Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie
Gräueltaten an den Juden verübten, ihre gerechte Strafe erhalten haben. Dieser Mann … wurde mir gegenüber einmal als jemand bezeichnet, der sich dieser … Philosophie verschrieben hatte.«
Gavin, dem dieses Drumherumreden gründlich auf die Nerven ging, fragte ungehalten: »Wie war der Name dieses Mannes?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe nur sein Gesicht wiedererkannt.«
»Und haben Sie David Rosenthal je auf diesen Mann oder das besagte Treffen angesprochen?«
»Nein.« Bernstein wand sich verlegen. »Er hat mich nicht gesehen, und ich hielt es für das Beste, die Sache … auf sich beruhen zu lassen.« Er wich Gavins Blick aus. »Er hatte etwas an sich, das jeden Versuch, sich ihm anzuvertrauen, im Keim erstickte … Das mag in Ihren Ohren vielleicht fremd und überspitzt klingen, Inspector, aber David Rosenthal strahlte eine Aura derVerbitterung aus … die mich immer an zerbombte Städte und verkohlte Trümmer denken ließ.«
Kincaid hatte immer wieder feststellen können, dass man bei Chief Superintendent Denis Childs mit der Wahrheit noch am allermeisten erreichte. Nach kurzer Wartezeit imVorzimmer, die er sich vertrieb, indem er mit Childs’ Sekretär plauderte, wurde er in das Allerheiligste gerufen.
Er fand, dass sein Chef nicht so frisch und munter wirkte wie sonst. Der Arzt hatte Childs ein strenges Fitnessprogramm und eine Diät verordnet, wodurch er tatsächlich ein paar Pfund verloren hatte; seine Laune hatte sich dadurch aber kaum gebessert. Kincaid fand, dass Childs einfach zu den Männern gehörte, die von Natur aus dick waren. Es passte zu seiner Persönlichkeit, und jederVersuch, seine Anlagen von Grund auf umzukrempeln, war höchstwahrscheinlich zum Scheitern verurteilt.
Trotzdem fragte er höflich: »Wie geht es Ihnen?«, als Childs ihn aufforderte, Platz zu nehmen.
Childs verzog das Gesicht und brummte etwas Unverständliches. »Ein Laufband«, stieß er schließlich hervor. »Ich muss mich auf einem Laufband abrackern! Als ob man in London nicht schon genug zu Fuß ginge!«
Kincaid unterdrückte ein Grinsen. »Sie sehen gut aus.«
»Ha.« Childs starrte ihn grimmig an. »Wenn es so weitergeht, muss ich mir demnächst eine neue Garderobe zulegen, und ich hasse Einkaufen wie die Pest. Aber …« – er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nahm seine typische Pose ein, die Fingerspitzen beider Hände trafen zum Dreieck geformt aufeinander – »Sie sind sicher nicht gekommen, um mit mir über meine Anzüge zu diskutieren.«
»Nein. In Chelsea hat es einen verdächtigen Todesfall gegeben, und Lucan Place wird ein Team anfordern. Ich würde den Fall gerne übernehmen.«
Childs zog eine Braue hoch. »Haben Sie etwa telepathische Fähigkeiten entwickelt?«
»Nein, Sir«, erwiderte Kincaid. »Obwohl das manchmal sicher hilfreich wäre.«
Dann berichtete er, wie Gemma Kristin Cahill getroffen hatte, wie ihr die ganze Sache gleich ziemlich verdächtig vorgekommen war und wie die junge Frau kurz darauf ums Leben gekommen war.
»Ich nehme an, Gemma will, dass Sie den Fall übernehmen.«
»Ja.Aber ich muss gestehen, dass ich selbst auch neugierig bin. Gemmas Instinkt trügt sie nur selten, und wenn dieser Fall tatsächlich etwas mit dem Auktionshaus zu tun hat, könnten wir da an einer größeren Sache dran sein.«
»Und was ist mit Gemma? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie sich damit zufriedengeben wird, im Hintergrund zu
bleiben, und genauso wenig kann ich mir vorstellen, dass Mark Lamb seelenruhig zusehen wird, wie sie alles stehen und liegen lässt, um sich an eine Mordermittlung dranzuhängen.«
»Gemma hat sich sowieso gerade ein paar Tage freigenommen. Ihre Mutter ist krank.«
»Tut mir leid, das zu hören«, sagte Childs, doch das amüsierte Blitzen in seinen Augen war unübersehbar. »Na, dann rufen Sie mal die Kollegen von Lucan Place an, und leiten Sie den Aktentransfer in die Wege. Und halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Doug Cullen war nicht gerade begeistert, nur wegen einer fixen Idee von Gemma James einen Fall aufs Auge gedrückt zu bekommen. Zwar arbeitete er inzwischen schon lange genug mit Kincaid zusammen, um über die ersten Anwandlungen von Konkurrenzneid hinweggekommen zu sein, und er fand Gemma auch durchaus sympathisch, nachdem er sie etwas besser kennengelernt hatte, aber dennoch verspürte er wenig Lust, sich von der ehemaligen Untergebenen seines Chefs herumkommandieren zu lassen – schon gar nicht, wenn die gleichzeitig
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