Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
hatten genügt, um sie außer Reichweite der normalen Detektorsysteme zu bringen. Für einen unbefangenen Beobachter war ihr Schiff nun nicht mehr als ein Stück Weltraumschutt. Indem sie die Subsphäre wieder verließ, ehe die Verfolgerschiffe ihr dahin folgen konnten, würden auch ihre Subsphären-Suchsysteme sie nicht aufspüren können.
Sie verbrachte angespannte drei Stunden und beobachtete nervös ihre Bildschirme, weil sie fürchtete, Fortier hätte ihren Trick durchschaut. Schließlich aber war sie überzeugt, daß sie vor Entdeckung sicher war und nahm mit sehr mäßiger Geschwindigkeit Kurs zurück auf den Planeten Preis. Die Navy würde sicher Warnungen an sämtliche Planeten im ganzen Umkreis aussenden, Helena hoffte aber, man würde innerhalb des Systems, das sie eben verlassen hatte, weniger wachsam sein.
Trotzdem landete sie aus Vorsicht nicht auf einem Raumflughafen, sondern ging mit ihrem Boot in sicherer Entfernung von bevölkerten Gegenden nieder. Sie erreichte in einem Zweitagesmarsch die nächste Stadt. Mit dem Geld, das sie bei sich hatte, kaufte sie sich eine Fahrkarte in die Hauptstadt Aachen. Zwei Tage Wanderung durch die Halbwildnis hatte ihr Gesicht gebräunt und ihr ein so wettergegerbtes Aussehen verliehen, daß sie auch für Leute, die sie kannten, nicht als die Erbin dieses Sektors zu erkennen war. Ein paar raffinierte Makeup-Tricks aus der Geheimdienstschule hatten sie völlig unkenntlich gemacht.
In Aachen verkaufte sie einige Stücke von dem mitgebrachten Schmuck. Sie trennte sich höchst ungern von einigen ihrer Lieblingsstücke, doch ließ ihr die verzweifelte Lage keine andere Wahl. Das Geld reichte für ein paar neue Sachen und ein Raumschiffticket zum Planeten Evanoe, auf dem der Zirkus der Galaxis ein Gastspiel absolvierte.
Der Zirkus der Galaxis war eines der größten und besten Unternehmen der Vergnügungsindustrie der gesamten Galaxis, mit Vorstellungen, die mehr Nervenkitzel und Erregung boten als die wildeste Abenteuergeschichte im Sensabel. Darüber hinaus aber stellte der Zirkus eine der schlagkräftigsten Waffen im Arsenal des SOTE dar. Er war ein Privatunternehmen und gehörte der Familie d'Alembert. Sämtliche Artisten, das gesamte Personal - alles in allem an die tausend Menschen - waren Angehörige dieser eindrucksvollen Sippe von der Hochschwerkraftweit DesPlaines. Die d'Alemberts waren sowohl für ihre unglaublichen Fähigkeiten berühmt als auch für ihre unwandelbare Treue zum Thron. Ging es um schwierige oder heikle Missionen, dann wandte sich das Service stets an die d'Alemberts und bat um ihre Mitwirkung. In der Stunde höchster Bedrängnis hatte auch Helena das dringende Bedürfnis, den Zirkus einzuschalten.
Der Flug von Preis nach Evanoe nahm eine ganze Woche in Anspruch, Helena hatte keine ruhige Minute. Sie wußte, daß der Service und die Navy nach ihr fahndeten und daß in dem stillen, geheim abgewickelten Kampf zwischen Imperium und Verschwörung alles mögliche passieren konnte. An Bord eines Linienschiffes im Subäther war sie vor Eingriffen von außen völlig sicher, aber gleichzeitig war sie auch von allen Entwicklungen abgeschnitten. Als erste Stellvertreterin ihres Vaters hatte sie in den letzten Jahren alle Entwicklungen innerhalb der Galaxis hautnah miterlebt. Jetzt war ihr plötzlich jede Möglichkeit verwehrt, sich über den letzten Stand der Dinge zu informieren, und diese Nachrichtensperre war unerträglich.
Ohne Zeit zu verlieren, fuhr sie nach der Landung mit der Bahn direkt zu dem Gelände, auf dem der Zirkus seine Zelte aufgeschlagen hatte. Die Zuschauer hatten sich schon zerstreut, der angeschlossene Rummelplatz schloß seine Pforten, die ansonsten so hektische Atmosphäre war gedämpft. Die Ausdünstung exotischer Tiere ging eine seltsame Mischung mit den Speisedüften tausend verschiedener Welten ein. Helena bahnte sich unauffällig ihren Weg zum Hauptbüro. Sie wollte nach Möglichkeit von niemandem gesehen werden.
Da der Zirkus meist auf Tournee war, bemühten sich die Mitglieder, ihre Umgebung so anheimelnd wie möglich zu gestalten. Die Wände des Hauptbüros waren mit auffallend gemasertem Solentaholz getäfelt, auf dem Boden lag ein weicher, türkisfarbener Teppich. Drei Wände wurden von Bücherregalen eingenommen. Herzog Etienne war ein begeisterter Sammler alter Bücher, der gern behauptete, Buchrollen vermittelten die richtige Atmosphäre. Einige der Bände seiner Sammlung waren über fünfhundert Jahre
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