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Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Titel: Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Bewegung und sprach leiser weiter. »Duncan …«
    »Es gefällt mir nicht«, unterbrach Duncan sie. »Aber wenn ich mich querstelle, wirst du mir ewig damit in den Ohren liegen,
hab ich recht? Und was genau soll ich deiner Meinung nach Chief Superintendent Childs erzählen?«
     
    Zwar hatte Gavin jetzt eine ungefähre Vorstellung davon, was sich in David Rosenthals Aktentasche befunden hatte, doch den Antworten auf die Fragen, warum es entwendet worden war oder was Rosenthal im Cheyne Walk gewollt hatte, war er noch keinen Schritt nähergekommen.
    Er hatte der Schule in North Hampstead, an der Rosenthal unterrichtet hatte, einen Besuch abgestattet. Er sei ein »Einzelgänger« gewesen, hatten seine Kollegen gesagt und Gavin dabei so misstrauisch beäugt, dass er sich gefragt hatte, was sie ihm noch alles erzählt hätten, wäre er ein Jude gewesen wie sie und zudem kein Polizist.
    Zuletzt traf er auch den Direktor, der ihn in sein Büro bat. Saul Bernstein war jünger, als Gavin erwartet hatte, vielleicht noch keine vierzig; ein fülliger Mann, der seinen Mangel an Jahren durch ein betont würdevolles Auftreten und eine stets qualmende Pfeife wettzumachen versuchte.
    Für einen Maitag war es ungewöhnlich heiß, und die Luft in dem kleinen Zimmer war stickig, doch es roch angenehm nach Büchern und Pfeifentabak. Durch das offene Fenster drangen die Rufe der Schüler herein, die mit irgendeinem Spiel beschäftigt waren.
    »Hat denn niemand David Rosenthal gemocht?«, fragte Gavin, nachdem er auf dem angebotenen Stuhl auf der anderen Seite von Bernsteins Schreibtisch Platz genommen hatte.
    »Gemocht?« Bernstein klang ein wenig erstaunt. »Ich würde nicht sagen, dass seine Kollegen ihn nicht gemocht haben.Alle sind natürlich immer noch ganz schockiert von Mr. Rosenthals Tod – man rechnet ja nicht damit, dass so etwas …«
    »Mord«, unterbrach ihn Gavin, der plötzlich das Bedürfnis hatte, diesen Mann aus seiner lethargischen Ruhe aufzurütteln. »David Rosenthal wurde ermordet.Auf brutaleWeise.Von jemandem, der ihn ganz und gar nicht mochte, vermute ich einmal.«
    »Gewiss.« Bernstein wurde ein wenig blass und legte seine Pfeife in
einem Aschenbecher ab. »Aber ich versichere Ihnen, es war niemand von hier.Wie ich bereits sagte, es war nicht etwa so, als hätten seine Kollegen ihn nicht gemocht. Mr. Rosenthal war höflich und rücksichtsvoll, er hatte kein Interesse an kleinlichen Streitereien unter Kollegen, und er hat sich mit Hingabe seiner Arbeit gewidmet. Das war alles. Ich glaube, ich bin nie einem Menschen begegnet, dem weniger am Beifall seiner Mitmenschen gelegen war.«
    »Und was ist mit dem Beifall seiner Schüler?«
    »Mr. Rosenthal war ein guter Lehrer, wie ich bereits sagte. Sehr gründlich und immer gut vorbereitet. Aber ich bezweifle, dass er registriert hat, ob seine Schüler ihn mochten oder nicht.«
    »David Rosenthal trug eine kleine goldene Mesusa um den Hals – der einzige Gegenstand, den ihm sein Mörder nicht weggenommen hat. Seine Frau sagt, er habe sie von einem seiner Schüler bekommen.«
    Bernstein runzelte die Stirn. »Wir gestatten den Schülern nicht, den Lehrern Geschenke zu machen, oder umgekehrt. Das führt leicht zu Neid und Missgunst. Und zu Missverständnissen.«
    »Und hatte David Rosenthal mit irgendjemandem Missverständnisse ? Oder Meinungsverschiedenheiten?«
    »Nein.« Bernstein zögerte einen Moment und zuckte dann mit den Achseln. »Jedenfalls nicht hier. Aber es gab da eine Sache … Die jüdische Gemeinschaft hat sich seit dem Krieg ein wenig zerstreut, aber man ist einander immer noch recht eng verbunden. Es existiert eine Art Netzwerk, und so kommen einem zwangsläufig Dinge zu Ohren – nicht immer die reine Wahrheit – über Menschen, die man nicht persönlich kennt.«
    Gavin wartete, und nach einer Weile fuhr Bernstein fort: »Ich verbreite höchst ungern Klatsch, Inspector.Aber ich habe David Rosenthal einmal im East End gesehen, wie er sich mit einem Mann unterhielt, dem nachgesagt wird, er stünde mit einer... Vergeltungsorganisation in Verbindung.« Er presste die Lippen zusammen, als erweckte das bloße Wort schon seinen Abscheu.
    »Einer Vergeltungsorganisation?«

    Bernstein lehnte sich ein wenig in seinem Stuhl zurück. »Ich persönlich bin der Überzeugung, dass wir nach vorne blicken und die Vergangenheit hinter uns lassen müssen. Aber manche sind da … anderer Meinung. Diese Leute glauben, dass nicht alle, die während des Krieges

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