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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Klientin tun
würdest. Ich knipste die Lichter aus und ging in die Küche, um mir Wein nachzuschenken.
Dann fiel mir der Anrufbeantworter ein. Zwei Botschaften. Eine davon
hoffentlich von Hy.
    Am Dienstag und am Mittwoch
waren kurze Nachrichten von ihm auf dem Band gewesen, aber ich hatte ihn weder
in seinem Hotel noch im RKI-Büro in Buenos Aires erreichen können. Die
Botschaft von gestern abend hatte besagt, daß er frühmorgens abreisen würde, um
die Werksanlagen eines Klienten im Süden des Landes zu inspizieren. »Ich weiß
noch nicht, wo ich dort übernachte«, hatte er gesagt, »also werde ich bei
Gelegenheit wieder anrufen.« Das wiederholte Scheitern unserer
Kommunikationsversuche beunruhigte mich nicht wirklich, auch wenn ich dringend
mit ihm reden wollte. Hy und ich hatten wohl mehr Zeit mit solchen
telefonischen Fangenspielchen zugebracht als die meisten anderen Paare, aber
wir hatten immer schon eine emotionale Verbindung über Zeit und Raum hinweg.
Jetzt drückte ich hoffnungsfroh die Abspieltaste.
    »Sharon, noch mal Jeff Riley.
Einer von den anderen Wartungsmechanikern hat mir erzählt, daß er heute
nachmittag draußen bei der Zwo-acht-neun eine Frau hat rumhängen sehen, die
wohl ziemlich genauso aussah wie die, mit der ich geredet habe. Die Maschine
scheint soweit okay, aber ich werd mal rumfragen, ob noch jemandem was
aufgefallen ist.«
    »Ms. McCone, hier ist Cecily
vom Eddie-Bauer-Kundenservice. Die Nylonjacke, die Sie bestellt haben, ist
leider in Ocker vergriffen, aber in Blau haben wir sie noch vorrätig. Falls Sie
mit der Farbe umdisponieren wollen, rufen Sie mich bitte unter unserer kostenlosen
Kundenservice-Nummer an.«
     
    Ich liege flach auf dem Rücken,
an Knöcheln, Taille und Schultern festgeschnallt. Mein Arm liegt gestreckt
neben meinem Körper und... oh, da steckt eine Nadel tief in der Vene, mit einem
leuchtend dunkelroten Schlauch dran. Komisch, es tut gar nicht weh, aber ich
bin müde, so müde...
    Eine Schwester in
petrolfarbener Schwesterntracht beugt sich über mich, so daß ihr Gesicht dicht
über meinem ist, und fragt: »Wie geht’s?«
    Es kümmert sie nicht wirklich;
das höre ich an ihrem Ton. Ich schaue sie an und sehe mein eigenes Spiegelbild.
    Ich frage: »Was machen Sie mit
mir?« Und sie antwortet: »Ich nehme eine Blutprobe.«
    »Blutprobe? Sie nehmen mir mein
Leben!«
    Sie lächelt und entschwindet.
     
     
     

Freitag
     
    »... Und der Kerl bringt jede Menge
Fertigfood mit nach Hause, ißt es aber nie auf, deshalb ist sein Müll voller
Pappbehälter mit verrottetem China-Imbiß-Zeug und Pizza — Shar, hörst du
überhaupt zu?«
    »Was?« Ich sah Mick
stirnrunzelnd an.
    »Hab ich mir’s doch gedacht. Wo
bist du denn heute morgen?«
    »In einer fernen Galaxie,
schätze ich. Also, du sagst...?«
    »Unterm Strich, daß ich den
widerlichen Müll von diesem Kerl durchsucht und zwei vielversprechende Hinweise
gefunden habe.«
    Oh, richtig — die
Vermögenshinterziehung. »Und zwar?«
    »Umschläge von CBIC Bank
& Trust auf den Cayman-Inseln und der Private Banking-Abteilung der
Swiss Bank hier in San Francisco.«
    »Nur Umschläge?«
    »Ja, aber das sind schon mal
zwei Anhaltspunkte. Dafür hat sich’s schon fast gelohnt, mich durch gebrauchte
Kleenextücher und schimmelige Fressalien zu wühlen.«
    »Du hast doch hoffentlich
Handschuhe benutzt.«
    »Worauf du dich verlassen
kannst.«
    »Hör mal, warum besprichst du
das nicht mit Keim? Sie kann dir vielleicht ein paar Informationen —«
    »Lotties Bankfach-Kenntnisse
habe ich bereits angezapft, und ich glaube, ich weiß auch schon, wie ich die
Sache angehen kann. Mein Bericht dürfte spätestens Montag um zwölf auf deinem
Schreibtisch liegen.«
    »Gut.«
    Mick sah enttäuscht drein. »Geh
auf elf Uhr siebenundfünfzig.« Automatisch sagte ich: »Elf Uhr
siebenundfünfzig, und du kriegst ein Steak im Boondocks.«
    »Lieber hätte ich, daß du mir
erzählst, was los ist.«
    Micks anteilnehmende Reaktion
auf meine Zerstreutheit überraschte und rührte mich. Ich hatte manchmal das
Gefühl, ihm gegenüber seit Jahren ausschließlich die Gebende zu sein. Offenbar
bahnte sich da jetzt eine Veränderung an. Einen Moment lang war ich versucht,
ihm alles zu erzählen.
    Aber ich brachte es nicht über
mich. Mick hatte öfters Tendenzen gezeigt, unverantwortliche und potentiell
gefährliche Ermittlungswege einzuschlagen, und in seiner neuen Besorgtheit um
meine Person würde er es vielleicht auch jetzt tun. Also sagte

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