Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)
er Nevitta leid war.
Voller Trauer schaute er mir hinterher, und das bemitleidenswerte Tier neben ihm drehte den Kopf und sah mich kläglich an.
Während dieser Zeit legte ein Handelsschiff im Hafen an, das Öl aus Karthago an Bord hatte. Der Kapitän kam ohne Umwege in den Palast, um Neuigkeiten loszuwerden. Gaudentius, der Notar, der beinahe eine Meuterei ausgelöst hätte, als wir gegen die Franken kämpften, war von Constantius nach Afrika geschickt worden, damit er die Getreidelieferung nach Gallien kappte.
»Ich habe Verwandte in Marseilles«, erklärte der Kapitän, »habe jedoch angegeben, die Fracht nach Ostia zu bringen, sonst hätten sie mich nicht ablegen lassen.«
»Wir sind dir dankbar«, sagte Eutherius, der ihn vorgelassen hatte, und schrieb eine Anweisung. »Bring dies zum Kämmerer; er wird dich für deine Mühe entschädigen.«
Sobald der Kapitän gegangen war, sagte Julian: »Was hältst du davon? Will er Sizilien besetzen?«
Eutherius schüttelte den Kopf. »Gaudentius ist nicht der Mann dafür. Er ist bloß ein Bürokrat und Unheilstifter. Außerdem würde er ein Jahr benötigen, um ein Invasionsheer zu sammeln, und selbst dann hätte er nicht die Schiffe, um es zu transportieren. Doch er kann in Afrika seine Macht gegen dich entfalten und die Getreidelieferungen einschränken.«
Als das Wetter wärmer wurde und die Schäfer ihre Herden auf die oberen Weiden trieben, kamen Händler über die schneefrei gewordenen Alpenpässe und berichteten von schlecht verborgenen Nachschublagern in den bewaldeten Vorbergen und von Truppenbewegungen in den Ebenen Norditaliens.
»Jetzt ist es offenkundig«, sagte Julian. »Die Frage ist nur, obwir weiter warten und auf Frieden hoffen sollen, um Gallien zu verteidigen, wenn wir angegriffen werden, oder ob wir als Erste angreifen, und zwar in Illyrien.«
»Wir müssen angreifen, sobald Libino zurück ist!«, erklärte Nevitta mit leuchtenden Augen. »Weiteres Zögern wäre unheilvoll.«
Diesmal waren die übrigen Offiziere – Dagalaif, Arintheus, Valentinian – seiner Meinung. Es gab bereits Gerüchte, wonach der Perserkönig sich von der Grenze im fernen Osten zurückzog. Noch hörte man nichts Genaues, doch wenn die Gerüchte stimmten, hieß das, dass Constantius mit den Persern ein Abkommen getroffen hatte. Wenn seine östliche Flanke befriedet war, konnte er sich mit der gesamten Streitmacht dem Westen zuwenden – uns.
»Warum sollte Constantius sonst vom Euphrat nach Antiochia zurückkehren?«, sagte Nevitta. »Er bereitet einen Feldzug vor – es kann nichts anderes bedeuten. Illyrien ist reich an Männern, dort rekrutiert Constantius seine Soldaten. Ich sage, entreiße es ihm sofort.«
»Und du, Drusus?«, fragte Julian. »Was denkst du?«
Ausnahmsweise stimmte ich Nevitta zu. »Constantius will uns hier festhalten, bis er selbst so weit ist«, antwortete ich. »Darum hat er Vadomar auf uns gehetzt; darum hat er Gaudentius nach Afrika geschickt.«
Julian rieb sich das Kinn und schaute durch den Raum. »Eutherius, du hast dich noch nicht dazu geäußert.«
Nevitta drehte den Kopf. Ich sah, wie er die Zähne zusammenbiss. Nach kurzem Zögern sagte Eutherius: »Illyrien hat Gold-und Silberminen, und unsere Mittel sind knapp geworden.«
»Das entscheidet die Sache!«, rief Nevitta und schlug mit der flachen Hand auf den Kartentisch wie ein Spieler, der beim Würfeln gewonnen hat.
Bei dem dumpfen Schlag zog Eutherius die Brauen hoch undbegegnete Nevittas Blick, unbeeindruckt von der prahlerischen Lautstärke.
»Nevitta, der Heerführer Illyriens ist ein Mann namens Lucillian. Hast du von ihm gehört? Er ist sehr erfahren – keiner eurer unfähigen Barbarenhäuptlinge. Dennoch«, fuhr er fort und hob die Hand, als Nevitta ihm ins Wort fallen wollte, »ist nun eindeutig, dass Constantius seine Streitkräfte nach Westen wenden wird, auch wenn er es heimlich tut. Aber Vorbereitungen von diesem Umfang lassen sich nicht verbergen. Es wird einige Zeit brauchen, um solch ein mächtiges Heer neu zu ordnen, aber es wird umso schlimmer für uns, sobald es geschehen ist. Wenn wir angreifen wollen, dann am besten, ehe Constantius selbst so weit ist.«
»Aber wir haben zwanzigtausend Mann!«
»Eine unbedeutende Anzahl, und je weniger Lärm wir darum machen, desto besser. Constantius kann zehnmal so viele Männer aufbieten.«
Nevitta rümpfte die Nase und schwieg. Julian wandte sich der Karte zu. »Umso mehr Zeit wird er brauchen, die Männer zu
Weitere Kostenlose Bücher