Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
du hast denselben Glauben?«
 »An die Republik?«
 »Ja.«
 »Ja«, sagte er und hoffte zuinnerst, es möge wahr sein.
 »Das freut mich«, sagte die Frau. »Und du fürchtest dich nicht?«
 »Nicht vor dem Sterben«, sagte er wahrheitsgemäß.
 »Aber sonst?«
 »Nur davor, daß ich meine Pflicht versäumen könnte.«
 »Nicht vor der Gefangenschaft – wie der andere?«
 »Nein«, sagte er wahrheitsgemäß. »Wenn man sich davor fürchtet, dann ist man so beschäftigt, daß man zu nichts mehr taugt.«
 »Du bist ein sehr kalter Bursche.«
 »Nein«, sagte er. »Das glaube ich nicht.«
 »Nein. Du hast einen sehr kalten Kopf.« »Weil mich meine Arbeit sehr beschäftigt.«
 »Aber liebst du nicht die Dinge des Lebens?«
 »Ja. Sehr. Aber sie dürfen mich nicht bei der Arbeit stören.«
 »Ich weiß, daß du gerne trinkst. Ich habe es gesehen.«
 »Ja. Sehr gern. Aber es darf mich nicht bei der Arbeit stören.«
 »Und Frauen?«
 »Ich habe die Frauen gern, aber ich habe sie bisher nicht sehr wichtig genommen.«
 »Du liebst sie nicht?«
 »Doch. Aber ich habe noch keine gefunden, die so auf mich gewirkt hätte, wie sich's gehört – nach dem, was die Leute behaupten!«
 »Ich glaube, du lügst.«
 »Vielleicht ein wenig.«
 »Aber Maria hast du gern.«
 »Ja. Ganz plötzlich – und sehr gern.«
 »Ich auch. Ich habe sie sehr gern. Ja, sehr.«
 »Ich auch«, sagte Robert Jordan, und er fühlte, wie es ihn in der Kehle zu würgen begann. »Ich auch, ja.« Es machte ihm Freude, es auszusprechen, und er sagte es in sehr feierlichem Spanisch: »Ich liebe sie sehr.«
 »Nachdem wir mit El Sordo gesprochen haben, lasse ich dich mit ihr allein.«
 Robert Jordan schwieg.
 Dann sagte er: »Das ist nicht nötig.«
 »Doch, Mann. Es ist nötig. Du hast nicht viel Zeit.«
 »Hast du das in meiner Hand gelesen?« fragte er.
 »Nein. Vergiß dieses dumme Zeug!«
 Sie hatte das einfach beiseite geschoben wie alles, was der Republik schaden konnte. Robert Jordan schwieg. Er sah Maria zu, wie sie drinnen in der Höhle das Geschirr wegräumte. Sie wischte sich die Hände ab und drehte sich um und lächelte ihm zu. Sie konnte nicht hören, was Pilar sagte, aber während sie Robert Jordan zulächelte, errötete sie unter dem Braun ihrer Haut und lächelte dann abermals.
 »Es gibt auch noch den Tag!« sagte die Frau. »Ihr habt die Nacht, aber es gibt auch noch den Tag. Freilich, so bequem ist es nicht wie zu meiner Zeit in Valencia. Aber ihr könnt wilde Erdbeeren pflücken oder dergleichen.« Sie lachte.
 Robert Jordan legte den Arm um ihre breiten Schultern. »Auch dich habe ich gern«, sagte er. »Ich habe dich sehr gern.«
 »Du bist ein richtiger Don Juan Tenorio«, sagte die Frau, die nun vor Zärtlichkeit ganz verlegen wurde. »Du fängst schon an, alle zu lieben. Da kommt Agustín.«
 Robert Jordan ging in die Höhle und näherte sich Maria. Sie sah ihn herankommen, ihre Augen schimmerten hell, und wieder glitt ein Erröten über ihre Wangen und ihren Hals.
 »Hallo, kleines Kaninchen«, sagte er und küßte sie auf den Mund. Sie drückte ihn fest an sich, sah ihm ins Gesicht und sagte: »Oh, hallo. Hallo!«
 Fernando, der am Tisch saß und eine Zigarette rauchte, stand auf, schüttelte den Kopf und ging hinaus und griff nach seinem Karabiner, der an der Felswand lehnte.
 »Das ist sehr würdelos«, sagte er zu Pilar. »Das gefällt mir nicht. Du solltest auf das Mädchen aufpassen.«
 »Das tue ich«, sagte Pilar. »Dieser Genosse ist ihr novio.«
 »Oh«, sagte Fernando. »In diesem Fall, da sie verlobt sind, finde ich ihr Verhalten völlig normal.«
 »Das freut mich«, sagte die Frau.
 »Ganz meinerseits«, sagte Fernando feierlich. » Salud, Pilar!«
 »Wo willst du hin?« »Zu den oberen Posten, Primitivo ablösen.«
 Agustín kam hinzu.
 »Wo zum Teufel gehst du hin?« fragte Agustín den feierlichen kleinen Mann.
 »Meine Pflicht tun«, sagte Fernando voller Würde.
 »Deine Pflicht!« sagte Agustín höhnisch. »Ich spucke auf den Saft deiner Pflicht.« Dann zu der Frau: »Wo zum Teufel ist denn der Dreck, den ich bewachen soll?«
 »In der Höhle«, sagte Pilar. »In zwei Säcken. Und ich habe deine Schweinereien satt.«
 »Ich – – – auf den Saft deines Satthabens«, sagte Agustín.
 »Dann geh und besudle dich selber«, erwiderte Pilar völlig ruhig.
 »Deine Mutter!« erwiderte Agustín.
 »Du hast nie eine gehabt!« sagte Pilar. Die Beleidigungen

Weitere Kostenlose Bücher