Wen die Goetter strafen
goss ihnen ein.
»Nun denn«, sagte Roger, als sie Platz genommen hatten, »berichten Sie uns, wie es gelaufen ist.«
»Ich fürchte, ich bin kein Stück weitergekommen. Ich bin völlig verzweifelt.« Dana atmete tief durch. »Ich habe mich mit einem gewissen Dieter Zander getroffen, der behauptet, Taylor Winthrop habe ihn hereingelegt und ins Gefängnis gebracht. Während er einsaß, kam seine Familie bei einem Brand ums Leben. Er gibt Winthrop die Schuld an ihrem Tod.«
»Dann hätte er also durchaus ein Motiv, die ganze Familie Winthrop umzubringen«, sagte Pamela.
»Ganz recht. Aber es gibt noch andere«, erwiderte Dana. »Ich habe in Frankreich mit einem gewissen Marcel Falcon gesprochen. Sein einziger Sohn wurde von einem Autofahrer getötet, der anschließend Fahrerflucht beging. Taylor Winthrops Chauffeur nahm die Schuld auf sich, aber jetzt behauptet er, Taylor Winthrop habe am Steuer gesessen.«
»Falcon war beim Nato-Rat in Brüssel«, sagte Roger nachdenklich.
»Genau. Und der Chauffeur hat ihm erzählt, dass Taylor Winthrop seinen Sohn auf dem Gewissen hat.«
»Ist ja interessant.«
»Sehr sogar. Haben Sie schon mal von einem Vincente Mancino gehört?«
Roger Hudson dachte einen Moment lang nach. »Nein.«
»Er hat mit der Mafia zu tun. Taylor Winthrop hat seine Tochter geschwängert und zu einem Quacksalber geschickt, der die Abtreibung verpfuschte. Die Tochter ist seither in einem Kloster und die Mutter im Sanatorium.«
»Mein Gott.«
»Tatsache ist, dass alle drei gute Gründe haben, sich zu rächen.« Dana seufzte entmutigt. »Aber ich kann ihnen nichts nachweisen.«
Roger musterte Dana nachdenklich. »Und Taylor Winthrop trifft wirklich die Schuld an all diesen furchtbaren Sachen?«
»Das steht völlig außer Frage, Roger. Ich habe mit diesen Menschen gesprochen. Einer von ihnen ist der Täter, und wer es auch war, er hat diese Morde äußerst raffiniert durchgeführt. Es gibt keinerlei Hinweise – nicht die geringsten. Jeder Mord wurde auf eine andere Art und Weise begangen, sodass sich kein bestimmtes Muster erkennen lässt. Sie wurden bis in alle Einzelheiten geplant. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Es gibt keinen einzigen Zeugen.«
»Ich weiß, es klingt womöglich etwas weit hergeholt«, sagte Pamela nachdenklich, »aber wäre es möglich, dass sich alle drei zusammengetan haben, um sich zu rächen?«
Dana schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie gemeinsame Sache gemacht haben. Die Männer, mit denen ich gesprochen habe, verfügen über große Macht. Ich bin davon überzeugt, dass jeder auf eigene Faust handeln wollte. Nur einer von Ihnen ist der Täter.«
Aber wer?
Dana blickte plötzlich auf ihre Uhr. »Bitte entschuldigen Sie mich. Ich habe Kemal versprochen, dass wir heute Abend zu McDonald's essen gehen, und wenn ich mich beeile, schaffe ich es noch, bevor ich wieder zur Arbeit muss.«
»Natürlich, meine Liebe!«, sagte Pamela. »Dafür haben wir doch vollstes Verständnis. Danke, dass Sie vorbeigekommen sind.«
Dana stand auf. »Und ich danke Ihnen für den köstlichen Tee und die moralische Unterstützung.«
»Das hat mir gefehlt«, sagte Dana, als sie Kemal am Montagmorgen zur Schule fuhr. »Aber jetzt bin ich wieder da.«
»Ich bin ja so froh.« Kemal gähnte.
Dana fiel auf, dass er ständig gähnte, seit er aufgestanden war. »Hast du letzte Nacht gut geschlafen?«, fragte sie.
»Ja, ich glaube schon.« Wieder gähnte Kemal.
»Was treibst du denn so in der Schule?«, fragte Dana.
»Du meinst, außer dem öden Geschichtsunterricht und den langweiligen Englischstunden?«
»Ja.«
»Ich spiele Fußball.«
»Du übernimmst dich doch nicht etwa, oder, Kemal?«
»Nee.«
Sie warf einen Blick auf die schmächtige Gestalt neben ihr. Dana hatte den Eindruck, dass Kemal irgendwie schlapp und kraftlos wirkte. Außerdem war er ungewöhnlich still. Sie fragte sich, ob sie mit ihm zum Arzt gehen sollte. Vielleicht sollte sie ihn untersuchen lassen und sich erkundigen, ob man ihm nicht ein paar Vitamine verschreiben konnte, damit er wieder zu Kräften kam. Sie blickte auf ihre Uhr. In einer halben Stunde begann die Redaktionskonferenz für die Abendnachrichten.
Der Morgen verging wie im Flug, und es tat gut, wieder in der gewohnten Umgebung zu sein. Als Dana in ihr Büro zurückkehrte, fand sie auf ihrem Schreibtisch einen verschlossenen Briefumschlag vor, auf dem nur ihr Name stand. Sie öffnete ihn und las den Text:
»Miss Evans: Ich habe die
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