Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
stehen. Die Wache, die hinter ihr hergehastet war, reagierte zu langsam und stieß beinahe mit Helena zusammen. Diese lachte auf und sagte: »Verzeihung.« Dann streckte sie die Hand aus, als wolle sie die Frau stützen.
Mit einer raschen Bewegung stieß sie die andere gegen die Wand und zog ihr den Betäuber aus dem Holster. Die überrumpelte Wache, die zu spät merkte, daß sie ausgetrickst worden war, versuchte Helena am Kragen zu fassen, doch diese tauchte nach unten weg und brachte den Betäuber in Anschlag.
Noch ehe die Frau mehr als nur einen erstickten Schrei ausstoßen konnte, hatte Helena abgedrückt, und die Frau sank schlaff zu Boden.
Helena überprüfte die Betäubereinstellung und sah mit Erleichterung, daß sie nur auf Stufe drei stand - eine halbstündige Betäubung. Nach einer Weile würde der weibliche Posten aufwachen und sich wegen seiner Fehlleistung in einer peinlichen Situation befinden. Das war aber auch alles. Helena hatte schon befürchtet, der Betäuber könnte auf eine höhere Stufe eingestellt sein und echten Schaden anrichten. Doch der Befehl, nur in minimalem Umfang Gewalt anzuwenden, wurde genauestens eingehalten. Helena selbst wollte niemanderh schaden, der zufällig in die unangenehme Situation geraten war, sie an der Flucht in die Freiheit zu hindern.
Sie sah sich um. Niemand schien den erstickten Aufschrei gehört zu haben. Dieser Bereich des Schiffes war um diese Zeit ziemlich verlassen, einer der Gründe, warum Helena ihn für ihre Pläne ausgesucht hatte. Ein zweiter Grund war die Nähe der für den Notfall mitgeführten Rettungsboote, die ihr nächstes Ziel waren.
Als private Raumjacht eines Großherzogs wäre die Anna Liebling in jedem Fall ein höchst eindrucksvolles Schiff gewesen. Da aber ihr Eigner gleichzeitig Chef des Service of the Empire war, verfügte das Schiff über eine besonders gediegene Ausstattung. So war es nicht nur imstande, sich bei einem Kampf gut zu behaupten, sondern seine Rettungsboote waren auch in der Lage, in den Subäther überzugehen, bei Booten dieses Typs nicht selbstverständlich. Die Boote waren zwar nicht überwältigend schnell, aber mit etwas Glück und einem guten Start meinte Helena gute Chancen zu haben, Fortier, dessen Möglichkeiten begrenzt waren, zu entkommen. Bis er schnellere Schiffe zu Hilfe rufen konnte, hoffte sie, außer Reichweite seiner Sensoren zu sein.
Wie ein Gespenst glitt sie durch die leeren Gänge, die Waffe schußbereit, gespannt, um auf das geringste Anzeichen zu reagieren. Bis kurz vor den Notschleusen, an denen Fortier zwei seiner Leute postiert hatte, begegnete sie niemandem. Helena betäubte sie beide, ehe sie ihre eigenen Waffen ziehen konnten. Dann schlich sie an die Schrankreihe neben den Schleusentüren. Noch nie war sie so froh darüber gewesen, daß ihr Vater für alle, die das Schiff regelmäßig benutzten, maßgeschneiderte Raumanzüge hatte anfertigen lassen.
Sämtliche kleineren Einsatzschiffe und Rettungsboote waren in einem Hangar angedockt, der zum Vakuum des Alls hin offen war. Normalerweise führten Verbindungsröhren zu den Schleusen der Schiffe und ermöglichten es Besuchern, ohne schwere Raumanzüge an Bord zu kommen. Doch das Ausfahren einer solchen Verbindungsröhre mußte von der Brücke der Anna Liebling aus gesteuert werden, und unter den gegebenen Umständen mußte Helena auf diese Formalität verzichten.
Statt dessen mußte sie in ihren eigenen Raumanzug schlüpfen, durch die Druckausgleichstür hinaus in die Andockbucht gehen und sich auf diese Weise zum Beiboot vorarbeiten. Doch auch auf diese Weise stellte das Einsteigen ein kalkuliertes Risiko dar, weil das Öffnen der Notluftschleuse ein Licht am Kontrollpunkt zum Aufleuchten brachte. Die Notausstiegsluke wurde per Hand bedient und konnte von der Brücke aus nicht gesteuert werden -ein Punkt zu Helenas Gunsten.
Doch sobald sie den Prozeß in Gang gesetzt hatte, tickte ein Zeitzünder für sie. Alles würde dann davon abhängen, wie rasch man das Aufleuchten des Alarmknopfes bemerkte und wie man auf der Brücke darauf reagierte. Sie hoffte auf ein paar Minuten anfänglicher Verwirrung, so daß sie genügend Vorsprung hätte, um durch die Luke hinauszukommen, sich eines der Boote zu schnappen und aus der Anna Liebling herauszuschnellen, ehe jemand richtig merkte, was da vor sich ging.
Sorgfältig zog sie den Raumanzug über und kontrollierte alle Verbindungsstücke und Verschlüsse, wie man es ihr beigebracht hatte. Sie
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