Wenn Alkohol zum Problem wird
einzelnen Phasen allerdings nicht immer eindeutig voneinander zu trennen.
1. Kontakt- und Motivierungsphase (ab → S. 104 )
2. Entgiftungs- oder Entzugsphase (ab → S. 111 )
3. Entwöhnungsphase (ab → S. 116 )
4. Weiterbehandlungs- und Nachsorgephase (ab → S. 132 )
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die vier Phasen. Am Ende steht als großes Ziel das abstinente Leben, wobei der Weg dorthin oft mehrere Jahre in Anspruch nimmt und es unterschiedlicher Wegbegleiter bedarf. Da also unterschiedliche Therapeuten und Einrichtungen bei der Behandlung beteiligt sind, spricht man auch von einem Therapieverbund oder -netz. Je besser die einzelnen Therapeuten (z. B. Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen) und Einrichtungen (z. B. Fachkliniken, Allgemeinkrankenhäuser, Beratungsstellen) in diesem Verbund zusammenarbeiten, desto besser sind auch die Voraussetzungen, einen guten Behandlungserfolg zu erzielen.
Ist eine Heilung überhaupt möglich?
Man kann die Alkoholabhängigkeit z. B. mit der Zuckerkrankheit vergleichen, die sich ebenfalls nicht im eigentlichen medizinischen Sinne »heilen«, aber gut behandeln lässt.
In weiten Kreisen der Bevölkerung, aber auch bei manchen Ärzten, ist leider die Meinung verbreitet, ein »wirklich Alkoholkranker« sei nicht mehr heilbar: Wenn jemand erst einmal richtig dem Alkohol verfallen sei, könne man ihm auf Dauer doch nicht helfen, man müsse ihn sozusagen »abschreiben«. Eine solche Meinung gründet sich in dieser pauschalen Form letztlich auf ein Vorurteil. Natürlich gibt es deprimierende Verläufe und oft muss man eine pessimistische Prognose treffen. Dies unterscheidet jedoch die Alkoholkrankheit nicht von anderen schweren bzw. chronischen Krankheiten, wo ebenfalls neben einem hohen Prozentsatz von Heilung oder deutlicher Besserung in einigen Fällen eine schlechte Prognose gestellt werden muss.
Die vier Phasen und Zwischenziele einer Suchtbehandlung.
Zielsetzung
Therapieeinrichtung
Dauer
Kontakt- und Motivierungsphase
Diagnostik Motivierung Therapieplanung (in Absprache mit dem Betroffenen selbst, Ärzten, Kostenträgern, Arbeitgeber, Angehörigen usw.)
Beratungsstelle Hausarzt Psychotherapeut Betriebsarzt
Wochen bis Monate
Entgiftungsphase
ärztliche Behandlung der körperlichen Abhängigkeit, Motivation für weiterführende Therapie
Krankenhaus Arzt
ca. 2–3 Wochen
Entwöhnungsphase
psychotherapeutische Behandlung der psychischen Abhängigkeit
Beratungsstelle Fachambulanz Arzt Psychotherapeut (ambulant) Fachklinik (stationär)
ca. 2–6 Monate evtl. länger
Weiterbehandlungs- und Nachsorgephase
Behandlung körperlicher oder psychischer Probleme Rückfallvorbeugung bzw. Hilfen bei Rückfällen Hilfen bei individuellen Problemsituationen
Beratungsstelle Arzt, Psychotherapeut Selbsthilfegruppen
Mindestens ca. 6 –12 Monate
Viele empfinden es als Schwäche, Hilfe zu benötigen
Sicher aber ist, dass die Alkoholkrankheit nur überwunden werden kann, wenn die Betroffenen selbst mitarbeiten. Während jedoch bei körperlichen Krankheiten die meisten Menschenbereit sind, sich von Fachleuten helfen zu lassen, ist dies bei seelischen Problemen leider oft nicht der Fall. In weiten Kreisen der Bevölkerung gilt es immer noch als Schwäche, einzugestehen, das eigene Leben nicht ohne Hilfe anderer meistern zu können. Daher verbergen die Betroffenen ihr Leiden so lange wie irgend möglich. Beim Abhängigen kommt hinzu: Er weiß letztlich genau, oder ahnt zumindest, dass er auf alkoholische Getränke verzichten muss, obwohl er die Erfahrung gemacht hat, dass Alkohol ihm seine Probleme stets kleiner (»durch eine rosarote Brille«) hat erscheinen lassen. Er hat Angst, ins Leere zu fallen, wenn er nicht mehr trinkt. Wenn man bedenkt, wie lange schon das süchtige Verhalten die Reaktion auf verschiedenste Stimmungen, Erlebnisse und unerfüllte Bedürfnisse ist und durch wie viele neue Verhaltensweisen und Einstellungen die Sucht im Laufe der Therapie ersetzt werden muss, wird diese Angst auch begreiflich.
Insofern besteht beim Alkoholkranken, zumindest am Anfang, eine äußerst zwiespältige (ambivalente) Einstellung zur Behandlung. Wenn Betroffene manchmal auch einsehen, dass sie Probleme mit Alkohol haben, so ist ihr Entschluss, in Zukunft darauf zu verzichten, manchmal recht halbherzig. Und sie versuchen lange Zeit, allein klarzukommen, was allerdings den wenigsten gelingt. Vielfach ist es erst äußerer Druck (z. B. Schulabgang, Arbeitsplatzverlust,
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