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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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civil, und ich habe noch nie in meinem Leben einen Menschen in einem solchen Ton reden hören. Seine Stimme war grauer als ein Morgen ohne Sonnenaufgang.
 Pablo zog an dem Verschluß und ließ dann los, wie der Mann es ihm gesagt hatte, und das Ding schnappte nach vorne, und jetzt war die Pistole gespannt. Eine häßliche Pistole mit einem runden kleinen Kolben, und der Lauf ist groß und flach, ein unhandliches Ding. Die ganze Zeit hatten die civiles Pablo beobachtet und kein Wort gesagt.
 ›Was wirst du mit uns machen?‹ fragte nun einer.
 ›Dich erschießen‹, sagte Pablo.
 ›Wann?‹ fragte der Mann mit derselben grauen Stimme.
 ›Jetzt‹, sagte Pablo.
 ›Wo?‹ fragte der Mann.
 ›Hier‹, sagte Pablo. ›Hier. Jetzt. Hier und jetzt. Hast du was dazu zu sagen?«
  ›Nada‹, sagte der civil. ›Nichts. Aber es ist häßlich.‹
 ›Und du bist auch häßlich‹, sagte Pablo. ›Du Bauernmörder. Du, der du deine eigene Mutter erschießen würdest.‹
 ›Ich habe nie jemanden umgebracht‹, sagte der civil. ›Und sprich nicht von meiner Mutter.‹
 ›Zeig uns, wie man stirbt. Ihr, die ihr immer die anderen umgebracht habt.‹ ›Es ist nicht nötig, daß du uns beschimpfst‹, sagte ein anderer civil. ›Und wir verstehen zu sterben.‹
 ›Kniet an der Wand nieder, mit dem Kopf gegen die Wand‹, sagte Pablo. Die civiles blickten einander an.
 ›Kniet nieder, sage ich‹, sagte Pablo. ›Kniet nieder.‹
 ›Wie findest du das, Paco?‹ sagte der eine civil zu dem größten, der mit Pablo über die Pistole geredet hatte. Er hatte Korporalsstreifen am Ärmel und schwitzte sehr, obwohl es am frühen Morgen noch sehr kühl war.
 ›Warum sollen wir nicht niederknien?‹ erwiderte er. ›Es ist unwichtig.‹
 ›Man hat es näher zur Erde‹, sagte der, der zuerst gesprochen hatte. Er wollte einen Witz machen, aber sie waren alle zu ernst, um Witze zu machen, und keiner lächelte.
 ›Dann wollen wir niederknien‹, sagte der erste civil, und die vier knieten nieder; sie sahen sehr linkisch aus mit den Köpfen gegen die Wand und die Hände an den Seiten, und Pablo ging hinter ihnen vorbei und schoß einen nach dem andern mit der Pistole in den Hinterkopf, ging von einem zum andern und setzte ihm den Lauf der Pistole an den Hinterkopf, und einer nach dem andern fiel hin, als der Schuß knallte. Ich höre noch die Pistole knallen, scharf und doch gedämpft, und ich sehe den Lauf zucken und den Kopf nach vorne sinken. Der eine hielt den Kopf still, als der Pistolenlauf ihn berührte, der andere schob ihn nach vorne und preßte die Stirn gegen die Steine, und einer zitterte am ganzen Körper, und sein Kopf wackelte hin und her. Nur einer legte die Hände vor die Augen, und das war der letzte, und die vier Leichen lagen wie Lumpenbündel an der Mauer, als Pablo sich von ihnen abwandte und auf uns zukam, die Pistole noch in der Hand.
 ›Halt mir das Ding, Pilar!‹ sagte er. ›Ich weiß nicht, wie man den Hammer herunterläßt‹, und er gab mir die Pistole und stand da und schaute die vier civiles an, wie sie an der Kasernenwand lagen. Alle die, die mit uns waren, standen auch da und schauten hin, und keiner sagte ein Wort. Wir hatten die Stadt erobert, und es war noch früh am Morgen, und keiner hatte etwas gegessen, und keiner hatte Kaffee getrunken, und wir schauten einander an, und wir waren alle mit Staub bedeckt von der Sprengung der Kaserne, so bestaubt wie die Menschen beim Dreschen, und ich hielt die Pistole, sie lag schwer in meiner Hand, und mir wurde flau im Magen, als ich die toten civiles dort an der Wand liegen sah, alle genauso grau und staubig wie wir, aber ihr Blut benäßte nun den trockenen Dreck an der Mauer, an der sie lagen. Und wie wir so dastanden, ging über den fernen Bergen die Sonne auf und schien jetzt auf die Straße, auf der wir standen, und auf die weiße Kasernenwand, und der Staub in der Luft schimmerte golden im ersten Sonnenstrahl, und der Bauer, der neben mir stand, schaute die Kasernenwand an und das, was dort lag, und dann schaute er uns an und dann die Sonne, und dann sagte er: › Vaya, ein neuer Tag fängt an.‹
 ›Gehen wir jetzt Kaffee trinken«, sagte ich.
 ›Gut Pilar, gut‹, sagte er. Und wir gingen in die Stadt zur Plaza, und das waren die letzten, die erschossen wurden.«
 »Was ist aus den anderen geworden?« fragte Robert Jordan. »Gab es sonst keine Faschisten im Ort?«
 » Qué va, gab es sonst keine Faschisten? Über zwanzig

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