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Wen das Grab ruft

Wen das Grab ruft

Titel: Wen das Grab ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Yards erhöht ich stand, wusste ich nicht zu sagen. Jedenfalls spürte ich hier oben den Wind noch stärker. Es blies gegen meine Jacke und ließ die Schöße flattern.
    »Es ist so schön zu sterben!«
    Schlagartig überfiel mich dieser Satz. Jemand hatte zu mir gesprochen, nur wusste ich nicht, wer es getan hatte. Die Stimme war einfach da gewesen, doch nur in meinen Gedanken. Und sie schaffte es tatsächlich, mich einzulullen.
    Auf einmal konnte ich all die Personen verstehen, die es zu diesem Grab gezogen hatte. Auch ich war erfüllt von einer nie gekannten Sehnsucht nach dem Tod. Ich wollte kein Lebender mehr sein, ich hatte vor, in das andere Reich zu gehen und dachte nur daran, das Grab im Hügel betreten zu dürfen. Immer stärker wurde diese Sehnsucht. Aufrecht stand ich da, hatte den Kopf in den Nacken gelegt, hielt mein Gesicht gegen den Wind und spürte sein Streicheln, wenn er über meine Haut fuhr.
    Der Tod wartete auf mich. Und ich wollte ihm folgen. Jedes Raunen, jedes Säuseln versprach mir etwas anderes. Ein vollkommen neues Leben, die Wanderung der Seele durch Raum und Zeit, ein Paradies, das keine menschlichen Fehler mehr kannte.
    Sehr intensiv sprach die geheimnisvolle, wispernde Stimme, der ich immer stärker recht gab. Ich wollte zu ihm. Ich musste einfach in das Grab hinein, das mir in diesen Augenblicken wie das Paradies vorkam. Wieder vernahm ich die Stimme. »Als Reiner darfst du das Grab betreten. Nur als Reiner…«
    Was damit gemeint war, verstand ich nicht, doch die Stimme half mir, indem sie ihre Forderungen präzisierte. Säuselnd erreichte sie meine Ohren. »Leg alle Waffen ab, wenn du das Paradies der Seelenwanderung betrittst. Nur als Reiner darfst du hinein. Hast du gehört? Die Waffen weg…«
    Obwohl ich den Sprecher noch nicht entdeckt hatte, wusste ich sehr genau, dass ich ihm vertrauen konnte. Er war für mich ein Idol, ein Leitbild, und wieder lächelte ich, als ich mein Hemd so weit aufknöpfte, dass ich das Kreuz hervorholen konnte. Ich schaute es an, mein Gesicht verzog sich, denn ich mochte es plötzlich nicht mehr. Mit einer heftigen Bewegung schleuderte ich es den Hang hinab. Irgendwo im Gras blieb es liegen.
    Das gleiche geschah mit der Beretta. Selbst die magische Kreide wollte ich nicht behalten und warf sie weg. Jetzt war ich bar jeder magischer Waffen, stellte mich hin, schaute gegen die Wolken, breitete die Arme aus und war bereit, den anderen zu empfangen.
    Er sollte zu mir kommen.
    Innerlich so gestärkt, vertraute ich voll und ganz auf ihn, wobei ich merkte, dass ich mich auch auf ihn verlassen konnte, denn unter meinen Füßen spürte ich das Zittern.
    Dort gab der Boden nach. Es war kein abruptes Wegfallen, sondern ein sanftes Gleiten, das von einem geheimnisvollen Leuchten begleitet wurde.
    Ich trat einen Schritt zurück und sah, dass sich vor mir eine Öffnung gebildet hatte. In einem rechteckigen Ausschnitt war das Gras einfach weggewichen.
    Langsam senkte ich meinen Kopf, schaute in eine Tiefe, in der ein rötliches Feuer glühte. Es sah unheimlich aus, wie ein großes, allmählich auslaufendes Auge, und der Schein fiel genau auf eine Leiter, die vom Boden her zur Öffnung führte.
    Nicht ein bisschen Furcht überkam mich, als ich einen kleinen Schritt vorging, den Rand erreichte und die Mitte meines Fußes auf die erste Sprosse setzte. Durch die Gewichtsbelastung federte sie ein wenig nach, aber sie hielt. Ich stieg in das Grab.
    Es war ein Vorgang, der langsam ablief und mich nervös machte, weil ich gern schneller gegangen wäre, aber ich musste Acht geben, denn einen Fehltritt konnte ich mir nicht erlauben. Das rötliche Licht erreichte mich auch nicht. Es hüllte mich ein wie ein feinstofflicher Mantel. Mein Gesicht hatte ebenfalls eine andere Farbe bekommen. Dass auch das Licht Materie sein konnte, stellte ich daran fest, wie es in mein Innerstes drang. Es besaß eine Botschaft für mich, die es mir mitteilte. Die Sehnsucht wuchs…
    Noch nie hatte ich mich so danach gesehnt, in den Tod zu gehen und ein anderer zu werden.
    »Es ist kein ewiges Aus«, hörte ich wieder die Stimme. »Du wirst danach glücklich sein und dich so fühlen, wie du dich noch nie in deinem lächerlichen Dasein gefühlt hast…«
    Ja, ja! Es waren gedankliche Schreie, die ich auf die Reise schickte und dann die letzte Sprosse erreichte. Noch einen Schritt, dann hatte ich die Leiter hinter mir gelassen. Daneben blieb ich stehen. Ohne es eigentlich zu wollen, drehte ich den

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