Wenn alle anderen schlafen
Mobilfunknetz als
deins ausweist. Die geklonten Handys werden für etwa fünfundsiebzig Dollar
gehandelt, mit der Garantie, daß man sie mindestens einen Monat benutzen kann,
ehe der echte Kunde oder die Mobilfunkgesellschaft dahinterkommt. Ohne eine
solche Garantie kriegt man die Dinger schon für zehn Dollar. Drogendealer und
andere Kleinkriminelle stehen drauf.«
Wie diese Frau, die mich
vernichten wollte.
»Und wenn jemand ein bestimmtes
Handy klonen will und die Nummer schon kennt?«
»Kleinigkeit.«
»Und es gibt gar keinen Schutz
gegen so was?«
»Die Mobilfunknetze fangen
gerade an, welche einzubauen. Es gibt da ein System namens RF-Fingerprinting,
das die Betrugsrate in manchen Gegenden schon auf fünfundsiebzig Prozent
gedrückt hat. Aber das ist teuer, wenn es so viele Funkstützpunkte gibt wie hier
in der Bay Area, deshalb wird es noch nicht überall praktiziert. Die gute
Nachricht ist, daß deine Klientin die Gespräche, die sie nicht selbst geführt
hat, vermutlich auch nicht bezahlen muß.«
Er griente jetzt noch breiter,
aber mir wurde klar, daß das, was ich vorhin für Selbstgefälligkeit gehalten
hatte, in Wirklichkeit etwas anderes war: Mick freute sich, daß er mir helfen
konnte. Es gab ihm das Gefühl, etwas wert zu sein — und von mir geschätzt zu
werden.
»Danke, Schlaukopf.« Ich
drückte ihn fest und ließ ihn glücklich und verlegen in seinem Büro zurück.
Freitag
abend
Es war dunkel und still in der
nebelgetränkten Alley zwischen Mission und Howard Street. Plötzlich klirrte
irgendwo vor mir Glas, und eine Männerstimme brüllte etwas Unverständliches,
alkoholgeschmiert und wuterstickt. Ich duckte mich hinter einen übelriechenden
Müllcontainer, die .357 in der Hand.
Schlurfende Schritte näherten
sich. Eine vierschrötige Gestalt schlich sich an mir vorbei, mit gesenktem
Kopf, krummen Schultern und baumelnden Armen. Er hatte die geleerte Flasche
zerschmissen, weil sie ihm keinen Trost mehr bot: Wo sollte er, blank wie er
war, mitten in dieser Winternacht eine neue herkriegen?
Ich erstarrte im
Schattendunkel, wartete, daß er verschwand. Hörte ihn schluchzen, während er
weitertorkelte, zur Sixth Street, Herzstück der Skid Row und Endstation für so
viele seinesgleichen.
Himmel, was wollte Ted um diese
Zeit hier? Irgendwas, was mit dem Geld in dem Versandtaschenkarton zu tun
hatte. Ich hatte noch mal dort reingeguckt, ehe ich das Piergebäude verlassen
hatte, um ihm bei seinem abendlichen Ritual zu folgen: Das Geld war weg
gewesen.
Um elf, lange nachdem ich die
Observierung beendet und mich nach Hause begeben hatte, um dort weitere
Telefonate meiner verstörten Angehörigen zu beantworten, hatte Neal angerufen.
Ted habe erklärt, er wolle in eine Mitternachts-Sondervorstellung von Die
schwarze Natter, und zwar allein. Neal meinte, das klinge sehr nach einer
Ausrede, um zwei, drei Stunden wegzukommen. Ted sei ein großer Bogartfan und
könne vermutlich jederzeit die Handlung des Films hersagen, um seine Story zu
untermauern. Also fuhr ich wieder zurück in die Plum Alley und war kaum dort
angelangt, als Teds Wagen auch schon aus der Garage stieß und in Richtung SoMa
strebte.
Ted parkte auf einem
durchgehend bewachten Parkplatz an der Mission und marschierte dann rasch in
Richtung Sixth Street. Ich folgte ihm im MG, besorgt, weil er hier im Dschungel
der City so schmal und verletzlich wirkte. Doch Ted bewegte sich auf eine
selbstbewußte Art, die verkündete, daß man sich mit ihm besser nicht anlegte,
und an den wenigen, die auf ihn zusteuerten, streifte er ohne Blickkontakt
vorbei.
Als er in der Alley verschwand,
erspähte ich eine Parklücke an der Sixth und parkte ein. Sofort trat ein langer
Schwarzer, dessen Berufsstand an der protzigen Kleidung und dem üppigen
Goldschmuck leicht erkennbar war, an den MG heran und strich vielsagend mit der
Hand über die Haube. Ich stieg aus, zeigte ihm einen Zwanziger und sagte: »Wie
wär’s, wenn Sie auf ihn aufpassen?«
»Ich bin kein verflixter
Portier.«
Ich zeigte ihm noch einen
Zwanziger und ließ meine Umhängetasche so aufklappen, daß die .357 sichtbar
wurde.
Er zögerte, nickte und nahm die
Scheine. In dieser Gegend wimmelte es allnächtlich von Zivil-Cops. Tu einer
Polizistin einen Gefallen, dann wird sie sich vielleicht irgendwann
revanchieren.
Und jetzt kauerte ich hier in
der Alley, atmete giftige Mülldünste und fragte mich, wo Ted abgeblieben war.
Als der Betrunkene außer Sicht
war, richtete ich
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