Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen der Rabe ruft (German Edition)

Wen der Rabe ruft (German Edition)

Titel: Wen der Rabe ruft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
Vom Netzwerk:
sagte Blue, »könnte mir vielleicht jemand verraten, was Neeve selbst behauptet hat, warum sie in Henrietta ist?«
    Calla wanderte im Raum umher und rieb sich die Hände, als sei ihr kalt oder als wollte sie planen, welchem Gegenstand sie sich als Erstes widmen würde. »Ganz einfach. Deine Mutter hat sie eingeladen, um deinen Vater zu finden.«
    »Nun ja«, korrigierte Persephone, »so ganz stimmt das nicht. Maura hat mir erzählt, Neeve wäre auf sie zugekommen und hätte gesagt, sie könnte ihn vielleicht finden.«
    »Ha, als ob dieser Mistkerl sich einfach so finden lassen würde«, schnaubte Calla.
    »Ich würde es vorziehen, wenn du nicht so von meinem Vater sprechen würdest«, sagte Blue.
    »Verzeihung, ich meine natürlich, dein lieber Herr Papa kann sich bestimmt nichts Schöneres vorstellen als eine Familienzusammenführung«, formulierte Calla. Sie hob eine Kerze hoch. »Sehr verdächtig.«
    Blue verschränkte die Arme. »Zu dem Vater-Thema hätte ich gern noch ein paar Details.«
    Calla nahm die Kerze von der linken Hand in die rechte. »Also, kurz gesagt, dein Vater ist vor achtzehn Jahren hier aufgetaucht, hat Maura total vom Hocker gerissen, sodass sie ein Jahr lang für nichts zu gebrauchen war, hat sie geschwängert und ist gleich nach deiner Geburt verschwunden. Er war ziemlich verschlossen und sah schnuckelig aus, also schätze ich mal, er war ein Wohnwagensiedlungsproll mit ’nem Vorstrafenregister.«
    »Calla!«, schimpfte Persephone.
    »Schon gut, mir macht das nichts«, warf Blue ein. Wie sollte die Vergangenheit eines Fremden ihr auch etwas ausmachen? »Ich will nur die Fakten hören.«
    Persephone schüttelte den Kopf. »Musst du immer so vernünftig sein?«
    Blue zuckte mit den Schultern. Sie fragte Calla: »Was verrät dir diese Kerze?«
    Calla musterte die Kerze mit zusammengekniffenen Augen. »Nur, dass sie zum Wahrsagen benutzt worden ist. Ein Zauber, um Gegenstände zu finden, also genau das, was zu erwarten war.«
    Während Calla sich weiter durch die Sachen wühlte, dachte Blue über das nach, was sie soeben über ihren Vater erfahren hatte, und stellte fest, dass ihre unerklärliche Zuneigung zu ihm noch immer unerschüttert war. Außerdem gefiel ihr die Vorstellung, dass er schnuckelig ausgesehen hatte. Sie merkte an: »Ich hab gehört, wie Mom zu Neeve gesagt hat, dass es kaum mehr als eine Suche im Internet sein sollte.«
    »Klingt logisch«, erwiderte Calla. »Und sie war ja auch bloß neugierig. Ist schließlich nicht so, als würde sie sich vor Sehnsucht nach ihm verzehren.«
    »Ach«, murmelte Persephone, »da wäre ich mir nicht so sicher.«
    Blue spitzte die Ohren. »Moment, willst du damit sagen, meine Mutter ist immer noch verliebt in … hat er eigentlich einen Namen?«
    »Schnuffi«, antwortete Calla und Persephone kicherte, offenbar in Gedanken bei einer liebestollen Maura.
    »Ich weigere mich zu glauben, dass Mom jemals irgendeinen Mann ›Schnuffi‹ genannt haben soll«, erklärte Blue.
    »Oh, aber das hat sie. Und ›Lover‹ auch.« Calla hob eine leere Schüssel hoch. Auf deren Boden war eine Art Kruste zu sehen, als hätte sich eine verhältnismäßig dicke Flüssigkeit darin befunden. Wie Kakao. Oder Blut. »Und ›Butternüsschen‹.«
    »Das habt ihr euch jetzt aber ausgedacht.« Blue schämte sich für ihre Mutter.
    Persephone, deren Gesicht vor unterdrücktem Lachen leicht gerötet war, schüttelte den Kopf. Aus ihrem Haarknoten hatten sich mittlerweile ein paar dicke Strähnen gelöst, was sie aussehen ließ, als wäre sie knapp einem Tornado entronnen. »Leider nicht.«
    »Aber warum sollte man denn jemanden so nennen, das versteh…«
    Die Augenbrauen extrem weit hochgezogen, drehte sich Calla zu Blue um und sagte: »Lass mal deine Fantasie spielen.« Persephone ergab sich in hilfloses Gelächter.
    Blue verschränkte die Arme. »Also wirklich.« Ihre Ernsthaftigkeit ging allerdings zulasten der letzten Selbstbeherrschung, die die beiden Frauen sich noch bewahrt hatten. Von Lachkrämpfen geschüttelt begannen sie, weitere Kosenamen aufzuzählen, die Maura angeblich vor achtzehn Jahren geprägt hatte.
    »Meine Damen«, mahnte Blue streng. »Wir haben nur noch eine Dreiviertelstunde. Calla, fass mal die da an.« Sie deutete auf die beiden Spiegel. Von allen seltsamen Dingen in diesem Raum fand sie diese am unheimlichsten und das war ein ebenso guter Grund wie jeder andere, an dieser Stelle anzufangen.
    Immer noch lachend ging Calla hinüber. Die absolute

Weitere Kostenlose Bücher