Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie
leider immer noch das, was ich Ihnen gestern gesagt habe.«
»Die Sache ist ein wenig komplizierter, Mr. Khan. Wir sind hier wegen Kristin Cahills Tod, und ich möchte doch annehmen, dass das die Situation grundlegend ändert.Wenn ich vorstellen darf, das sind Superintendent Kincaid und Sergeant Cullen.Von Scotland Yard.«
Khan starrte sie an, und sie hätte schwören können, dass seine Miene ehrliche Verblüffung ausdrückte. Sie verspürte eine gewisse Genugtuung darüber, dass es ihr gelungen war, diesen aalglatten, weltgewandten Mann für einen Augenblick aus der Fassung zu bringen.
Aber er schien sich sehr schnell wieder gefangen zu haben, denn nun schenkte er ihr ein Lächeln, das seine ebenmäßigen weißen Zähne aufblitzen ließ. »Sicher, das mit Kristin Cahills Unfall ist sehr bedauerlich, aber ich sehe nicht …«
»Bedauerlich!« Mrs. March sprang von ihrem Stuhl auf. »Mr.
Khan, wie können Sie nur so etwas sagen?« Sie zitterte am ganzen Leib. »Das arme Mädchen ist tot! Das ist ja wohl mehr als bloß ›bedauerlich‹!«
»Wie dem auch sei, Mrs. March«, erwiderte Khan in eher verärgertem als versöhnlichem Ton, »es hat nichts zu tun mit …«
»Wir sind eigentlich gar nicht wegen der Goldshtein-Brosche hier«, unterbrach ihn Kincaid. »Wenigstens nicht direkt.Wir sind hier, weil wir Grund zu der Annahme haben, dass Kristin Cahills Tod kein Unfall war.«
Amir Khan führte sie rasch in sein Büro, ehe Mrs. March mehr tun konnte, als mit fassungslosem Gesichtsausdruck auf ihren Stuhl zurückzusinken.
Cullen, der sich die Zeit damit vertrieben hatte, ein detailgetreues hölzernes Modell eines Dampfschiffs zu bewundern, das offenbar unter den Hammer kommen sollte, folgte ihnen. Zu seiner Verärgerung hatte sich inzwischen ein heftiges Unbehagen gesellt. Natürlich hatte es ihm nicht gefallen, wie ein Klotz herumzustehen, während Gemma die Fragen gestellt hatte, obwohl er zugeben musste, dass sie wahrscheinlich mehr aus der Empfangsdame herausbekommen hatte, als er ihr je hätte entlocken können. Aber von Rechts wegen hätte sein Chef die Führungsrolle übernehmen sollen, nicht Gemma, die hier im Grunde nichts verloren hatte.
Und nun bekam er es mit Amir Khan zu tun, einem Typ Mann, der als Junge in der Schule wohl Dougs Intimfeind gewesen wäre – Anglo-Inder, ja, aber das Produkt von Geld und elitärer Erziehung, mit dem perfekten Akzent, den perfekten Klamotten und einer zweifellos scharfen und sarkastischen Zunge; und wahrscheinlich war er auch Kapitän seiner Kricketmannschaft gewesen. Doug hasste ihn von der ersten Sekunde an.
»Da haben Sie aber was Schönes angerichtet«, sagte Khan, sobald er die Tür seines Büros hinter ihnen geschlossen hatte.
Es war ziemlich eng in dem kleinen Raum, und er bot ihnen nicht an, sich zu setzen.Auf dem hinteren Schreibtisch stand ein Strauß aus langstieligen rosa Rosen, von denen ein paar schon die Köpfe hängen ließen. »Ich weiß nicht, was dieser Unsinn soll«, fuhr Khan fort, »aber Mrs. March wird dafür sorgen, dass es sich binnen fünf Minuten im ganzen Haus herumgesprochen hat.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr – eine echte Cartier, wie Doug vermutete, kein Imitat. »Wenn nicht eher. Ich habe kein Verständ …«
»Mr. Khan.« Diesmal ergriff Kincaid die Initiative. »Das ist kein Unsinn. Irgendjemand hat Kristin Cahill gestern Abend überfahren, brutal und mit voller Absicht. Es ist mir egal, ob das für Unruhe unter Ihren Mitarbeitern sorgt. Und da wir uns mit allen noch einzeln unterhalten werden, hätten Sie ohnehin keine Chance, ihnen die Information vorzuenthalten.«
»Aber das ist doch vollkommen unmöglich.« Khan blickte von Kincaid zu Gemma, und er schien sich plötzlich nicht mehr ganz so sicher zu sein. »Warum sollte irgendjemand Miss Cahill etwas antun wollen?«
»Wir hatten gehofft, dass Sie uns das sagen könnten«, erwiderte Kincaid. »Anscheinend haben Sie sie gestern ein bisschen zusammengestaucht, nachdem Inspector James gegangen war.«
»Zusammengestaucht?« Khan verzog das Gesicht. »Das würde ich nicht so sagen, selbst wenn ich solche Ausdrücke in meinem Wortschatz hätte.«
»Wie würden Sie es dann nennen? Einen Streit?«
»Ganz bestimmt nicht. Ich habe Miss Cahill lediglich daran erinnert, dass ein vertraulicher Umgang mit unseren Kunden unsere oberste Priorität ist, und sie um Diskretion gebeten.«
»Sie meinen, um Diskretion bezüglich der Goldshtein-Brosche?«
»Diskretion, was die
Weitere Kostenlose Bücher