Wen die Goetter strafen
Skifahrer unterwegs. Und Punkt neun waren alle wieder da, bis auf Julie. Wir haben uns seinerzeit auf die Suche gemacht. Wir haben ihre Leiche unten im Auslauf der Steep Chutes gefunden. Sie war gegen einen Baum geprallt. Muss auf der Stelle tot gewesen sein.«
Dana schloss einen Moment lang die Augen, meinte das jähe Erschrecken und den Schmerz förmlich spüren zu können. »Sie – sie war also allein, als der Unfall passierte?«
»Ja. Normalerweise sollten Skifahrer niemals allein losziehen, aber die Könner machen es mitunter trotzdem, damit sie mal so richtig die Sau rauslassen können. Wir achten hier darauf, dass die Pisten genau markiert sind, und jeder, der sich nicht dran hält, ist auf eigene Gefahr unterwegs. Julie Winthrop ist außerhalb der markierten Strecke abgefahren, auf einer gesperrten Piste. Hat eine ganze Weile gedauert, bis wir ihre Leiche gefunden haben.«
»Mr. Bowler, was unternehmen Sie, wenn ein Skifahrer nicht rechtzeitig zurückkehrt?«
»Sobald die Meldung eingeht, dass jemand vermisst wird, leiten wir die Schnapsleichensuche ein.«
»Was ist denn eine Schnapsleichensuche?«
»Wir rufen bei Freunden und Bekannten an und erkundigen uns, ob der vermisste Skifahrer womöglich bei ihnen steckt. Klappern ein paar Bars ab. Das ist keine große Sache. Und unsere Leute müssen dann nicht eigens ausrücken, um einen Besoffenen zu suchen, der zugedröhnt in irgendeiner Kneipe hängt.«
»Und wenn jemand wirklich vermisst wird?«, fragte Dana.
»Dann besorgen wir uns die Beschreibung der betreffenden Person, erkundigen uns, wie gut sie Ski fahren konnte und wo man sie zuletzt gesehen hat. Außerdem fragen wir immer, ob sie eine Kamera dabei hatte.«
»Wieso?«
»Weil wir durch die Bilder womöglich einen Hinweis erhalten, wo der betreffende Skifahrer am liebsten abgefahren ist. Außerdem erkundigen wir uns, wie und womit er wieder in die Stadt zurückgelangen wollte. Wenn wir damit nicht weiterkommen, gehen wir davon aus, dass der vermisste Skifahrer außerhalb der markierten Pisten abgefahren ist. Dann verständigen wir die Staatspolizei von Alaska, worauf die eine Such- und Rettungsaktion in die Wege leitet und etliche Suchtrupps und einen Hubschrauber losschickt. Außerdem unterstützen uns die ganzen Privatflieger.«
»Das ist ja ein ziemlich starkes Aufgebot.«
»Na klar. Aber Sie müssen bedenken, dass wir hier ein rund zweihundertsechzig Hektar großes Skigebiet haben und pro Jahr im Schnitt etwa vierzig Suchaktionen durchführen müssen. Die meisten übrigens mit Erfolg.« Bruce Bowler blickte aus dem Fenster auf den kalten, schneeverhangenen Himmel. »Ich wünschte, es wäre auch in diesem Fall so gewesen.« Er wandte sich wieder an Dana. »Und außerdem ist jeden Tag eine Skipatrouille unterwegs, die sämtliche Pisten abfährt, sobald die Lifte geschlossen haben.«
»Man hat mir erzählt«, sagte Dana, »dass Julie Winthrop sich am Eaglecrest gut auskannte.«
Er nickte. »Das stimmt. Aber das will gar nichts heißen. Da können plötzlich Wolken aufziehen, sodass man die Orientierung verliert, oder man hat einfach Pech. Die arme Miss Winthrop hat einfach Pech gehabt.«
»Wie hat man sie gefunden?«
»Mayday hat sie gefunden.«
»Mayday?«
»Das ist unser bester Suchhund. Die Skipatrouille ist mit schwarzen Labrador- und Schäferhunden unterwegs. Unglaublich, was die Hunde bringen. Sie laufen immer gegen den Wind, bis sie menschliche Witterung aufnehmen, folgen der Duftspur und tasten sich dann allmählich immer näher ran. Wir haben eine Kettenkatze zum Unfallort rausgeschickt, und als –«
»Eine Kettenkatze?«
»Unser Schneemobil. Wir haben Julie Winthrops Leiche auf einem Rettungsschlitten zurückgeschafft. Die drei Sanitäter haben ein EKG gemacht, Fotos aufgenommen und einen Bestattungsunternehmer verständigt. Ihre Leiche wurde ins Bartlett Regional Hospital gebracht.«
»Und niemand weiß, wie es zu dem Unfall kam?«
Er zuckte die Achseln. »Wir wissen lediglich, dass ihr eine mächtige Fichte in die Quere gekommen ist. Ich hab's mit eigenen Augen gesehen. War kein schöner Anblick.«
Dana musterte Bruce Bowler einen Moment lang. »Könnte ich mir die Abfahrtsstrecke am Eaglecrest vielleicht mal ansehen?«
»Warum nicht? Aber wir sollten erst aufessen, dann bring ich Sie persönlich rauf.«
Sie fuhren mit einem Jeep zu einer am Fuß der Berge gelegenen Hütte.
»Hier treffen wir uns immer und sprechen ab, wie wir die Such- und Rettungsaktion
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