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Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Titel: Wen liebst du, wenn ich tot bin? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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nahm einen tiefen Zug.
    »Vielleicht geht er manchmal ein bisschen zu weit, das will ich gar nicht bestreiten.«
    »Meinst du die Sache mit dem Geräteschuppen? Macht er so was, wenn er ein bisschen zu weit geht?«
    »Kein Grund, gleich sarkastisch zu werden.«
    »Bin ich gar nicht. Ich möchte es nur wissen.«
    Sam musterte mich prüfend, als wollte er herausfinden, ob ich es ernst meinte oder nicht. Er klopfte die Asche in den Deckel der Wodkaflasche.
    »Keine Ahnung«, sagte er. »Ich war ziemlich fertig. Wir waren auf der Straße und hatten was getrunken – Punky hatte uns ein paar Drinks in der Eckkneipe besorgt – und dann ist dein Freund vorbeigekommen. Mit hoch erhobenem Kopf und lässigem Gesichtsausdruck kam er die Straße runter. Natürlich hat er mich erkannt – schließlich wohnt er praktisch in meinem Garten –, aber er hat getan, als wären wir Luft. Er trug Flipflops und diese rote Weste – ich will nicht wissen, wann er das Teil zum letzten Mal gewaschen hat. Punky ließ ihn vorbei, er machte einen Riesenschritt zur Seite, wie um ihm Ehre zu erweisen und so. Und dein Typ schaute einfach durch uns hindurch und ging ungerührt weiter.
    Leanne hat ihm dann noch irgendwas hinterhergerufen –keine Ahnung, was, sie macht das andauernd – und dann hat sie Punky gefragt, warum er den Mund nicht aufgemacht hat. Sie wollte wissen, warum er sich von solchen Leuten für dumm verkaufen lässt. Punky regte sich immer mehr auf, er redete davon, herzukommen und es dem Typen mal so richtig zu zeigen.«
    Sam saß im Schneidersitz auf dem Fußboden und seine Augen funkelten. Ich fragte mich, ob das vom Wodka oder von seiner Geschichte kam. Ich zog die Füße an und blieb sitzen. Ich wollte einfach verstehen, was passiert war.
    »So haben wir uns auch kennengelernt. Punk und ich. Auf dem Sportplatz bin ich in eine Schlägerei mit einem Typen geraten, den er nicht leiden konnte. Danach kam er zu mir rüber, gab mir die Hand und bot mir eine Kippe an. Er hielt mich für einen, der so was ständig macht, und ich hab einfach mitgespielt. Manchmal muss man nur so tun, als wäre man jemand anderes, und dann ist man es auch«, sagte er, und ich dachte daran, wie ich mit Trick über den Cricketplatz gegangen war, die zischenden Raketen in unserem Rücken.
    »Wie auch immer – wir hingen also rum, bis es dunkel war, und tranken noch was. Ich wollte eigentlich nicht, aber ich ging voraus, führte die Gruppe an. Sie redeten die ganze Zeit davon, dass ich unser Grundstück verteidigen muss. Ich sagte nichts und lief immer weiter. Dean konnte kaum glauben, wie groß der Garten hinter unserem Weg war, er dachte, wir sind stinkreich. Und Leanne stachelte Punky immer weiter auf. Ich sagte mir: Egal, was passiert – bald ist es vorbei. Das Haus war dunkel, nur in deinem Zimmer brannte noch Licht; ich wäre am liebsten reingegangen, hätte mir einen Krug Wasser über den Kopf geschüttet und mich schlafen gelegt, aber das ging ja nicht. Also blieb ich stehen, trank mein Bier und wartete ab. Punky meinte, Dad sei total beknackt, wenn er das ganze Werkzeug da drin lässt, im Schuppen gleich neben dem Pack.
    Er tat, als würde er das hintere Fenster mit dem Ellbogen eindrücken, und dann kickt Dean plötzlich richtig hart gegen das verrostete Eisen, und Punky schlägt die Scheibe einfach ein, er rammt den Ellbogen durchs Glas, bis es zersplittert. Mit einem Satz ist er im Schuppen, Dean hinter ihm her, und plötzlich sind sie drin und schlagen alles kurz und klein.«
    Seine Augen waren weit aufgerissen und er sprach schnell. Sein Fuß wippte nervös auf und ab.
    »Leanne konnte es kaum fassen – sie krallte sich in mein T-Shirt und ließ mich nicht mehr los. Dann kletterten die beiden wieder raus und rannten los. Wir natürlich hinterher, obwohl ich wirklich einen Schluck Wasser gebraucht hätte, mein Mund war inzwischen total ausgetrocknet – aber zu spät, jetzt konnte ich nicht mehr nach Hause.
    Wir sind direkt am Haus vorbei und mitten über die Straße gerannt, aber niemand hat uns bemerkt. Ich habe keine Sekunde an Dad gedacht. Nicht mal an Mum. Es war, als wären wir die einzigen Menschen auf der Welt.«
    Er sah mich an, ganz atemlos vom Reden, und ich war so gebannt von seiner Erzählung, dass ich einen leisen Schrei ausstieß, als ich Dads Stimme von unten hörte.
    »Noch zwei Minuten!«, rief er.
    Ich fasste an meine Kehle, das Herz schlug mir bis zum Hals. Sam lachte mich aus, aber ich konnte nicht

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