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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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hatten nun jenes letzte Stadium spanischer Förmlichkeit erreicht, da die entsprechenden Handlungen nicht mehr ausgesprochen, sondern nur noch angedeutet werden.
 »Was machen die zwei dort drin?« fragte nun Agustín in vertraulichem Ton.
 »Nichts«, erwiderte Pilar. » Nada. Wir sind schließlich im Frühling, du Vieh.«
 »Vieh«, sagte Agustín, das Wort auskostend. »Vieh. Und du. Du Tochter der großen Hure aller Huren. Ich bedrecke mich im Saft des Frühlings.«
 Pilar schlug ihm auf die Schulter.
 »Du!« sagte sie und lachte ihr dröhnendes Lachen. »Deinen Flüchen fehlt jede Abwechslung. Aber sie sind kräftig. Hast du die Flugzeuge gesehen?«
 »Ich sch... in den Saft ihrer Motoren!« sagte Agustín, nickte heftig und biß sich auf die Unterlippe. »Das läßt sich hören«, sagte Pilar. »Das läßt sich wirklich hören. Aber es ist schwer durchzuführen.«
 »In dieser Höhe ja!« sagte Agustín grinsend. » Desde luego. Aber es ist besser, man macht Witze.«
 »Ja«, sagte Pablos Frau. »Es ist viel besser, man macht Witze, und du bist ein braver Kerl, und deine Witze sind kräftig.«
 »Hör mal, Pilar«, sagte Agustín ernst. »Irgend etwas geht vor. Meinst du nicht?«
 »Was meinst du ?«
 »Scheußlich! Könnte nicht schlimmer sein. Es waren viele Flugzeuge, Weib. Viele Flugzeuge.«
 »Und du hast Angst gekriegt wie alle?«
  »¡Qué va!« sagte Agustín. »Was glaubst du, haben sie vor?«
 »Sieh mal«, sagte Pilar. »Die Republik hat offenbar eine Offensive vor, deshalb hat man diesen Burschen hergeschickt. Die Faschisten bereiten einen Gegenschlag vor – deshalb die Flugzeuge. Aber warum zeigen sie ihre Flugzeuge?«
 »In diesem Krieg geschehen viele Dummheiten«, sagte Augustin. »In diesem Krieg herrscht ein grenzenloser Blödsinn.«
 »Sicher«, sagte Pilar. »Sonst säßen wir nicht hier.«
 »Ja«, sagte Agustín. »Jetzt schwimmen wir schon seit einem Jahr in diesem Blödsinn. Aber Pablo ist ein sehr einsichtsvoller Mann, Pablo ist sehr schlau.«
 »Warum sagst du das?«
 »Ich sage es.«
 »Aber du mußt eines verstehen!« sagte Pilar. »Jetzt ist es schon zu spät, um sich durch Schlauheit zu retten, und alles andere hat er längst eingebüßt.«
 »Ich verstehe«, sagte Agustín. »Ich weiß, daß wir weg müssen. Und weil wir siegen müssen, um am Leben zu bleiben, ist es nötig, daß die Brücken gesprengt werden. Aber Pablo, mag er auch jetzt ein Feigling sein, ist sehr schlau.« »Auch ich bin schlau.«
 »Nein, Pilar«, sagte Agustín. »Du bist nicht schlau, du bist tapfer. Du bist treu. Du bist entschlossen. Du hast einen scharfen Blick. Viel Entschlossenheit und viel Herz. Aber du bist nicht schlau.«
 »Meinst du?« fragte die Frau nachdenklich.
 »Ja, Pilar.«
 »Aber der Bursche ist schlau«, sagte die Frau. »Schlau und kalt. Er hat einen kühlen Kopf.«
 »Ja«, sagte Agustín. »Er muß wohl sein Geschäft verstehen, sonst hätten sie ihm nicht diesen Auftrag gegeben. Aber ich weiß nicht, ob er schlau ist. Von Pablo weiß ich, daß er schlau ist.«
 »Aber er taugt zu nichts, weil er Angst hat und nicht handeln will.«
 »Trotzdem ist er schlau.«
 »Und was meinst du?«
 »Nichts. Ich bemühe mich, die Sache vernünftig zu überlegen. Wir müssen jetzt vernünftig handeln. Nach der Brückengeschichte müssen wir sofort verschwinden. Alles muß vorbereitet sein. Wir müssen wissen, wohin wir verschwinden und wie.«
 »Selbstverständlich.«
 »Dazu brauchen wir Pablo. Seine Schlauheit.«
 »Ich habe kein Vertrauen zu Pablo.«
 »In diesem Punkt ja.«
 »Nein. Du weißt nicht, wie sehr es mit ihm aus ist.«
 » Pero es muy vivo. Er ist sehr schlau. Und wenn wir jetzt nicht schlau vorgehen, sind wir besch... dran.« »Ich werde darüber nachdenken«, sagte Pilar. »Ich habe den ganzen Tag vor mir, um nachzudenken.«
 »Für die Brücke der Bursche!« sagte Agustín. »Das versteht er bestimmt. Schau nur, wie fein der andere den Zug organisiert hat!«
 »Ja«, sagte Pilar. »Eigentlich hat er den ganzen Plan gemacht.«
 »Energie und Entschlossenheit – dafür haben wir dich«, sagte Agustín. »Aber für den Abmarsch – Pablo. Für den Rückzug – Pablo. Du mußt ihn zwingen, sich damit zu beschäftigen.«
 »Du bist ein kluger Mensch.«
 »Klug, ja«, sagte Agustín. »Aber sin picardía. Dafür haben wir Pablo.«
 »Mit seiner Furcht und allem?«
 »Mit seiner Furcht und allem.«
 »Und wie denkst du über die

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