Wenn Alkohol zum Problem wird
unterstützen (wie diese »Hilfe« aussehen sollte, lesen Sie auf → S. 153 ff ),
der Betroffene möglichst genaue und umfassende Informationen über die unterschiedlichen Behandlungsmaßnahmen benötigt, die ihn nach und nach das Vertrauen unddie Überzeugung gewinnen lassen, dass eine Behandlung möglich und erfolgversprechend ist.
Finden die Angehörigen selbst durch ihre Kontakte zur Beratungsstelle, zum Therapeuten oder zur Selbsthilfegruppe allmählich zu diesem Vertrauen und dieser Überzeugung, erhält dies auch mit der Zeit (im Sinne von »Steter Tropfen höhlt den Stein!«) für den Alkoholkranken große Bedeutung im Motivationsprozess.
Die weitergehende Therapie ist erst nach Durchlaufen der oben genannten Schritte sinnvoll. In dieser Behandlungsphase (»Entwöhnungsbehandlung«, ab → S. 111 ) werden dann die Verhaltensweisen verändert, die früher zum Alkoholmissbrauch beigetragen haben und jene aufgebaut, die ein zufriedenes und erfülltes Leben in der Zukunft fördern.
TIPP
Welche Erkenntnisse sind nötig?
Die nötige Motivation zu erzielen und aufrechtzuerhalten ist eine zentrale Aufgabe während aller Behandlungsphasen, sowohl für alle beteiligten therapeutischen Helfer als auch für den Betroffenen selbst. Denn bei aller Unterstützung von außen, die folgenden sechs Erkenntnisschritte müssen von Ihnen ausgehen. Eine erfolgreiche Therapie ist erst dann möglich, wenn Sie zu allen sechs Aussagen Ja sagen und ihre Richtigkeit für sich selbst erkannt haben.
Erkenntnis, dass eine Änderung der gegenwärtigen Situation notwendig ist (»So geht es nicht mehr weiter!«).
Anerkennung der Hilfsbedürftigkeit (»Ich schaffe es nicht mehr allein!«).
Akzeptieren der angebotenen Hilfe (»Ich lasse mir helfen!«).
Akzeptieren, alkoholabhängig zu sein (»Ich bin alkoholkrank!«).
Anerkennung des Abstinenzziels (»Ich akzeptiere, dass ich keinen Alkohol mehr trinken darf!«).
Anerkennung des Ziels des allgemeinen Verhaltenswandels (»Ich muss mein Leben anders gestalten, wenn ich nicht mehr rückfällig werden will!«).
Special: Wie kann der Betrieb zur Motivation beitragen?
Mehr und mehr hat sich in den letzten Jahren in vielen Betrieben die Erkenntnis durchgesetzt, dass Alkoholprobleme der Mitarbeiter durch erhöhte Fehlzeiten, Arbeitsunfälle, Ausschussproduktionen u. Ä. einen enormen Kostenfaktor darstellen. Andererseits ist zu bedenken, dass sich diese oft langjährigen Mitarbeiter in früheren Jahren als fleißig und loyal erwiesen und sich damit um den Betrieb oftmals sehr verdient gemacht haben. Weiterhin weiß man im Betrieb aufgrund positiver Erfahrungen vielleicht auch, dass fachgerechte Behandlung tatsächlich Erfolg verspricht und die vor der Behandlung überdurchschnittlichen Kosten nach der Behandlung oftmals weit unter den Durchschnitt absinken. Auch in der Kosten-Nutzen-Relation »rentiert« es sich also für den Betrieb auf lange Sicht, dem betroffenen Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz zu sichern, wenn er eine fachgerechte Behandlung in Anspruch nimmt.
Allerdings ist – wie schon ausführlich dargestellt – anfänglich die Motivation des Betroffenen meist nicht so ausgeprägt, dass er von sich aus eine Behandlung sucht. Im Gegenteil, er leugnet eher das Problem oder ist der Meinung, selbst damit fertig werden zu können. Aus Untersuchungen bei Alkoholkranken ist uns aber bekannt, dass der Verlust des Arbeitsplatzes für einen Abhängigen oft ein noch größeres Problem darstellt als das mögliche Auseinanderbrechen seiner Familie. Man hat daher über die Erhaltung des Arbeitsplatzes eine gute Möglichkeit, den Alkoholkranken zu Therapiemaßnahmen zu motivieren.
Gemeinsam – Schritt für Schritt
Einem alkoholkranken Mitarbeiter zu helfen, ist nur durch gemeinsames und konsequentes Handeln möglich. Suchtprobleme können von niemandem alleine gelöst werden. Gemeinsames Handeln meint deshalb, dass nur in Zusammenarbeit der verschiedenen mit dem Alkoholkranken befassten Betriebsvertreter (z. B. Personal-/Betriebsrat, Vorgesetzter, Kollegen, Vertrauensmann), der Fachleute (z. B. Betriebs- oder Hausarzt, Beratungsstelle) und der Angehörigen des Betroffenen auch eine gemeinsame Strategie entwickeltund durchgeführt werden kann, die dem Alkoholkranken hilft, seinen Weg zur Behandlung zu finden. Selbstverständlich wird man dem Abhängigen Verständnis und Hilfe anbieten; gleichzeitig ist es aber wichtig, ihm all jene Probleme und Schwierigkeiten vortragen zu dürfen, die sein
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