Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
Kilometer Abstand zum nächsten Nachbarn, auf drei Seiten von freiem Land umgeben.
Die Hinterseite des Hauses war einer Klippe zugewandt, die fünfzig Meter hoch aufragte. Der Steilabfall war so glatt, daß er für unbezwingbar galt und die Hausbewohner in der Sicherheit wiegte, sie könnten aus dieser Richtung nicht angegriffen werden.
Die zwei Schatten hofften, daß die Bewohner sich sehr sicher fühlten. Das würde ihnen bei ihrer Arbeit sehr weiterhelfen.
Sie lagen minutenlang Seite an Seite ausgestreckt am oberen Klippenabschluß und studierten die Lage eingehend. Vor dem Landhaus parkten zehn Autos. Eben tauchte ein elftes auf, das den schmalen, von der Hauptstraße abzweigenden Weg entlang fuhr und sodann neben den anderen Wagen anhielt. Zwei Personen stiegen aus und gingen zum Haupteingang des Hauses. Nach kurzem Warten wurden sie eingelassen.
»Das müßten eigentlich alle sein«, sagte der eine Schatten mit männlich-tiefer Stimme.
Der zweite Schatten, er war weiblich, nickte dazu. »Alors, Schluß jetzt mit dem Herumlungern, an die Arbeit!«
Der Mann stand auf und hob einen Gegenstand hoch, der einem Harpunengewehr sehr ähnlich war. Während er damit anlegte und das Visier einstellte, entnahm seine Begleiterin ihrem Werkzeuggürtel ein Seil und befestigte es an einem Pflock, der nahe dem Klippenrand fest in den Boden gerammt worden war. »Fertig«, sagte sie.
Der Mann zielte und feuerte. Die Harpune schnellte aus der Mündung und sauste hinunter auf das Dach des Hauses zu. Die mit einem Plastikgehäuse umgebene Spitze zerbrach in einer Ritze zwischen Kamin und Schrägdach und setzte dabei eine gummiweiße Flüssigkeit frei, die sich unter Lufteinwirkung sofort verfestigte. Dieses Sofort-Schweißverfahren schuf eine feste Verbindung zwischen Dach und Geschoß. Nur mit Hilfe eines speziellen Lösungsmittels würde sich die Harpune von ihrem Ankerplatz lösen lassen.
Bislang war als einziges Geräusch das leise, aber unvermeidliche Aufprallgeräusch der Harpunenspitze auf dem Dach zu hören gewesen. Die zwei Menschen am Klippenrand warteten atemlos auf Reaktionen aus dem Hausinneren. Als sich nach drei Minuten noch immer nichts rührte, stießen sie unhörbare Seufzer der Erleichterung aus. Von nun an ließ sich ihr Auftrag um vieles leiser abwickeln.
Mit flinken und fachmännischen Bewegungen straffte der Mann das an der Harpune befestigte Seil. Mit einem kaum merklichen Nicken, das seiner Begleiterin galt, faßte er sodann nach dem Seil und begann sich rasch, Hand über Hand, zu dem weit unter ihm liegenden Hausdach abzuseilen.
Die Frau blieb ruhig oben am Klippenrand stehen und beobachtete den Abstieg ihres Begleiters, wobei sie jedoch in ihrer Wachsamkeit nicht nachließ. Während der Mann sich das Seil entlangarbeitete, stellte er nämlich ein sehr deutliches Ziel dar. Sie mußte also seinetwegen auf der Hut sein. Sobald er sein Ziel erreicht hatte, gab er ihr ein Zeichen, und sie begann den Abstieg, während er sich revanchierte und nun seinerseits ihren Abstieg überwachte.
Die Gesamtzeit ihres Überwechseins auf das Dach lag unter fünf Minuten. Sie waren nun wieder beisammen und verloren keine Zeit, ihren Angriffsplan in die Tat umzusetzen. Schon zuvor hatten sie sich eines der Fenster als Einstieg auserkoren. Behutsam und eilig bewegten sie sich auf die Ostseite des steil abfallenden Daches zu. Der Mann legte sich ausgestreckt hin und hielt nun wieder ein Seilstück, diesmal ein kürzeres, in der Hand. Die Frau erfaßte das lose Ende und ließ sich vom Dachrand herunter, um festzustellen, ob das betreffende Fenster ungesichert oder mit Alarmeinrichtung geschützt war.
Die Arbeit mit dem Seil und die damit verbundene Kletterei war den beiden nicht neu. Ganz im Gegenteil, ihre Vertrautheit mit dem Kletterseil war beinahe angeboren. Die Frau war nämlich Yvette d'Alembert und der Mann ihr Bruder Jules. Bis vor knapp einem Jahr waren sie die berühmtesten Luftakrobaten des gesamten Imperiums gewesen. Als Stars des Zirkus der Galaxis hatten sie seit dem frühesten Kindesalter an Seilen gehangen und mit Trapezen geschwungen.
Doch die Aufgabe, die sie nun vor sich hatten, hatte mit banaler Unterhaltung nichts zu tun. In Wahrheit arbeiteten sie als Geheimagenten des Service of the Empire. Sie und die gesamte Zirkusfamilie stellten die fähigsten und treuesten Diener der Krone dar. Sie hatten ihre Fähigkeiten schon wiederholt unter Beweis gestellt und sich dafür nur die Ehre ausbedungen, auch
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