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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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höflich, zu sehr Diplomat und zu sehr an dumme Männer gewöhnt, als dass er sich etwas hätte anmerken lassen.
    Diesmal begegnete er Nevittas wütendem Blick mit weltmännischem Lächeln. »Du hast ganz recht, mein lieber Nevitta. Mit Vadomar müssen wir ohne Frage fertig werden. Was Constantius betrifft, so will er uns zweifellos in Aufregung versetzen und dadurch, wenn er Glück hat, Streit unter uns entfachen.«
    Er hielt kurz inne für den Fall, dass Nevitta das entscheidende Argument entgangen sein sollte; dann fuhr er fort: »Also führe Krieg gegen Vadomar. Aber lass uns auch bedenken, wo Constantius’ große Schwäche liegt.«
    »Und wo wäre das?«, fragte Nevitta verärgert.
    »In seinem ausweichenden Charakter. Er kann sich nicht entscheiden. Entschlossenheit ist ihm fremd. Vadomar ist eine Ablenkung – und wir dürfen uns durch unsere Empörung nicht von unserer Strategie abbringen lassen.«
    Nevitta rümpfte die Nase über Eutherius’ Tonfall. Seine Kritik hob er sich für später auf, wenn er in der Offiziersmesse saß.
    Schließlich sagte Julian: »Also gut, du wirst Libino nach Rätien schicken. Marcellus, du gehst mit ihm. Zeigt Vadomar – und Constantius –, dass wir uns nicht zum Narren machen lassen.«
    Zwei Tage später, an einem klaren, kalten Morgen, stieg ich auf den Hügel der Zitadelle, von wo man über ganz Vienne blicken kann, und ging allein den gestuften Weg hinter dem Theater hinauf. Vom Tempel auf dem Gipfel aus beobachtete ich,wie die Soldaten mit Libino an der Spitze und Marcellus an seiner Seite abmarschierten.
    Am Abend hatte Nevitta noch eines seiner Bankette abgehalten. Marcellus, der sie verabscheute, hatte daran teilgenommen, weil sein Fehlen aufgefallen wäre. Nevitta erwartete von seinen Offizieren, dass sie bei seinen Trinkgelagen mitmachten. Marcellus war so früh wie möglich von dort verschwunden. Als er ins Bett kam, sagte er: »Libino wird morgen einen schweren Kopf haben. Als ich ging, fing er gerade erst richtig an.«
    »Das sieht ihm ähnlich.«
    Libino war einer von Nevittas großspurigen jungen Kriegern, frisch befördert – von Nevitta selbst – und erpicht, sich zu beweisen. Ich stützte mich aufs Kissen und schaute Marcellus beim Auskleiden zu. Ich konnte den Kaminrauch und den Wein an ihm riechen.
    »Nur ein Narr feiert den Sieg vor der Schlacht«, sagte er und tappte barfuß zur Lampe, um die Flamme zu löschen. »Ich saß neben Jovinus. Er sagt, dass die Petulantes nicht froh sind.«
    »Nun, jeder weiß, dass er sie anführen wollte. Er meint, er hätte eher befördert werden müssen als Libino.«
    »Und damit hat er recht. Er weiß, was er tut. Er redet immer vernünftig, und er kennt die Männer.«
    Wir sprachen noch ein wenig über Jovinus. Er war ein guter Soldat – nicht laut oder energisch, also gar nicht der Mann, den Nevitta begünstigen würde.
    Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Gegenüber lag Marcellus im blassen Mondlicht, das durch die Ritzen der Fensterläden fiel, und starrte an die Decke, die Hände hinter dem Kopf gefaltet.
    »Was hast du?«, fragte ich leise. »Dich beschäftigt etwas.«
    Er antwortete nicht gleich. Dann stieß er einen tiefen Seufzer aus. »Ach, nichts … Nevitta vermutlich. Diese Gelage, das Geschrei, das Wettsaufen, die aufdringlichen Kurtisanen, die zum Einschlafen langweilig sind, das alles ist mir zuwider. Undwenn man nicht mitmacht, denkt er, man beleidigt seinen Geschmack.«
    Ich lachte. »Seinen Geschmack? Neben Nevittas Besäufnissen erscheint jede Barbarenhochzeit wie eine Nachtwache im Garten der Vestalinnen.«
    Ich sah, wie sich sein Mund zu einem Lächeln verzog. »Wie auch immer«, sagte er und drehte sich auf die Seite, um mich anzusehen. »Die Petulantes sind tüchtige Soldaten, und ein Feldzug wird mir guttun. Ich bin das Winterquartier leid. Besonders das prahlerische Gerede, was wir Constantius alles antun werden.«
    »Ja«, sagte ich und verfiel in nachdenkliches Schweigen.
    Unbehagen war über mich gekommen wie ein eisiger Windstoß. Ich hatte mir über Libino noch nie Gedanken gemacht; er war nur einer von Nevittas Angebern und so nervtötend wie die übrigen. Doch jetzt, als ich in die Dunkelheit starrte, sah ich ihn als den gefährlichen jungen Dummkopf, der er war, unbeliebt und zu Unrecht befördert. Ich ahnte Unheil und schob den Gedanken beiseite.
    Schließlich sagte ich: »Du musst an deine eigene Einheit denken. Das reicht. Lass Libino selbst auf sich aufpassen …

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