Wen die Goetter strafen
Informationen, hinter denen Sie her sind. Ich habe im Sojus-Hotel in Moskau ein Zimmer für Sie reservieren lassen. Kommen Sie sofort. Erzählen Sie niemandem etwas davon.«
Keine Unterschrift. Ungläubig las Dana den Brief noch einmal.
Ich habe die Informationen, hinter denen Sie her sind.
Natürlich handelte es sich um einen Trick. Wenn jemand in Russland etwas wusste, was ihr weiterhelfen könnte, wieso hatte der Betreffende ihr dann nichts davon erzählt, als sie dort war? Dana musste an die Begegnung mit Kommissar Sascha Schdanoff und seinem Bruder Boris denken. Boris hatte allem Anschein nach unbedingt mit ihr reden wollen, aber Sascha war ihm ständig ins Wort gefallen. Dana saß an ihrem Schreibtisch und dachte nach. Wie war diese Nachricht auf ihren Schreibtisch gelangt? Wurde sie beobachtet?
Ich werde die Sache einfach vergessen
, beschloss Dana. Sie steckte den Brief in ihre Handtasche.
Ich zerreiße ihn, wenn ich nach Hause komme.
Dana verbrachte den Abend mit Kemal. Sie dachte, er wäre begeistert von dem neuen Computerspiel, das sie ihm aus Moskau mitgebracht hatte, aber er wirkte eher gleichgültig. Um neun Uhr fielen ihm fast die Augen zu.
»Ich bin müde, Dana. Ich glaube, ich geh lieber ins Bett.«
»In Ordnung, mein Schatz.« Dana blickte ihm hinterher, als er in das Arbeitszimmer ging.
Er hat sich so verändert
, dachte sie.
Er kommt mir ganz anders vor als früher. Na ja, aber jetzt bleiben wir zusammen. Wenn ihm irgendetwas zu schaffen macht, werde ich es schon herausfinden.
Es war höchste Zeit, dass sie sich ins Studio begab.
Der Mieter in der Nachbarwohnung saß vor dem Fernsehgerät und sprach auf einen Kassettenrecorder.
»Zielperson hat die Wohnung verlassen und ist ins Fernsehstudio gegangen. Der Junge liegt im Bett. Die Haushälterin näht.«
»Wir sind auf Sendung!« Das rote Licht an der Kamera blinkte auf.
»Guten Abend«, ertönte die Stimme des Ansagers. »Es ist dreiundzwanzig Uhr. Hier sind die Spätnachrichten auf WTN mit Dana Evans und Richard Melton.«
Dana lächelte in die Kamera. »Guten Abend. Ich bin Dana Evans.«
»Und ich bin Richard Melton«, sagte Richard, der neben ihr saß.
»Wir berichten heute Abend zunächst von einem schrecklichen Unglück in Malaysia...«, fing Dana an.
Hier gehöre ich hin
, dachte sie,
statt mich sinnlos irgendwo da draußen in der Weltgeschichte herumzutreiben.
Die Sendung ging gut über die Bühne. Als Dana in ihre Wohnung zurückkehrte, schlief Kemal bereits. Nachdem sie Mrs. Daley eine gute Nacht gewünscht hatte, ging auch Dana zu Bett, doch sie fand keinen Schlaf.
Ich habe die Informationen, hinter denen Sie her sind. Ich habe im Sojus-Hotel in Moskau ein Zimmer für Sie reservieren lassen. Kommen Sie sofort. Erzählen Sie niemandem etwas davon.
Es ist eine Falle. Ich wäre schön blöde, wenn ich nach Moskau zurückkehren würde
, dachte Dana.
Aber was ist, wenn es stimmt? Wieso macht sich jemand überhaupt die Mühe? Der Brief kann nur von Boris Schdanoff stammen. Was ist, wenn er wirklich etwas weiß?
Sie lag die ganze Nacht wach.
Als Dana am nächsten Morgen aufstand, rief sie Roger Hudson an und berichtete ihm von der Mitteilung.
»Mein Gott. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.« Er klang aufgeregt. »Das könnte darauf hindeuten, dass jemand bereit ist auszupacken, was den Tod der Winthrops angeht.«
»Ich weiß.«
»Dana, es könnte gefährlich werden. Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
»Wenn ich nicht darauf eingehe, erfahren wir die Wahrheit niemals.«
Er zögerte. »Vermutlich haben Sie Recht.«
»Ich muss hin, aber ich werde vorsichtig sein.«
»Na schön«, sagte Roger Hudson unwillig. »Aber Sie müssen sich regelmäßig bei uns melden.«
»Ganz bestimmt, Roger.«
Am frühen Dienstagnachmittag besorgte sich Dana bei der Corniche Travel Agency ein Ticket für einen Hin- und Rückflug nach Moskau.
Allzu lange werde ich ja hoffentlich nicht weg sein
, dachte sie. Sie hinterließ eine Nachricht für Matt, in der sie ihm mitteilte, worum es ging.
Danach fuhr sie in ihre Wohnung. »Ich fürchte, ich muss noch mal weg«, sagte sie zu Mrs. Daley. »Es geht bloß um zwei, drei Tage. Passen Sie gut auf Kemal auf.«
»Machen Sie sich darüber mal keine Sorgen, Miss Evans. Wir kommen prima miteinander klar.«
Der Mieter, der nebenan vor dem Fernseher saß, wandte sich ab und griff rasch zum Telefon.
Das reinste Déjà vu
, dachte Dana, als sie sich tags darauf an Bord einer Aeroflot-Maschine nach
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