Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
Knochen. Da half auch die Isolation des Gleiters nichts.
Die eiförmige Kapsel flog im Augenblick der Trennung mit der Geschwindigkeit der H-16 sekundenlang durch die Wolken, dem harten Boden entgegen. Im Augenblick, als sie die Wolkendecke durchstießen, betätigte Lady A einen zweiten Hebel, worauf aus dem Eikörper Flügel ausklappten. Der kleine Flugkörper wurde gebeutelt und geschüttelt, als er unterhalb der Wolken in heftige Luftströmungen geriet.
Sie befanden sich inmitten eines schweren Gewitters. Die Wolken verfinsterten die Sonne, der Himmel war von bleiernem Grau, obwohl sie auf der Tagseite des Planeten waren. Harte Regentropfen und Hagelkörner trommelten gegen die Kapselwände. Der Regen strömte über die Windschutzscheibe und behinderte die Sicht so sehr, daß Lady A Tatiana anwies, die Scheibenwischer von Hand durch einen Hebel im Cockpit zu betätigen.
Der Boden, den sie wegen der Dunkelheit kaum ausmachen konnten, erstreckte sich unter ihnen wie ein schattenhaftes Schaubild. Sie überflogen Farmland, das - wie es schien - von der feindlichen Invasion unberührt geblieben war. Große, rechteckige Felder bedeckten das Gelände wie eine Patchworkdecke in verschiedenen Schattierungen von Gelb, Grün und Braun. Es war Flachland, das nur in der Ferne von sanft geschwungenen Hügeln begrenzt wurde. Diese trotz des heftigen Regens friedvolle Landschaft bildete einen krassen Gegensatz zu den schrecklichen Ereignissen der letzten Woche.
Die feindlichen Schiffe ließen nicht von der Verfolgung der H-16 ab. Kein einziger scherte aus, um Jagd auf den Gleiter zu machen. Lady A's Finte hatte also geklappt. Über den Monitor bekamen sie die Bilder von den letzten Minuten der H-16 geliefert.
Von einem der feindlichen Schiffe schoß ein Strahl auf den Rumpf der H-16. Im Normalfall wäre es kein tödlicher Treffer gewesen, aber Lady A, die jede Spur der geglückten Flucht tilgen wollte, hatte die H-16 auf Selbstzerstörung programmiert, sobald feindliches Feuer das Schiff träfe. Nachdem das Schiff in einer weißglühenden Wolke aufgegangen war, verdunkelte sich der Monitor des Gleiters.
Die Insassen hatten wenig Zeit, ihren Gedanken nachzuhängen, sie bangten vielmehr um ihr Leben. Die heftigen Luftströmungen des Gewitters packten und schüttelten die verhältnismäßig kleine Kapsel heftig. Heulende Winde drohten den Gleiter in Stücke zu reißen. Dieser holperte, rollte und sackte ab, so daß man sich vorkam wie auf einer Berg- und Talbahn. Lady A mußte sich trotz ihrer übermenschlichen Kräfte sehr anstrengen, um die Kontrolle nicht zu verlieren. Mehrmals wurde der Gleiter herumgedreht, und die mechanische Steuerung funktionierte scheinbar eigenmächtig. Die fünf Passagiere hinter dem Pilotensitz wurden immer wieder gegen die Wände und gegeneinander geschleudert, bis sie blaue Flecken hatten. Und noch immer fiel der Gleiter mit einer Geschwindigkeit, die den Insassen viel zu hoch erschien.
Jules und Yvette tauschten besorgte Blicke. Hatte Lady A sich durch ihren Hochmut in eine Situation bringen lassen, der sie nicht mehr gewachsen war? Ihren Gesichtsausdruck konnten sie nicht sehen, da sie hinter ihr saßen. Ihre Haltung war so unnachgiebig wie eh und je, während sie mit den widerspenstigen Steuereinrichtungen kämpfte. Die Agenten bereuten nicht zum ersten Mal, daß sie ihr Leben in die Hände dieser Frau gelegt hatten.
Knapp fünfhundert Meter über dem Boden ließ das Gewitter nach. Der Regen ging vom Wolkenbruch in ein monotones Geprassel über, und die noch immer starken Winde konnten von einem geübten Piloten wie Lady A ausmanövriert werden.
Iwanow deutete steuerbords hinaus. »Eine Ortschaft!« rief er aus.
Man sah einige kleine Häusergruppen am Horizont, eines der Dörfer in dieser Gegend. Lady A hatte es ebenfalls erspäht und nickte, ehe sie den Gleiter leicht backbords steuerte. Der Grund hierfür war klar: Es war nicht ratsam, zu nahe bei der Ortschaft zu landen, wenn man nicht gesehen werden wollte. Ihre Landung auf dem Planeten sollte möglichst unbemerkt vonstatten gehen. Das bedeutete, daß sie irgendwo auf dem flachen Land aufsetzen und zu Fuß in den nächsten Ort gehen mußten, so strapaziös das sein mochte.
Sie kreisten eine Weile über dem Gebiet, hin- und hergerissen von tückischen Winden, bis Lady A endlich eine ihr zusagende Stelle gefunden hatte. Sie brauchte ebenes und offenes Gelände zur Landung, gleichzeitig aber ausreichende Deckung in der Nähe,
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