Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch
Gift verseucht werden, nur damit die Sachen so billig sein können, dass du siedir vom Taschengeld leisten kannst. Schminkst du dir in ihrer Anwesenheit die Augen, dann kontrolliert sie, ob deine Wimperntusche auch ohne Tierversuche hergestellt wurde. Und wenn du ein Stück Alufolie nicht recycelst, dann kannst du dir Maiken echt zur Feindin machen. Aber das hat natürlich auch viel Gutes! Denn eines ist klar: So schärft sie mein ökologisches Bewusstsein!
Wo war ich eigentlich? Egal. Muss jetzt sowieso in die Bibliothek, Material fürs Referat suchen. Parthenogenese. Hermaphroditismus. Red Queen – eine rote Königin??? Keine Ahnung, was Herr Welter da meinte.
22.00 Uhr Wahnsinn! Habe eben in der Bibliothek einen Stapel Bücher übers Balzverhalten von Tieren ausgeliehen. Als ich mit dem einen dann angefangen habe, konnte ich es gar nicht mehr weglegen.
Jetzt kapiere ich endlich, worum es geht: Der Mensch ist ja auch nur ein Tier. Von wegen Biene und Blume! Es ist nicht so, dass man als Weibchen das Männchen anlocken und mit bunten Farben und Düften dafür sorgen muss, dass ihm die Sinne schwinden. Es ist umgekehrt! Das Männchen ist bunt und balzt. Und das Weibchen steht im unscheinbaren Federkleid kühl am Rande, beobachtet, wie die Kerle alles geben, und wählt schließlich einen aus. Oh ja! Das Weibchen. Wählt aus. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ich sehe die Welt mit neuen Augen!
Irgendwie ist da aber ein Knick in meiner Argumentationskette. Es hapert noch mit der Übertragbarkeit auf den Menschen. Ich meine, ich zum Beispiel habe ja schon gewählt. Jakob. Aberirgendwie komme ich nicht weiter. Vielleicht liegt es daran, dass andere Weibchen dasselbe Männchen wie ich gewählt haben? Was passiert im Tierreich denn dann? Das muss ich noch herausfinden.
Aber für heute genug der Theorie, praktische Übungen sind genauso wichtig. Mein Plan für morgen steht: Ich muss die Jungs zum Balzen bringen. Danach erhöre ich mein Testobjekt – Benny. Und zuletzt wird geküsst. Wissenschaftlich fundiert, hohohooo!
Betreff: Hundeleben
Datum: 24.05., 15:00 Uhr
Von: Tom Barker
An: Felix von Winning
Hey!
Was du da eben am Telefon gesagt hast – war das dein Ernst?
Soll ich wirklich? Bin nicht sicher, ob das gut ist! Obwohl, eine Blamage pro Tag festigt ja angeblich den Charakter.
Okay, dann gehe ich jetzt mit dem Hund in die Wildnis, zum Nachdenken und so. Und morgen tu ich’s.
Cassie geht’s übrigens bestens, danke der Nachfrage. Sie liegt gerade unterm Schreibtisch, schnarcht vor sich hin und wärmt mir die Füße. Nicht dass das nötig wäre, bei 24 Grad im Schatten. Aber wenn sie da liegt, merkt sie es sofort, wenn ich ans Aufstehen auch nur denke. Sie hofft nämlich mal wieder, dass ich mit ihr zum See gehe. Da soll ich ihr Tennisbälle ins Wasser werfen, denen paddelt sie hinterher wie ein Seehund. Wenn sie einen hat und zurückschwimmt, ist ihr Maul offen, Wasser schwappt rein und sie röchelt und prustet wie ein Höllenhund. Aber kaum ist sie draußen, legt sie mir den Ball vor die Füße und ihre Augen sagen: Noch mal! Hund müsste man sein.
Komisch: Es ist, als würde sie gerade spüren, was ich schreibe, jetzt ist sie wach und fiept. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie mein Gehirn anzapft und meine Gedanken liest. Na, dann müssen wir wohl mal los, wir beide.
Drück mir die Daumen morgen!
Tom
Mittwoch, 25. Mai
Wissenschaftliche Erkenntnis des Tages: Von den Gladiatorfröschen kann man viel lernen. Auf der Suche nach dem Frosch fürs Leben hüpft die Fröschin von Männchen zu Männchen und haut jedem so richtig eine rein. Wer umfällt, ist raus aus dem Spiel. Am Schluss nimmt sie den, der übrig bleibt, denn der kann am meisten wegstecken. Hmmm, gefällt mir irgendwie. Verstößt aber vermutlich gegen die Schulordnung ...
7.20 Uhr Bin heute etwas früher in die Schule gegangen, denn ich benutze das Klassenzimmer jetzt als Balzplatz. Rein zu Forschungszwecken natürlich. Mein Test soll klären, ob die Regeln des Tierreichs auch für Menschen gelten. Bin unauffällig und einfarbig gekleidet und sitze an meinem Pult, scheinbar ins Schreiben vertieft. Habe meine wieselflinken Forscheraugen aber überall.
Gegenüber eine Gruppe Jungs. Benny, Fabi, Tom. Machen sich schmatzend über eine Packung quadratischer Schokowaffeln her. Das kann man wohl nicht als Balz werten, denn die männlichen Jungmenschen teilen ihre Nahrung nicht mit
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