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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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vorgeschoben hat. Was soll das? Siebt sie ihre möglichen Kunden erst mal
vor, auch wenn sie sie kennt?«
    »Hier liegt offenbar irgendein
Mißverständnis vor. Sie sagen...«
    »Sie kam zu unserer
Ausstellungseröffnung. Pappmaché-Figuren von José Herrera. Sie interessierte
sich für eine davon — einen Tyrannosaurus Rex mit Dalmatinerkopf und betenden
Händen. Herrera kombiniert tierische und menschliche Elemente auf ungewöhnliche
Weise. Na, jedenfalls, so haben wir uns kennengelernt, als sie dieses Werk
bewunderte.«
    Ein Werk, das in meinem Haus
garantiert keinen Platz finden würde. »Und?«
    »Na ja, sie konnte sich nicht
entscheiden, also habe ich sie zum Essen eingeladen, in der Hoffnung, sie
überzeugen zu können, daß das eine gute Investition ist. Im Lauf des Abends
habe ich dann mein Problem mit meinem Partner erwähnt, und sie hat sich
erboten, dem nachzugehen. Besser sofortige Gewißheit als später ein böses
Erwachen, meinte sie. Ich habe das ja verstanden, aber Travis ist schon seit
der Oberstufe mein bester Freund, und der Gedanke, eine Detektivin auf ihn
anzusetzen, widerstrebte mir irgendwie. Also habe ich gesagt, ich würde es mir
überlegen, und als sie dann am nächsten Morgen gegangen war, habe ich
beschlossen, mir die Bücher mal genauer vorzunehmen.«
    »Als sie am nächsten Morgen
gegangen war?«
    Er realisierte seinen
Ausrutscher, und seine Lippen wurden schmal vor Ärger. »Ms.... Ich weiß nicht,
wer Sie sind und welche Position Sie hier bekleiden, aber das Privatleben Ihrer
Chefin geht Sie nichts an.«
    Ich stand auf, ging zu meiner
Tasche, die am Garderobenständer hing, nahm meine Ausweishülle heraus und
klappte sie vor ihm auf der Schreibtischplatte auf.
    »Guter Gott«, flüsterte er nach
kurzem Erstarren. »Wen zum Teufel hatte ich da in meinem Bett?«
     
    Diese Frau, erklärte Clive
Benjamin, sei etwa zehn Jahre jünger als ich, mir aber ansonsten äußerlich
ziemlich ähnlich. Gleiche Statur, Frisur und Haarfarbe, aber im Gegensatz zu
mir nichts Indianisches in den Zügen.
    Sondern? Wie sah ihr Gesicht
aus? fragte ich.
    Hübsch.
    Ähnlichkeit mit irgend
jemandem, einer Schauspielerin vielleicht oder sonst einer berühmten Person?
    Vielleicht mit Susan Dey, die
in L. A. Law mitgespielt hatte.
    Ich kannte den Namen, hatte die
Serie aber nie gesehen. Da ich während meines Berufslebens immer eng mit
Anwälten zusammengearbeitet habe, kann ich mit Courtroom-Dramen, die der
Wirklichkeit nur selten nahekommen, nicht viel anfangen.
    »Okay«, sagte ich, »was hatte
sie an?«
    »So ein petrolfarbenes
Seidenkleid — eng. Teuer. Ich habe das Etikett gesehen. Es stammte aus einer
Designerkollektion bei Saks.«
    Petrolfarbene Seide, genau wie
die Frau, die sich auf der Film-Council-Party für mich ausgegeben hatte. Eine
Farbe, die ich liebe, aber nicht tragen kann; sie gibt meiner Haut so einen
Schmutzton.
    »Mr. Benjamin, wie stand ihr
diese Farbe? Sah sie darin gut aus?«
    »Sie sah phantastisch aus.«
    Rae mit ihrem Rotschopf sah in
Petrol ebenfalls phantastisch aus. Und auch Charlotte Keim mit ihrem üppigen,
schwarzen Haar. Aber die meisten Frauen meines Typs... »Ihr Haar, hätte es
gefärbt sein können? Oder eine Perücke?«
    Benjamin überlegte und nickte
dann. »Jetzt, wo Sie’s sagen, in dem Punkt war sie ziemlich... eigen. Wollte
nicht, daß ich ihr durchs Haar fahre oder es überhaupt irgendwie berühre. War
schon komisch — eine so leidenschaftliche Frau, die Angst hat, man bringt ihre
Frisur durcheinander.«
     
    Die Situation mit Clive
Benjamin war so peinlich, daß ich ihn schließlich an Joanna Stark verwies, eine
Bekannte aus Sonoma und zeitweise aktive Teilhaberin einer auf
Sicherheitsdienste für Galerien und Museen spezialisierten Firma hier in San
Francisco. Joanna, eine scharfsinnige Ermittlerin, die die Sprache der
Kunstszene sprach, konnte ihm mehr nützen als irgend jemand von meinen Mitarbeitern.
Als Gegenleistung für die Weitervermittlung rang ich ihm das Versprechen ab,
sich sofort mit mir in Verbindung zu setzen, sollte er je wieder von der
falschen McCone hören.
    Als er weg war, blieb ich noch
ein Weilchen an meinem Schreibtisch sitzen, lauschte dem Gepladder des Regens
und dachte über diese jüngste Wendung der Ereignisse nach. Ein dummer
Partystreich war eine Sache, sich für mich auszugeben und mit einem flüchtigen
Bekannten ins Bett zu steigen, eine ganz andere. Und dann diesem Mann auch noch
meine Dienste zu offerieren und meine Karte zu

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