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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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sammeln. Lucillian ist in Sirmium. Er könnte die Stadt bei einer Belagerung ein Jahr oder länger halten. Dazu darf es nicht kommen … wir müssen ihn überrumpeln.«
    Er zeigte auf die Alpenpässe, die nach Italien führten, und weiter nördlich auf die Straße, die durch Rätien in die westlichen Provinzen Illyriens ging. »Er wird hier mit uns rechnen, oder hier. Aber dort«, sagte er und tippte auf eine unwegsame Bergregion zwischen den beiden Routen, »wird er uns bestimmt nicht erwarten!«
    Wir alle starrten auf die farbigen Punkte, Linien und Symbole, die die Flüsse und Städte, Wälder, Berge, Pässe und Grenzen markierten. Selbst Eutherius erhob sich aus seinem Sessel, um sich die Sache anzusehen. Aber es war Nevitta, der sich als Erster äußerte, und dies in verändertem Tonfall. »Aber Julian, kein Heer der Welt kann dort marschieren!«
    »Da hast du recht, ein Heer nicht. Aber eine Zenturie leicht bewaffneter Männer unter meiner Führung kann es …« Er hielt mit leuchtenden Augen inne, wohl wissend, was kommen würde – und dann gab es auch schon von allen Seiten lautstarken Protest. Diese Route war unerprobt! Wahrscheinlich unpassierbar! Die Wälder und Berge waren noch nicht befriedet worden und wimmelten gewiss von Barbaren!
    »Es ist möglich«, beharrte Julian. »Auf dieser Route wird niemand mit uns rechnen. An dieser Stelle können wir der Donau folgen«, er tippte auf die Karte, »da ist sie für Boote breit genug, und wir werden in Sirmium sein, ehe Lucillian überhaupt bemerkt, dass wir Gallien verlassen haben. Jovinus, du wirst das halbe Heer über die Pässe nach Norditalien bringen und möglichst viel Lärm veranstalten, damit Lucillian es hört. Gleichzeitig wirst du, Nevitta, über die nördliche Route durch Rätien ziehen. Verstehst du?«
    Wenn wir unsere Streitkräfte aufteilten, würden sie zahlreicher erscheinen, führte Julian an, und Lucillian würde nicht mit Sicherheit beurteilen können, welcher Teil den Hauptangriff führen wird. Er, Julian, werde unterdessen mit seiner Zenturie über die Berge ziehen – völlig unerwartet und unbemerkt.
    Nun war es Nevitta, der vor den Risiken warnte. Was Julian sich dabei denke, fragte er. Wenn er fiele, stünden sie ohne Führer da und wären geschlagen, noch ehe der Kampf begonnen hätte. Nicht Julian, ein anderer solle die Zenturie führen. Er selbst würde dies übernehmen. Oder Libino nach seiner Rückkehr. Oder Drusus. Oder sogar Jovinus.
    »Und du?«, wandte er sich Unterstützung heischend an Eutherius. »Was meinst du dazu?«
    Eutherius kniff die Lippen zusammen und schaute erheitert in die Runde. Nach angemessenem Zögern antwortete er: »Ich habe gehört, du seist ein Spieler, Nevitta. Die Einsätze sind hoch, und jetzt ist der Augenblick gekommen, um zu spielen oder den Spieltisch zu verlassen. Wir sind wenige, gefährlichwenige. Wenn wir zur Tat schreiten wollen, sind Umsicht und Schnelligkeit unerlässlich.«
    Sein Blick glitt an Nevittas argwöhnischem, verächtlichem Gesicht vorbei. »Aber wozu rede ich überhaupt noch? Julian hat es längst beschlossen.«
    Julian lachte. »Das Glück ist mit den Tapferen«, sagte er und wandte sich entschlossen der Karte zu.

ZEHNTES KAPITEL

    Doch Fortuna hatte für dieses Frühjahr andere Pläne. Während die Eichen an den hohen Hängen über Vienne noch ihre hellgrünen Knospen trugen, kehrte Nevittas Günstling Libino zurück. Allerdings nicht, um einen Sieg zu feiern, wie Nevitta erwartet hatte, sondern in einer Urne, begleitet von Marcellus.
    Ich ritt hinaus zu den ummauerten Kasernen vor der Stadt, um Marcellus zu treffen. Er sah blass und müde aus und war schlammbespritzt. Während wir nebeneinander die Zypressenallee an den Grabmälern entlangritten, erzählte er mir, was passiert war.
    Als sie im rätischen Grenzgebiet angekommen waren, war Vadomar mit seinen Männern bereits auf unser Territorium vorgedrungen. Sowie er hörte, dass unsere Leute auf ihn vorrückten, trennten sie sich und verteilten sich auf die vielen kleinen Täler, die für diese Region typisch sind. Wäre Libino nicht ganz so dumm gewesen, hätte er abgewartet, bis seine Kundschafter mit ihren Beobachtungen zurückgekommen wären. Doch er hatte sich auf einen schnellen, mühelosen Sieg versteift. Er griff an, bevor er über seine Feinde Bescheid wusste. Als er mit einem Vortrupp durch dichten Wald streifte, geriet er an einem Hang in einen Hinterhalt. Er fiel als einer der Ersten.
    Marcellus hustete. Er

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