens ein Dutzend Menschen in den unteren Etagen des Hauses. Es sprach alles dagegen, daß die Agenten sie alle überrumpeln konnten. Daher würde ihnen an diesem Abend wohl oder übel ein Kampf bevorstehen – aber sie hatten nichts anderes erwartet und waren darauf vorbereitet. Ihre Gegner waren es nicht.
Jetzt war es vorbei mit dem Versteckenspielen. Von nun an war Geschwindigkeit ihre wirksamste Waffe. Auf ein winziges Kopfnicken von Jules hin rasten beide Seite an Seite die Treppe hinunter. Kaum glaublich, daß menschliche Wesen eine derartige Geschwindigkeit erreichen konnten.
Die d'Alemberts waren keine normalen menschlichen Wesen.
Ihre Familie lebte seit über zehn Generationen auf dem Planeten DesPlaines, einer Welt der schweren Metalle und abweisenden Berge, auf der die Oberflächenschwerkraft das Dreifache der irdischen betrug. Schwächlinge waren in den ersten beiden Generationen den harten Umweltbedingungen des Planeten zum Opfer gefallen. Als Folge davon waren die gegenwärtigen Bewohner von DesPlaines superstark und superschnell. Sie mußte es sein -denn allein das Aufstehen und Umhergehen in einem solchen Schwerefeld war ein Prüfstein für die Energien normaler Menschen, ganz zu schweigen von der Tatsache, daß auf einer Welt, auf der Gegenstände im Fallen die dreifache irdische Geschwindigkeit erreichten, einer, der überleben wollte, über blitzartige Reflexe verfügen mußte. Auf DesPlaines gab es keine sogenannten ›kleinen‹ Unfälle. Wer dort überlebte, gehörte zu den Besten.
Doch diesen genetischen Hintergrund teilten sie mit mehr als sieben Millionen Bewohnern ihrer Heimatwelt. Was Jules und Yvette ihnen voraushatten,
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