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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stank er zu sehr nach Alkohol. Aus allen Poren quoll der Geruch.
    »Dat erinnert misch an Karneval«, sagte Löhres. »Minge Freund Köbes, dä wo vor drei Johr als Nejer maskiert, und wie da besoffen op d'r Trepp einschlööft …«
    »Was muß eigentlich passieren, bis Sie ihre dummen Witze lassen?« fragte Stricker hart. »Ich schlage vor, daß jeder von uns zwei Stunden bei Philipps wacht. Verschlechtert sich sein Zustand, möchte ich geweckt werden.«
    »Ich mache ihm wieder Wadenwickel«, sagte Veronika Ruppl. »Auch wenn es wenig hilft, ich will, ich muß etwas tun! Nur nicht dabeisitzen und einfach zusehen. Warum haben Sie nichts bei sich, Doktor, als Arzt?«
    »Mein Reisekoffer liegt in Fort Portal. Da habe ich alles drin, was mir jetzt fehlt. Wer denkt denn an so etwas … ein Fotoausflug von vier Tagen, hundertmal organisiert, eine glatte Routinesache. Morgen mittag hätten wir in Fort Portal eintreffen sollen. Aber das sage ich Ihnen: Ich werde morgen früh den Weg finden. Gibt es einen besseren und sichtbareren Wegweiser als das Mondgebirge? Da vorne, irgendwo, treffen wir auf eine ausgebaute Straße.«
    »Laut Karte!« Veronika starrte in die Nacht. Diese Dunkelheit lebte, auch wenn man nichts erkennen konnte. »Wenn sie stimmt!«
    »Moderne Autokarten stimmen meistens. Ich bin vor zwei Jahren allein durch Persien gefahren – es war leichter als Freitagabend vom Münchener Stachus nach Starnberg zu kommen. Wenn Philipps bloß bis morgen früh durchhält.«
    Die zweite Nachtwache fiel auf Peter Löhres. Er löste Veronika ab, setzte sich neben dem mit den Zähnen klappernden Philipps auf eine Decke und nickte der jungen Architektin aufmunternd zu.
    »Isch hann mich daran jewöhnt«, sagte er und goß dem Fiebernden frisches Wasser über die umwickelten Beine. »Als Möbeltransporteur … da jeht et rund. Paris, Amsterdam, Basel … dä Nacht durch. Jeschlofe wird im Kabäußje … hingen im Waje …«
    Veronika gab Löhres die Hand und verließ zufrieden ihr kleines Zelt. Sie hatte es Philipps zur Verfügung gestellt; sie selbst schlief auf zwei Sitzen im Landrover, in deren Zwischenraum man eine Kiste geschoben hatte.
    Als sie aus dem Zelt kroch, traf sie draußen auf Albert Heimbach. Er ging unruhig hin und her, rauchte eine Zigarette, war sehr nervös und trug an einem Riemen über der Schulter ein Jagdgewehr.
    »Ich kann nicht schlafen«, sagte er. »Dabei bin ich todmüde. Da ist diese verdammte Ahnung.« Er sah, daß Veronika ihn fragend anstarrte. »Ich bin aus Westfalen, aus dem tiefsten Münsterland, wohne jetzt aber seit zehn Jahren in Hannover. Und ich habe etwas geerbt, was man in Westfalen gut kennt: das Spökenkieken. Ist Ihnen das ein Begriff? Es sieht einer etwas voraus, er ahnt etwas. Das ist manchmal furchtbar. Im Mittelalter hat man so etwas als Hexer verbrannt.«
    »Und heute ahnen Sie etwas?«
    »Ich kann's nicht erklären.« Heimbach zog nervös an seiner Zigarette. »Ich fühle was, so etwas wie eine elektrische Spannung. Es ist etwas da und doch nicht greifbar. Verrückt, was? Wir sollten uns zwingen, zu schlafen. Morgen gibt's noch einen heißen, anstrengenden Tag.«
    Er warf die Zigarette weg, zertrat sie und ging hinüber zum großen Zelt.
    Sie kamen gegen zwei Uhr nachts. Lautlos, schattenhaft … zwanzig große Gestalten in hautengen, schwarzen, seltsam geschnittenen Lederanzügen. Sie sahen aus, als trügen sie einen Schuppenpanzer.
    Sie ergriffen zuerst den laut schnarchenden Mibubu, drückten ihm die Kehle zu und trugen ihn weg. Dann wandten sie sich dem großen Zelt zu und schoben lautlos den Eingang auseinander.

2
    Veronika Ruppl, die einen leichten Schlaf besaß und lange nicht hatte einschlafen können, weil die merkwürdigen Andeutungen von Heimbach ihr nicht aus dem Gedächtnis gingen, war sofort hellwach, als die schwarzledernen Fremden das Zelt betraten. Sie wollte aufschreien, obgleich sie in der völligen Dunkelheit nichts sah. Aber sie spürte die Gegenwart der Gefahr. Zum Schreien kam sie nicht. Eine warme Hand legte sich auf ihren Kopf und umklammerte ihn. Nicht schmerzhaft, nicht vernichtend, sondern eher so, als wolle man ihren Kopf festhalten. Sie machte sich steif. Angst und Grauen versteinerten sie … sie blieb sitzen, und der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken.
    »Ganzstill sein«, sagte eine leise Stimme. Sie sprach in einem kehligen Englisch. Veronika hörte heraus, daß dies nicht die Muttersprache des Eindringlings war, aber so wie er sprach

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