Wendland & Adrian 03 - Nachtauge
anderes anzutreiben? Dass es in diesem Universum, das doch letztlich aus Energie bestand, Energieknappheit geben sollte, war Chris immer schon unverständlich erschienen. Ganz offensichtlich machte die Menschheit gegenwärtig bei der Energiegewinnung etwas Grundsätzliches falsch.
Vielleicht müssen wir erst wie Carim erkennen, dass die ganze Milchstraße und alles in dieser Galaxie tatsächlich verbunden und lebendig ist, überlegte Chris. Vielleicht können wir dann auch die Energie der Liebe anzapfen und Kristalle zum Leben erwecken. Sie malte sich aus, wie es sein würde, wenn Autos, Flugzeuge und Schiffe nicht mehr von stinkenden Verbrennungsmotoren angetrieben würden, sondern wie Carims Sternenschiff lautlos von leuchtenden Kristallen, die ihre Energie unmittelbar aus dem Universum bezogen. Dann würde man in den Städten wieder frei durchatmen können! Dann würden die Menschen keine Löcher mehr in den Leib der Erde bohren müssen, um Öl aus ihren Eingeweiden zu pumpen. Es müsste keine schwarz verseuchten Strände und ölverklebten Seevögel mehr geben und keine atomaren Wiederaufbereitungsanlagen wie in La Hague und Sellafield, die das Meer mit ihren Abwässern radioaktiv vergifteten.
Vielleicht kann ich ja mithelfen diese neue Energie zu entdecken, dachte Chris. Vielleicht sind Carims Erinnerungen daran, wie dieses Raumschiff gebaut und die Kristalle hergestellt wurden, irgendwo in meiner Seele gespeichert. Ich muss sie nur finden. Oder aber sie sind in den Dreizehn Kristallen gespeichert. Dann müssen wir eben danach suchen, ganz egal, was diese engstirnigen, superarroganten Wächter davon halten! Beim Gedanken an Tula und den Grinser mit den Goldzähnen verfinsterte sich ihr Gesicht. Ach was, dachte sie, heute ist so ein schöner Tag, da will ich von den Balam-Leuten nichts wissen!
Plötzlich bekam sie Lust Jonas zu sehen und ein bisschen mit ihm zu schmusen. Sie blickte auf und dann nach unten und da stand er am Fuß der Leiter und grinste, seinen kleinen Rucksack auf dem Rücken. »Wollte mal sehen, ob du nicht wieder irgendeine schamanische Dummheit machst.«
Chris erwiderte das Grinsen. »Meisterschamaninnen machen keine Dummheiten. Jedenfalls nicht an ihren guten Tagen.«
Wie schön, dass das mit der Synchronizität zwischen uns immer besser klappt, dachte sie. Wenn ich Lust auf ihn habe, hat er auch Lust auf mich!
Jonas erklomm die Leiter und setzte sich neben Chris. Er reichte ihr den Rucksack und sie spähte neugierig hinein. »Oh! Apfel-Mango-Saft, Nirwana-Schokolade und ... Mispeln!« Sie gab Jonas einen Kuss. »Ab und zu seid ihr Männer echt zu gebrauchen.«
»Blödsinn! Wir sind weit mehr als das, nämlich vollkommen unentbehrlich. Die Mispeln sind allerdings nicht aus dem Bioladen. Sie lagen beim Supermarkt in Buchfeld in der Auslage und da konnte ich einfach nicht widerstehen.«
Chris knuffte ihn in die Seite. »Gegen eine ökologische Sünde dann und wann ist nichts einzuwenden – vor allem, wenn sie gut schmeckt! Trotzdem fange ich mit der Schokolade an.«
Jonas nahm sich eine Mispel, Chris schob sich einen ersten Nirwana-Riegel in den Mund und ließ ihn auf der Zunge zergehen. Ihre Lieblingsschokolade war herrlich gefüllt und bestand nur aus guten Zutaten. Sie hielt Jonas die Tafel hin.
»Lass mal. Ich halte mich an die Mispeln.«
»Hab ich dir eigentlich erzählt, dass am Donnerstag Susannes Kripoabteilung ihren Betriebsausflug hierher zu uns macht?«, fragte Chris mit vollem Mund.
Jonas hob erstaunt die Brauen. »Nein, hast du nicht.«
»Oh! Wo hab ich nur immer meinen Kopf? Mist, tut mir Leid.«
»Hatte dich ohnehin noch fragen wollen, was Tönsdorf eigentlich wollte, als er letztens um deinen Rückruf bat.«
Chris lächelte wissend. »Susanne verkuppeln will er.«
»Aha?«
»Er findet, Susanne und Antweiler würden gut zusammenpassen. Der Betriebsausflug soll so ablaufen, dass sich morgens Torsten krankmeldet. Dann sind sie schon mal nur noch zu dritt. Wenn sie dann zum Begrüßungskaffee bei uns in der Küche sitzen, schmeißt Tönsdorf versehentlich eine Tasse herunter. Dann bückt er sich unglücklich und tut so, als hätte er einen Hexenschuss. Natürlich muss ich dann erste Hilfe leisten, ihm eine Energiebehandlung und eine längere Massage geben.« Chris holte kurz Luft. »Du bist ja den ganzen Tag über in Buchfeld in der Polizeiwache. Also muss Susanne dann wohl oder übel Antweiler allein ein bisschen herumführen. Was hältst du davon?«
Jonas wiegte
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