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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Flat einen sehr teuren Wein getrunken und eine meiner
Skulpturen mitgehen lassen. Und sie hat Ihre Karte auf meinem Couchtisch
hinterlegt.«
    Himmel!
    »Die Skulptur — ist sie
wertvoll?«
    »Hält sich in Grenzen. Ein
Geschenk eines dankbaren, aber nicht sonderlich erfolgreichen Künstlers.«
    »Haben Sie die Polizei
benachrichtigt?«
    »Nein. Um ehrlich zu sein, das
Ganze ist mir ziemlich peinlich, und ich möchte es nicht noch an die große
Glocke hängen.«
    »Verstehe. Mir ist es auch
peinlich. Haben Sie die Schlösser auswechseln lassen?«
    »Gleich heute morgen.«
    »Gut. Könnten Sie mir die
fehlende Skulptur beschreiben?«
    »Sie ist klein, etwa dreißig
Zentimeter hoch und einen halben Meter lang. Eine Liegende, auf einem Postament,
weiß... na ja, ich will Sie nicht mit den technischen Details langweilen. Es
ist eine Aktfigur. Der Brustkorb ist geöffnet, so daß die Rippen und Organe
freiliegen, und das Schädeldach fehlt. Das Werk trägt den Titel Autopsie.«
    Ich spürte, wie sich mein Magen
zusammenkrampfte. »Kein Wunder, daß der Künstler nicht sonderlich erfolgreich
ist.«
    »Das Stück ist noch eins seiner
besseren Werke.«
    »Na ja, wenn sie mir begegnet,
werde ich dafür sorgen, daß Sie sie zurückkriegen.«
    Autopsie.
    Mein Gott. Hatte sie das Ding
gesehen, Gefallen daran gefunden und es spontan mitgenommen? Oder steckte da
mehr dahinter? Wußte sie, daß Benjamin mit mir Kontakt aufgenommen hatte, und
war sie noch einmal in seine Wohnung zurückgekehrt, um mir eine Botschaft zu
übermitteln?
     
     
     

Donnerstag
abend
     
    »Was zum Teufel...?« knurrte
ich, als ich beim Betreten meines Hauses mit dem Knie gegen irgend etwas
krachte. Es war schon nach neun, und ich war gründlich schlechter Laune. Ich
hatte Ted bei seinem üblichen Ritual beschattet und war dann zum Pier
zurückgekehrt, um ein vom Mittag übriggebliebenes halbes Sandwich zu essen und
einen weiteren Stapel meines scheinbar endlosen Papierkrams abzubauen — ständig
damit beschäftigt, Clive Benjamins groteske Skulptur und die Frau, die sie
entwendet hatte, aus meinem Kopf zu verscheuchen. Ich grabbelte nach dem
Lichtschalter und schaute zu Boden, während ich mit den Codetasten der
Alarmanlage zugange war.
    Pakete. Mehrere Stapel.
Zweifellos von UPS vor der Tür deponiert und von Michelle Curley, der kleinen
Katzenbetreuerin, in die Diele verfrachtet. Ich inspizierte die Aufkleber:
Macy’s, Crate & Barrel, Williams-Sonoma, Nordstrom’s.
    Ich hatte seit der
Vorweihnachtszeit in keinem dieser Kaufhäuser mehr eingekauft und auch keine
postalische oder telefonische Bestellung aufgegeben.
    »Was hat sich das Miststück
jetzt wieder ausgedacht?«
    Ich schleppte die Pakete ins
Wohnzimmer und setzte sie mitten auf dem Fußboden ab. Ralph und Allie kamen von
ihren jeweiligen Schlafplätzen angetigert, beschnüffelten die jüngsten
Bereicherungen unseres Haushalts und trollten sich zu ihrem Freßnapf.
    »Ganz meinerseits!« fauchte
ich.
    Sie ignorierten mich.
    Ich folgte ihnen in die Küche,
um mir ein Messer zu holen, ging wieder ins Wohnzimmer, setzte mich auf den
Boden und begann, die Pakete zu öffnen. Macy’s sandte mir einen
Kaschmirpullover in meiner Größe und meinem Lieblingsgrünton. Von Crat
& Barrel kam ein komplettes Set meines Eßbestecks. Williams-Sonoma
lieferte ein Dreierpack Weinessig, in meinen bevorzugten Geschmacksrichtungen.
Und die Versandabteilung von Nordstrom’s hatte irgendwie erraten, daß ich die
Parfümmarke Paris benutzte. Die gesamten Kosten waren auf mein
Kundenkonto oder meine Kreditkarte gegangen. Es würde mich eine Menge Zeit und
Mühe kosten, das rückgängig zu machen.
    Wut stieg mir die Kehle empor,
und ich biß die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Dann schien plötzlich ein
immenser Druck von allen Seiten auf mich einzupressen, so daß mir das Atmen
schwerfiel. Reiß dich am Riemen, McCone. Noch lange kein Grund zu hy per
ventilieren. Außerdem ist das die Art Vergehen, für die du sie drankriegen
kannst.
    Als ich mich wieder besser
fühlte, schleppte ich mich in die Küche, wo ich das Messer in die Schublade
zurücklegte und mir ein ordentliches Glas Wein eingoß. Die Katzen folgten mir
ins Wohnzimmer. Ralphie legte sich neben mich aufs Sofa, und Allie sprang auf
die Rückenlehne, um sich an meinen Kopf zu schmiegen.
    »Na, klar. Jetzt, wo ihr
gefressen habt, könnt ihr mein Dasein zur Kenntnis nehmen.«
    Ralphie gähnte, und Allie
begann zu schnurren.
    Okay, McCone,

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