Wenn Alkohol zum Problem wird
verdeckt seinen Zustand vor sich und den anderen, zum einen aus Angst, den Alkohol aufgeben zu müssen, zum anderen, um sich einen Rest an (Selbst-)Achtung zu erhalten. Man kann einen Alkoholabhängigen also nicht zur Krankheitseinsicht zwingen:
Dieser aussichtslose Kampf
zerstört die Vertrauensbasis mehr und mehr;
treibt den Abhängigen mit seinen Schuld- und Schamgefühlen dazu, Rechtfertigungen für sein Verhalten in den Fehlern der anderen zu suchen (im Sinne von »Angriff ist die beste Verteidigung!«);
ist für sich schon wieder ein »Grund«, erneut zum Suchtmittel zu greifen;
führt beim Betroffenen dazu, nicht über sich selbst nachdenken zu müssen (weil er seine Aggressionen gegen den ihn attackierenden Partner wenden kann!);
führt beim Angehörigen (oder im Betrieb) dazu, dass dieser sich ständig in Gedanken mit dem Problem beschäftigt und dadurch in ein Auf und Nieder von Stimmungen gerät, abhängig davon, ob der Alkoholkranke nun gerade trinkt oder nicht; was das eigene Leben (die Arbeit im Betrieb) massiv einschränkt!
Motiviert sein – wie soll das gehen?
Die Motivation zur Behandlung entwickelt sich meist erst langsam in einem Prozess.
Eine Behandlung des Alkoholkranken durchführen zu wollen, ohne dass er selbst dazu motiviert ist, ist meist schon von vornherein zum Scheitern verurteilt. Was meint deshalb »motiviert sein zur Behandlung«, und wie lässt sich diese Motivation erreichen?
Ist ein Alkoholkranker nicht zu einer Behandlung bereit, wird – oft auch von Fachleuten – gesagt, er sei eben »nicht motiviert«, so als würde man ihm einen Vorwurf machen, dass er etwas nicht tut, was er eigentlich tun müsste (nämlich sich behandeln zu lassen!). Ein bekannter Psychologe sagte einmal: »Selbstverständlich ist der Alkoholkranke motiviert, aber eben zu etwas anderem als Arzt und Therapeut wollen!«, z. B. dazu, mit seiner Krankheit selbst fertig zu werden …
»Motivation zur Behandlung« ist also nicht eine Sache, die der Alkoholkranke hat oder nicht hat, sondern stellt einen Prozess dar, der sich beim Betroffenen entwickeln muss, der aber auch von außen (z. B. durch einen Therapeuten, durch Angehörige oder Freunde) angeregt und gefördert werden kann. Dieser Prozess führt dazu, dass der Betroffene allmählich erkennt, dass er mit seinen Problemen eben nicht mehr alleine fertig werden kann, sondern dass er dringend Hilfe braucht.
Trinkfolgen und Behandlungsmotivation
Das Wissen darum, Hilfe zu benötigen, heißt jedoch lange nicht, dass man (schon) fähig ist, diese Hilfe auch anzunehmen. In vielen Fällen dauert es noch Monate oder Jahre, bis der Betroffene fremde Hilfe akzeptieren kann. Neueren Forschungsarbeiten nach spielen für diesen Prozess anscheinend zwei Aspekte eine Rolle, nämlich das Ausmaß der Folgen des Trinkens und die Behandlungsbedingungen selbst.
Welche Bedingungen sind entscheidend, um fremde Hilfe zu akzeptieren?
Folgen des Trinkens
Behandlungsbedingungen
Schwere der Abhängigkeitssymptome
Schwere der Folgeschäden
depressive Stimmung (»Ausweglosigkeit«)
negative Lebensereignisse (»Schicksalsschläge«) in den letzten vergangenen Monaten
der Betroffene muss davon überzeugt sein, dass die angebotene Behandlung erfolgreich ist
die angebotene Behandlung darf keine zu starken subjektiven Belastungen mit sich bringen
Insgesamt heißt dies also: Je ausgeprägter die Folgeerscheinungen des Trinkens für den Alkoholkranken und je annehmbarer die Behandlungsbedingungen für ihn, desto eher besteht auch eine Motivation zur Behandlung. Die Motivation zur Behandlung hängt aber nicht unbedingt mit ihrem Erfolg zusammen, sondern nur mit dem Entschluss, eine Behandlung zu beginnen!
Wie können Angehörige zur Motivierung beitragen?
Angehörige können den Motivationsprozess unterstützen.
Was bedeutet diese Erkenntnis für alle (z. B. Angehörige, Freunde), die den Alkoholkranken motivieren wollen? Man kann sich Motivation als Waage vorstellen: Auf der einen Seite liegen alle Argumente, die gegen eine Therapie sprechen, auf der anderen Seite alles, was dafür spricht. Motivieren kann man jemanden nur, wenn man ihn für die angestrebten Ziele gewinnen kann, also mehr in die Waagschale für die Therapie legt. Vor allem positive Erwartungen sind hier wirksam. Reine Konfrontation und Vorwürfe nützen dagegen nichts. Letztlich bedeutet dies, dass
möglichst alle Menschen im Umfeld des Alkoholkranken zusammenarbeiten müssen, um den Betroffenen in dieser Phase zu
Weitere Kostenlose Bücher