Wenn Alkohol zum Problem wird
Behandlung.
Wir wissen also, dass kleine Alkoholmengen helfen können, leichtere sexuelle Hemmschwellen zu überwinden, sexuelle Beziehungen einzuleiten und das sexuelle Erleben selbst zu fördern. Wir wissen aber auch, dass stärkerer Alkoholkonsum genau gegensätzliche Wirkung hat, nämlich vorhandene Hemmschwellen oder sexuelle Probleme unter Umständen sogar noch verstärkt und die sexuellen Funktionen und Aktivitäten deutlich beeinträchtigt.
Sexuelle Problematik als Auslöser für Alkoholmissbrauch
In manchen Fällen kann eine sexuelle Problematik ein wichtiger Grund dafür sein, dass Frauen oder Männer zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens beginnen, häufiger und/oder in größeren Mengen Alkohol zu konsumieren und so allmählicheinen Alkoholmissbrauch oder eine Alkoholabhängigkeit entwickeln. Untersuchungen zeigen, dass sich in den Fachkrankenhäusern für Suchtkranke gehäuft Männer mit sexuellen Funktionsstörungen – entweder in Form von Störungen der Gliedsteife oder mit vorzeitigem Samenerguss – befinden. Selbstverständlich benötigen alle diese Patienten psychotherapeutische Hilfe, um neben der Alkoholproblematik auch diese Störungen verändern zu können.
TIPP
Sexualtherapeutische Behandlung
Gerade am Beispiel der Behandlung von Sexualstörungen erweist sich, wie wichtig die ambulante Weiterbehandlung (siehe → S. 132 ff .) nach einem stationären Aufenthalt in einer Suchtfachklinik ist. Die sexuelle Problematik kann nämlich in der Klinik zwar angesprochen werden – schwierig ist dort aber deren Veränderung, weil die heute effektivste Form der psychotherapeutischen Behandlung von Sexualstörungen die Partnertherapie darstellt, also eine Therapie in Anwesenheit beider Partner. In der Fachklinik ist jedoch fast durchgängig nur einer der Partner, nämlich der alkoholkranke, anwesend. Die in den Fachkrankenhäusern meist durchgeführten Partnerseminare sind im Allgemeinen eher ungeeignet für eine sexualtherapeutische Behandlung, weil sie nur auf ein oder zwei Wochenenden beschränkt sind und damit zu wenig Zeit zur Verfügung ist; außerdem stehen meist andere partnerschaftliche Probleme im Vordergrund, die ebenfalls einer Lösung bedürfen. Die Behandlung sexueller Probleme muss also vorwiegend im Anschluss ambulant im Rahmen der Weiterbehandlungs- und Nachsorgephase durchgeführt werden.
Wie entsteht ein Suchtkreislauf?
Saint-Exupéry hat diesen Teufelskreis in seinem Buch »Der kleine Prinz« treffend geschildert: »Warum trinkst du?« – »Weil ich mich schäme.« – »Warum schämst du dich?« – »Weil ich trinke.«
Im Prinzip kann jeder Konflikt Auslöser für die Entstehung erhöhten Alkoholkonsums sein, so auch ein Konflikt im familiären oder beruflichen Bereich. Der erhöhte Alkoholkonsum ruft jedoch wieder vermehrte Schwierigkeiten (Streitereien, Vorwürfe des Partners, finanzielle Probleme etc.) und berufliche Probleme (unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz, Angetrunkensein während der Arbeit usw.) hervor; die Konflikte häufen sich und der Drang danach, diesen Konflikten aus dem Weg zu gehen, wird immer größer.
Menschen, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, bei Konflikten, Spannungen oder Problemen zur Flasche zu greifen, werden als Erleichterungstrinker oder Konflikttrinker (siehe → S. 20 ) bezeichnet. Sie trinken Alkohol nicht bzw. nicht nur aus Genuss, sondern seiner Wirkung wegen. Die Gefahr, dass sich aus Erleichterungstrinken ein Suchtkreislauf entwickelt, ist besonders hoch (siehe Abb.).
Auch Gefühle wie Ängste, Minderwertigkeitsgefühle oder Wut kann man mit Alkohol zunächst übertünchen, um sie nicht ertragen zu müssen. Einsamkeit und Langeweile sind ebenfalls häufig Auslöser für Alkoholkonsum. Viele Menschen verbringen ihre Freizeit mit Fernsehen oder Videospielen, statt sie schöpferisch oder kreativ und im Kontakt mit anderen Menschen zu gestalten.
Sich Probleme durch Alkoholtrinken scheinbar zu erleichtern, bedeutet aber keinesfalls, dass diese Probleme auch gelöst werden – im Gegenteil, der Alkohol verhindert ihre Lösung, schafft aber zusätzlich neue Probleme! Alkohol ist deshalb kein geeignetes Mittel, mit Problemen fertig zu werden.
Welche Rolle spielen Beruf und Gesellschaft?
Es gibt ganz erhebliche Unterschiede bei der Häufigkeit von Alkoholismus in einzelnen Berufen. So sind Angehörige sogenannter »Alkoholberufe«, das heißt Berufe, die mit Alkoholproduktion und Alkoholvertrieb zu tun haben (z. B.
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