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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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und einige hatten hölzerne Gabeln, die mit den hölzernen Zinken, mit denen man nach dem Dreschen die Spreu und das Stroh in die Luft wirft. Manche hatten Sicheln und Rübenmesser, aber die mit den Sicheln und Messern hatte Pablo an das andere Ende gestellt, wo die Reihen den Rand der Klippe erreichten. Die Leute in den Reihen verhielten sich ganz still, und es war ein klarer Tag, so wie heute, und es waren Wolken hoch am Himmel, so wie heute, und die Plaza war noch nicht staubig, denn in der Nacht war viel Tau gefallen, und die Bäume warfen einen Schatten über die Leute in den Reihen, und man hörte das Wasser rinnen aus dem Messingrohr im Maul des Löwen und in das Becken des Springbrunnens fallen, wo die Weiber ihre Wasserkrüge zu füllen pflegten.
 Nur in der Nähe des Ayuntamiento , wo der Priester seine Pflicht an den Faschisten erfüllte, ging es lärmender zu, und das waren diese Nichtsnutze, die, wie ich schon sagte, bereits betrunken waren, und sie drängten sich vor den Fenstern und riefen Schweinereien und schlechte Witze durch die Eisengitter in die Fenster hinein. Die meisten der Männer in den Reihen warteten ganz ruhig, und ich hörte einen zu seinem Nachbarn sagen: ›Sind Frauen dabei?‹
 Und der andere sagte: ›Ich hoffe zu Gott, nein.‹
 Dann sagte einer: ›Da ist Pablos Weib. Hör mal, Pilar. Sind Weiber dabei?‹
 Ich sah ihn an, es war ein Bauer im Sonntagsrock, er schwitzte heftig, und ich sagte: ›Nein, Joaquín. Es sind keine Weiber dabei. Die Weiber töten wir nicht. Warum sollten wir ihre Weiber töten?‹
 Und er sagte: ›Gott sei Dank, es sind keine Weiber dabei, und wann fängt es an?‹
 Und ich sagte: ›Sowie der Pfarrer fertig ist.‹
 ›Und der Pfarrer?‹
 ›Ich weiß es nicht‹, sagte ich, und ich sah, daß sein Gesicht zuckte, und der Schweiß lief ihm über die Stirn. ›Ich habe noch nie einen Menschen getötet‹, sagte er.
 ›Dann wirst du es lernen‹, sagte der Bauer neben ihm. ›Aber ich glaube nicht, daß ein Schlag mit dem da einen Menschen umbringt‹, und er packte den Dreschflegel mit beiden Händen und betrachtete ihn zweifelnd.
 ›Das ist das Schöne daran‹, sagte ein anderer Bauer. ›Es müssen viele Hiebe sein.‹
 › Sie haben Valladolid genommen. Sie haben Ávila genommen‹, sagte einer. ›Ich habe es gehört, bevor wir ins Dorf kamen.‹
 ›Diesen Ort werden sie niemals nehmen. Dieser Ort gehört uns. Wir sind ihnen zuvorgekommen‹, sagte ich. ›Pablo ist nicht der Mann, der wartet, bis sie zuschlagen.‹
 ›Pablo ist tüchtig‹, sagte ein anderer. ›Aber daß er die civiles so erledigt hat, das war egoistisch von ihm. Findest du nicht, Pilar?‹
 ›Ja‹, sagte ich. ›Aber hier sind nun alle mit dabei.‹
 ›Ja‹, sagte er, ›es ist gut organisiert, aber warum hören wir nichts mehr von der Bewegung?‹
 ›Pablo hat vor dem Angriff auf die Kaserne die Telefondrähte durchschnitten. Sie sind noch nicht repariert.‹
 ›Aha‹, sagte er. ›Deshalb hören wir nichts. Ich habe meine Neuigkeiten heute früh von der Station des Straßenwärters bekommen.‹
 ›Warum wird das nun so gemacht, Pilar?‹ fragte er mich.
 ›Um Munition zu sparen‹, sagte ich. ›Und damit jeder an der Verantwortung teilhat.‹
 ›Dann soll es schon beginnen. Dann soll es schon beginnen.‹ Und ich schaute ihn an und sah, daß er weinte.
 ›Warum weinst du, Joaquín?‹ fragte ich ihn. ›Das ist doch nicht zum Weinen.‹
 ›Ich kann nichts dafür, Pilar‹, sagte er. ›Ich habe noch nie einen Menschen getötet.‹
 Wenn du nicht den Tag der Revolution in einem kleinen Städtchen miterlebt hast, wo jeder jeden im Ort kennt und seit jeher gekannt hat, dann hast du nichts erlebt. Und die meisten in der Doppelreihe auf der Plaza trugen an diesem Tag die Kleidung, in der sie auf dem Felde arbeiteten, denn sie waren eilig in das Städtchen gekommen, aber einige, die nicht wußten, wie man sich am ersten Tag einer Bewegung anziehen soll, trugen ihre Sonntags-oder Feiertagskleidung, und als diese sahen, daß die anderen, auch die, welche die Kaserne angegriffen hatten, ihre älteste Kleidung trugen, schämten sie sich, daß sie falsch gekleidet waren. Aber sie wollten nicht ihre Röcke ausziehen, weil sie Angst hatten, sie zu verlieren, oder daß die Taugenichtse sie ihnen stehlen könnten, und so standen sie da und schwitzten in der Sonne und warteten, daß es losgehen würde.
 Dann wurde es windig, und der Staub auf der Plaza

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