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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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zu klopfen an.
    Dann schälte sich ein Objekt aus der Schwärze heraus – eine kleine blaue Kugel, die im Inneren des Kristalls schwebte wie eine Glasmurmel. »Aber ...«, flüsterte Chris erstaunt. Was da in dem Schädel schwamm, war die Erde, winzig, aber doch klar erkennbar – die Erde vom Weltraum aus gesehen.
    Und Chris spürte, wie sie angezogen wurde. Das Bild in dem Schädel schien sie aufzusaugen und die äußere Umgebung des Zimmers mit dem Sofa, der Lampe und dem Hund verschwand.
    Sie begriff nicht sofort, wo sie sich befand. Vor ihr im Samtschwarz des Alls schwebte die Erde. Sie sah das Blau der Ozeane, weiße Wolkenwirbel und die Braun- und Grüntöne der Landmassen. Die Erde kam langsam näher.
    Erst jetzt wurde Chris klar, dass sie saß. In einer Art Sessel. Die Umgebung war ganz fest und sinnlich spürbar. Ein ... Raumschiff? Sie streckte die Hand aus und berührte Glas oder ein anderes durchsichtiges Material, das sich warm anfühlte und Vakuum und Weltraumkälte aussperrte. Seltsamerweise herrschte völlige Stille. Das Summen von Maschinen oder andere technische Geräusche, die man an Bord eines Raumschiffes vielleicht erwartet hätte, waren nicht zu vernehmen. Chris sah, dass die Haut ihrer Hand dunkler war als gewohnt. Und doch war es nicht die Farbe, die sie von dunkelhäutigen Menschen auf der Erde kannte, sondern eine Art Kupferton. Sie sah auch kleine, rötlich entzündete Male auf dieser Hand. Und sie spürte, dass ihre Haut am ganzen Körper juckte und dass ihre Glieder schmerzten. Eine Hitze brannte in ihr, von der sie wusste, dass sie davon verzehrt werden würde.
    Jetzt bemerkte sie, dass sie nicht allein war in diesem kleinen, seitlich von dunklen Wänden und vorne von einem riesigen, gewölbten Fenster begrenzten Raum, bei dem es sich wohl um die Pilotenkanzel eines Sternenschiffes handelte. Ein Mann stand neben ihr und starrte dem sich langsam nähernden blauen Juwel entgegen.
    Er drehte den Kopf und hatte Jonas’ Gesicht. Oder ein Gesicht, das Jonas’ Zügen verblüffend ähnlich sah, wenn auch seine Haut den gleichen dunklen Kupferton aufwies wie Chris’ Hand. Er sagte etwas in einer Sprache, die Chris fremd und doch seltsam vertraut in den Ohren klang wie eine alte, lange vergessene Melodie.
    »Wie geht es dir, Carim?«
    Als sie antwortete, spürte Chris, dass ihr Hals rau und entzündet war und das Sprechen ihr Mühe bereitete. »Ich denke, ich werde noch lange genug leben, um den Boden des Planeten der Zuflucht zu betreten, niederzuknien und diese fremde Erde zu küssen.«
    Sie sah, wie die Augen des Mannes sich mit Tränen füllten. »Du weißt, ich würde alles dafür opfern, dich zu heilen, Carim.« Er streckte die Hand aus und berührte zärtlich Chris’, Carims, Wange.
    »Für die Strahlenkrankheit gibt es keine Heilung, Torn«, hörte sich Chris sagen und jedes Wort schmerzte in ihrer wunden Kehle.
    »Du hast es tatsächlich geschafft, uns zum Planeten der Zuflucht zu bringen, so, wie es uns verheißen wurde«, sagte der Mann, den sie Torn nannte. Er lächelte und Chris erkannte Jonas’ Lächeln. »Du hast die neue Technik gemeistert, die dieses Sternenschiff vorantreibt. Du bist die beste Pilotin, die je das All durchfuhr.«
    »Es ist keine Technik, Torn«, entgegnete Carim mühsam. »Das weißt du doch. Vergiss das alte Denken. Sei dir immer bewusst, welches Leid das alte Denken über die Völker der Galaxie gebracht hat. Dieses Schiff ist anders als alle Schiffe, die wir früher gebaut haben. Es ist lebendig. Es erzeugt keine zerspaltende, das Gewebe der Materie zerstörende Energie. Und der große Kristall in seinem Herzen verbindet es mit dem lebendigen Organismus unserer Galaxie.« Sie musste husten. Der Schmerz brannte hinter ihren Rippen wie Feuer.
    Erst jetzt fiel Chris auf, dass es auf der Kommandobrücke des Schiffes keinerlei Armaturen und Kontrollinstrumente gab. Carims rechte Hand – oder war es ihre eigene? – ruhte auf einer runden Kristallkugel, die in einem warmen, gelben Licht leuchtete. Carim wusste, dass dieser kleine Kristall mit dem großen Kristall im Bauch des Schiffes verbunden war. Die Kristalle waren lebendige Wesen, so, wie die ganze Galaxie lebendig war. Die Energie, die das Schiff antrieb und die Sterne und Planeten bewegte, war die Liebe. Wer dieses Schiff steuern wollte, musste die Energie der Liebe verstanden und gemeistert haben. Es war das erste seiner Art. Carim selbst hatte es zusammen mit ihrem verstorbenen Vater entworfen und

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