Weniger arbeiten, mehr leben
sich zumindest in bester Gesellschaft: »Wir überlasten die Menschen an der Spitze. Die Manager tun mir Leid. In den zurückliegenden drei Jahrzehnten sind die Anforderungen so unerhört kompliziert geworden, dass heute nur noch Supermänner erfolgreich sein können.« Dieses Zitat stammt nicht etwa von einem Gewerkschaftsfunktionär, sondern vom Altmeister der Managementlehre, Peter Drucker (»Manager tun mir Leid«, erschienen im April 2002 auf der Website des
Manager Magazins
). Ein entscheidender Grund für dieses Dilemma ist die zunehmende Beschleunigung des täglichen Geschäfts, der permanente Wettbewerbs- und Veränderungsdruck auf die Konzerne; Zusammenschlüsse, Umbau, Restrukturierungen. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein Großunternehmen eine Sparte schließt, einen neuen Unternehmensteil erwirbt oder abstößt. Und gerade bei Übernahmen bleibt den neuen Besitzern oft kaum Zeit abzuschätzen, wer für das Unternehmen wirklich wichtig ist und wer nicht, wer einen guten Job macht und wer tatsächlich überflüssig ist. Die Unternehmen sind folglich zu immer schnelleren und härteren Schnitten gezwungen – die zwangsläufig oft auch die Falschen treffen. Für die in den Unternehmen arbeitenden Menschen bedeutet das: Entweder versuchen sie, alles zu können und alles zu machen – und scheitern oft kläglich. Oder sie lernen, diesen Trend zu akzeptieren und nach ihren persönlichen Zielen zu gestalten.
Das Jahr 2000 kommt Fred B. inzwischen vor wie das Leben aus einer anderen
Galaxie. Der Software-Ingenieur war Chef-Entwickler bei der Tochter-Gesellschaft
eines US-amerikanischen
IT
-Unternehmens, und die Geschäfte liefen prächtig. An
Krisenzeiten dachte kein Mensch – bis zum Frühjahr 2001, als plötzlich wie über
Nacht die Aufträge ausblieben und die Nachfrage regelrecht einbrach. Die Firmenzentrale
in den
USA
fackelte nicht lange: Innerhalb kürzester Zeit wurde ein Viertel
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der Belegschaft gekündigt. Auch Fred B. erwischte es. Eines Nachmittags wurde er
zu seinem Chef zitiert, der ihm in dürren Worten mitteilte, dass er gekündigt sei.
Begründung: die »bekannt schlechte Auftragslage«. Als er zu seinem Arbeitsplatz
zurückkehrte, war das Passwort an seinem Rechner bereits gesperrt; bis zum Abend
musste er den Schreibtisch leer räumen. Fred B. war fassungslos. Anschließend
brachte er Monate damit zu, gegen seine alte Firma einen Prozess zu führen, um
eine gerechte Abfindung zu erstreiten. Wertvolle Zeit und Energie gingen verloren.
Sein Downshifting-Tipp:
Vorbereitet sein – beizeiten alternative Szenarien
entwickeln und durchspielen!
Der erste Ratschlag lautet deshalb: Anstatt verzweifelt und mit hundertfünfzigprozentigem Einsatz weiterzuarbeiten oder nach einer unfreiwilligen Kündigung sorgenvoll in die Zukunft zu blicken und von Personalberater zu Personalberater zu hetzen, sollten Sie einmal darüber nachdenken, wie Sie Ihre Stärken nutzen und Ihren Downshifting-Plan auch in schwierigen Zeiten erfolgreich in die Tat umsetzen könnten. Zwei Dinge sollten Sie sich in diesem Zusammenhang stets vor Augen halten:
Es sind meist nicht diejenigen, die am unermüdlichsten schuften, die dann auch als Letzte gekündigt werden. Sich mit einer künstlichen Aura von Fleiß zu umgeben, hilft in aller Regel nicht viel.
Und: Häufig ergeben sich die interessantesten beruflichen Möglichkeiten und Perspektiven überhaupt erst, wenn Sie begonnen haben, im Kopf die Weichen umzustellen.
Es soll nicht zynisch klingen, aber schwierige Zeiten sind meist auch die besten Downshifting-Zeiten. Weil sie viele Leute zwingen, intensiv über sich und ihren weiteren Lebens- und Berufsweg nachzudenken. Und weil Zeiten des Umbruchs und der Umstrukturierung meist auch die größten Chancen für jene bieten, die bereit und in der Lage sind, sich auf die kommenden Veränderungen einzustellen.
Weil Arbeit, Ihr zukünftiger Job und die damit verbundenen Finanzen einen ganz elementaren und damit auch umfangreichen Teil Ihres Downshifting-Planes darstellen, ist das Erreichen dieses dritten Meilensteins in insgesamt sechs Kapitel unterteilt. Sie alle sind auf das Ziel ausgerichtet, dass Sie in Zukunft weniger arbeiten wollen. Weniger und vor allem auch |116| anders: ausgeglichener, selbstbestimmter, gelassener. Wie schnell und weit Sie dabei von der Überholspur auf eine weniger befahrene Straße wechseln, hängt wieder ganz von Ihnen ab.
In diesem Kapitel geht es zuerst darum, wie Sie in Zukunft arbeiten
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