Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Titel: Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
Vom Netzwerk:
würden. Er hat es nur leider noch nicht gemerkt.
    Neben Jakob sitzt Jan, das Frettchen, sein treuster Diener. Denüberspring ich auch, den kann man nicht ernst nehmen. Der ist wie ein kleiner Hund, der seinem Herrn den ganzen Tag die Lefzen leckt und sich vor ihm im Staub wälzt und alle anderen kläffend in die Waden beißt. Ekelhaft. Dass Jakob den in seiner Nähe erträgt?!
    So, und dann kommt der Rest von Jakobs Clique: Paul, Jonas und Benny. Ich glaube, einer von denen wird mein erstes Opfer. Die sind eigentlich alle ganz okay und keiner hat übertrieben viel Tiefgang. Nicht wahrscheinlich, dass ich denen das Herz breche, und selbst wenn, die haben selbst schon so viele Herzen gebrochen, die haben das verdient. Ich denk mal, ich nehme Benny. Den find ich eigentlich ganz niedlich. Blond, blauäugig, eigentlich nicht mein Beuteschema, aber sportlich, witzig und nicht blöd. Und nicht so fies wie Paul und Jonas. Die machen oft Bemerkungen, die so ätzend sind, dass sie ein Loch ins Gemüt brennen, man muss verdammt cool sein, um das auszuhalten.
    Benny also. Und das Ziel: ein Flirt. Und ein Kuss. Im ganzen Satz: Morgen nach der Tanzstunde küsse ich Benny.
    Ja.
    Doch.
    Huiuiui.
    Jetzt geht’s ums Ganze. Hop oder Top. Sieg oder Niederlage. Es werden keine Gefangenen gemacht!
    Brrrrrr, fühlt sich grässlich an, aber es muss jetzt sein. In Zeiten, in denen man unter jede x-beliebige SMS »hdl« schreibt, küsst man sich auf den Mund, wo man sich früher gerade mal das »Du« angeboten hätte. Ich muss das endlich auch können. Alles andere ist Schnarch von gestern.
    Ups. Es klopft. Herr Welter!?! Er scheint jemanden zu suchen. Hoffentlich nicht mi…
    10.15 Uhr Doch. Mich hat er gesucht. Und wirklich, ich wollte ihm die Wahrheit gestehen, ich schwöre es bei den Locken meiner Schwester und bei meinen eigenen. Aber ich konnte nicht, ich kam gar nicht zu Wort.
    Herr Welter rief mich aus dem Klassenzimmer auf den Gang, er war ganz aufgeregt und redete, als hätte er ein verbales Abführmittel eingenommen. Sein Sohn sei erst zwei, sagte er, ein anstrengendes Alter, seine Frau sei ganz schön eingespannt und nun sei sie mit ihrer Schwester auf einer Wellnessfarm, zur Erholung, und da müsse er den Kleinen zur Zeit nachmittags beschäftigen.
    Aha. Warum erzählte er mir das? Aber ich konnte ihn das gar nicht fragen, denn er redete ohne Pause weiter.
    Kein Problem, wirklich, er mache das gern, man müsse nur wissen, in ein Ställchen könne man den Jungen halt nicht setzen, der sei ein Bewegungsmensch. Hoch intelligentes Kerlchen, sehr aktiv, aber Herr Welter hätte trotzdem schon mal die Klausuren korrigieren wollen, wenigstens ein paar, und er sei wirklich nur eine Minute aus dem Raum gegangen, um den Schnuller zu holen. Aber als er zurückgekommen sei, da habe der Kleine die ganzen Arbeiten geschnappt, im Zimmer verstreut, und er selbst sei aufs Fensterbrett geklettert, habe da gesessen und ihn angelacht. Zum Glück sei das Fenster nur gekippt gewesen, er, Herr Welter, sei ja nicht doof, er wisse, dass man niemals ein Fenster offen stehen lassen dürfe, wenn ein Kleinkind im Raum sei, und da sei auch eine Kindersicherungdran. Und zum Glück sei das Kerlchen nicht vom Fensterbrett gefallen, also eigentlich sei alles glimpflich abgelaufen.

    Ergreifende Geschichte, aber sie interessierte mich nicht besonders. Ich lächelte trotzdem verbindlich und Herr Welter blubberte weiter.
    Sein Arthur Friedrich, das kreative Kind, müsse wohl doch ein paar Blätter durch den Fensterschlitz geschoben haben, denn als Herr Welter die Arbeiten wieder sortiert habe, da hätten ein paar Blätter gefehlt. Die mit meinen Antworten nämlich. Von meiner Arbeit sei nur noch das Aufgabenblatt da gewesen.

    Herr Welter rang die Hände, als er weitersprach.
    Sie würden halt im dritten Stock wohnen, und obwohl er sich das Kind unter den Arm geklemmt habe und gleich die Treppe heruntergerannt sei, habe er die Blätter nicht wiedergefunden. Suchen konnte er nicht länger, denn nun habe der Wind auch noch die Haustür und die Wohnungstür zugeknallt, und da stand er dann, das brüllende Kleinkind unterm Arm. Die Haustür sei ja kein Problem gewesen, die Nachbarin war da, aber die Wohnungstür, und ob ich eine Ahnung hätte, was so ein Schlüsseldienst koste, unglaublich, in diesem Moment hätte er gewusst, dass er im falschen Beruf sei, einen Schlüsseldienst müsse man gründen, eine wahre Goldgrube so was. Wie auch immer, es tue ihm schrecklich

Weitere Kostenlose Bücher