Wendland & Adrian 02 - Die Krypta
dass bei uns solche tüchtigen Beamten wie Sie für Recht und Ordnung sorgen.«
Ziemlich dick aufgetragen, dachte Susanne, setzte aber ein einigermaßen freundliches Lächeln auf. Wie hatte Antweiler Terwegen genannt? Der personifizierte Kölsche Klüngel...
Übergangslos wurde sein rundes Gesicht ernst. »Aber ich habe euch natürlich nicht herbestellt, um Nettigkeiten auszutauschen. Die Lage ist wirklich ernst. Kommt, gehen wir in mein Arbeitszimmer. Ich habe euch selbst geöffnet, weil ich dem Schmitz heute frei gegeben habe.« Mit einem Seitenblick zu Susanne und spürbarer Eitelkeit fügte er hinzu: »Das ist mein Butler. Ich wollte ihm Gelegenheit geben, den heutigen Tag im Kreis seiner Familie zu verbringen.«
Was ist denn besonderes an dem heutigen Tag?, fragte sich Susanne. Es ist ein ganz normaler Werktag. Die Art, wie Terwegen den letzten Satz betont hatte, erschien ihr sonderbar. Sie wollte gerade eine Bemerkung dazu machen, als Roland fragte: »Wo ist denn die wunderschöne Aphrodite-Statue geblieben?« Er zeigte auf einen leeren Sockel im Treppenhaus. Susanne, die sich nur selten in einem solchen Ambiente zu bewegen pflegte, fand Vorhalle und Marmortreppe übergroß. Diese Häuser schienen alle für mindestens zwölfköpfige Familien, deren sämtliche Onkel und Tanten und eine große Schar Dienstpersonal gebaut zu sein. Doch die Vandenbergs waren nur zu zweit, und Terwegen lebte sogar allein.
»Ach«, sagte Terwegen. »Ich habe einen guten Freund, der den Anblick nackter weiblicher Rundungen etwas ... unschicklich findet. Er meint, wir Männer werden dadurch von unserer göttlichen Bestimmung abgelenkt. Zugegeben, eine etwas altmodische Ansicht, aber vielleicht nicht völlig von der Hand zu weisen.«
Was sollte das denn? Mit jedem weiteren Satz, den er sagte, fand Susanne Terwegen immer merkwürdiger. Sie betraten ein Arbeitszimmer mit einem riesigen Schreibtisch aus dunklem, edlem Holz, vielleicht Mahagoni, Susanne kannte sich nicht gut mit Möbeln aus. Terwegen bat sie und Roland in den beiden Ledersesseln davor Platz zu nehmen. Er selbst ließ sich hinter dem Schreibtisch nieder. Ein kurzes Schweigen entstand, während dem Terwegen sie, wie Susanne fand, sehr wachsam und forschend anschaute.
»Ich vermute, euch ist inzwischen klar geworden, dass zwischen dem Dom und dem Nonnenkloster in Bischofsweiler ein, sagen wir, etwas unwissenschaftlicher Zusammenhang besteht. Wenn etwas unwissenschaftlich anmutet, bedeutet das aber keineswegs, dass es nicht existiert.«
»Du glaubst demnach, dass das alte Wissen unserer Familien kein bloßer Aberglaube ist?« Rolands Stimme klang unsicher, so, als benehme sich sein Patenonkel heute anders als sonst. Terwegen antwortete nicht sofort. Susanne ließ ihren Blick einen Moment durch das Arbeitszimmer schweifen, dessen hohe Wände von bis unter die Decke reichenden Bücherregalen verdeckt waren. In einer dieser Bücherwände gab es eine mit Leder gepolsterte Tür in ein Nebenzimmer. Die Tür war angelehnt.
Ein Gefühl drohender Gefahr ließ Susanne instinktiv wieder nach vorn schauen. Vielleicht hatte sie aus den Augenwinkeln eine beunruhigend schnelle Bewegung bemerkt. Das Geräusch ging dem visuellen Eindruck um eine Sekunde voraus. Ein metallisches Klicken, dass Susanne schon oft gehört hatte und dass ihren trainierten Polizistenkörper in gespannte Alarmbereitschaft versetzte. Ihre Waffe lag zu Hause in ihrer Wohnung auf dem Nachttisch. Immerhin hatte sie Urlaub.
Terwegen hatte unerwartet und blitzschnell unter seinen Schreibtisch gefasst, und jetzt schaute Susanne in die Mündung einer automatischen Pistole. Aus Rolands Gesicht wich alle Farbe. »Onkel ... Harald«, stammelte er.
»Ich bin froh, dass es so einfach war, euch beide in die Falle zu locken.«
Terwegens joviales Grinsen wirkte jetzt schmerzhaft fehl am Platze. »Sie können herauskommen«, sagte er laut.
Die nur angelehnte Tür zum Nebenzimmer öffnete sich und Domkapitular Ermekeil erschien. Dunkler, schlichter Anzug, kleines Holzkreuz an einem goldenen Kettchen um den Hals baumelnd. »Wir sind uns ja bereits begegnet, Frau Hauptkommissarin. Roland Vandenberg - es ist mir eine Ehre, dem Erben einer so großen Tradition gegenüberzutreten. Herr Terwegen hat mir viel von Ihnen erzählt.« Seine Stimme klang sanft, sein Lächeln wirkte liebenswürdig, aber in der Hand hielt er eine Pistole, auf deren Lauf ein Schalldämpfer aufgesetzt war.
»Gut«, sagte Terwegen, »bringen wir sie in den
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