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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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hatte von den Reisenden zwischen den Welten gesprochen und davon, dass dieser fremde Himmel mit den wandernden Leuchtobjekten – Sternenschiffen? –, den sie manchmal im Traum sah, ein Fenster in die Vergangenheit sei. Hatte er darauf angespielt, als er gesagt hatte: »Die Zukunft liegt hinter uns.«? Hatte er Chris deshalb einen Abendstern genannt? All diese Geschichten von Weltraumschlachten und galaktischen Imperien in den Sciencefiction-Romanen und -Filmen – handelte es sich dabei also nicht um phantasievoll ausgemalte Zukunftsvisionen, sondern tatsächlich um Erinnerungen an eine ferne, tragische Vergangenheit, wie Marc Thürmann behauptet hatte?
    Sie seufzte. Bin ich tatsächlich diese Carim gewesen?, wunderte sie sich. Und war Jonas Torn, in einer früheren Inkarnation? Oder sind Carims Erinnerungen in dem Kristall gespeichert und ich habe mich nur zufällig in sie eingeklinkt und mich schlichtweg geirrt, was die Ähnlichkeit von Torn und Jonas und Kartam und Felten betrifft? Fragen über Fragen. Jedenfalls gab es erstaunliche Übereinstimmungen mit der Legende von den dreizehn heiligen Schädeln, die ihnen Thürmann erzählt hatte.
    Und Chris spürte eine tiefe innere Gewissheit, dass das, was sie durch Carims Augen gesehen hatte, wirklich geschehen war. Diese Bilder, die Sinneseindrücke Carims, waren keine Ausgeburten der Phantasie gewesen, das fühlte Chris mit jeder Faser ihres Seins. Und noch etwas erschien ihr bemerkenswert: In der Legende, wie Thürmann sie erzählt hatte, war davon die Rede gewesen, dass dreizehn Kristallschädel zur Erde gebracht worden seien. Bei dem großen Kristall, der von Carim vor ihrem Tod gesegnet worden war, hatte es sich aber eindeutig nicht um einen Schädel gehandelt, sondern um eine glatte, makellos gearbeitete Kugel. Hatten erst spätere Kunsthandwerker auf der Erde aus diesen Kristallkugeln Schädel herausgeschliffen? Und wenn ja, warum?
    Eines stand jedenfalls fest: Sie empfand tiefe Hochachtung und Zuneigung für die fremde Raumfahrerin, die im Nebel einer fernen Vergangenheit allein mit der Kraft der Liebe ihr Schiff zur Erde gesteuert hatte.
    Chris rieb sich die Schläfen. Sie merkte, wie ihr der Kopf schwirrte. Sie zwang sich dazu, sich wieder bewusst auf die Gegenwart und ihre unmittelbare Umgebung zu konzentrieren.
    In diesem Moment piepste das Telefon.
    Susanne meldete sich.
    »Hi«, sagte Chris, froh, eine vertraute Stimme zu hören. »Wie geht’s?«
    »Thürmann ist tot. Hat sich vom Balkon gestürzt.« Susannes Stimme klang belegt.
    »Mist.«
    »Hab Scheiße gebaut«, fuhr Susanne fort und Chris hörte ihrer Stimme deutlich an, dass sie wieder einmal dabei war, sich selbst fertig zu machen. »Ich habe mit ihm Whisky getrunken, weil ich dachte, dass ihn das gesprächiger macht. Zwei volle Gläser. Zu viel. Dann ist er plötzlich aufgesprungen und auf den Balkon gerannt. Ich hab zu langsam reagiert wegen des Scheißalkohols. Wäre ich nüchtern gewesen, hätte ich ihn bestimmt noch festhalten können. Hab ihn ... nur noch fallen sehen. Ihn schreien hören. Der Schrei ist immer noch da. Ich höre ihn, wenn ich die Augen zumache. Ich habe den Fernseher eingeschaltet, aber es hilft nicht.«
    Wenn ich jetzt bei ihr wäre, würde ich sie in den Arm nehmen, ihre harten, verspannten Schultern massieren, bis sie weinen kann, dachte Chris. »Du bist in deiner Wohnung?«
    »Ja.«
    »Ist jemand bei dir?«
    »Nee. Torsten hat’s angeboten, aber ich dumme Kuh meine ja immer, ich müsste mit allem allein fertig werden.«
    Chris hatte plötzlich einen rettenden Einfall, etwas, das Susanne bestimmt helfen würde. »Denk an das Lied.«
    »Das Lied?«
    »Ich habe es für dich gesungen. Es ist jetzt deins.«
    »Du meinst ... es ist noch da?«
    »Ja«, sagte Chris. »Koch dir einen Tee und leg dich dann ins Bett. Das Lied ist noch dort in deinem Schlafzimmer. Du kannst dich darauf einstimmen, es hören. Es wird dir helfen den Schrei loszuwerden und dich wieder fest in der Gegenwart zu verankern.«
    »Klingt ... verrückt. Aber okay, ich versuch’s.«
    Chris fand, dass Susannes Stimme schon etwas besser klang.
    »Danke«, sagte Susanne leise. »Es ist gut, dass es ... dass es dich gibt. Da ist noch was, das ich dir sagen wollte: Nehmt euch vor Roger Bishop in Acht, Marios amerikanischem Freund. Thürmann hat zugegeben, dass er und Bishop Felten ermorden wollten. Mit einer Briefbombe.«
    »Dann haben sie die Drohbriefe geschickt, von denen du mir erzählt hast?«
    »Genau.

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