Wenn Brot & Getreide krank machen
der anderen Gruppe (zu der auch sehr oft Patienten mit Fruktose- und/oder Laktoseintoleranz gehören) genügt, die tägliche Glutenaufnahme stark einzuschränken. Eine glutenarme Ernährung ist also völlig ausreichend.
Was ist Gluten?
Gluten ist ein Sammelbegriff für die Klebereiweiße im Weizen. Klebereiweiße sind die Bestandteile im Mehlkörper des Korns, die dem Brotgetreide seine Backfähigkeit geben.
Alle Brotgetreidearten enthalten solche Klebereiweiße. Allerdings in unterschiedlichen Mengen und auch die Eiweißbestandteile der verschiedenen Getreidesorten unterscheiden sich. Sie werden in Albumine, Globuline, Prolamine und Gluteline unterteilt. In den verschiedenen Getreidesorten haben die Prolamine und Gluteline wiederum unterschiedliche chemische Eigenschaften und werden deshalb auch unterschiedlich bezeichnet (siehe Tabelle).
Eiweißbestandteile in verschiedenen Getreidesorten (modifiziert nach Berlitz et al. 2001).
Getreideart
Albumin
Globulin
Prolamin
Glutelin
Weizen
Leukosin
Edestin
Gliadin
Glutenin
Roggen
Secalin
Secalinin
Gerste
Hordein
Hordenin
Hafer
Avenin
Avenalin
Mais
Zein
Zeanin
Hirse
Kafirin
Reis
Oryzin
Oryzenin
Die farbig markierten Getreidearten bzw. Eiweißbestandteile sind bei Glutenempfindlichkeit nicht als Nahrungsmittel geeignet.
Als besonders problematisch haben sich die Prolamine des Weizens – also die Gliadine – erwiesen. (Innerhalb der Gliadinfraktion unterscheidet man noch α-Gliadin, γ-Gliadin und mehrere ω-Gliadine.) Die in der Tabelle genannten Eiweißbestandteile von Roggen, Gerste und zum Teil auch Hafer sind bei Glutenempfindlichkeit schlecht verträglich. Einige wenige Menschen vertragen auch Mais nicht.
Warum macht Gluten heute mehr Probleme als früher?
Die Antwort darauf ist einfach: Weil wir noch nie in der Geschichte der Menschheit derart große Glutenmengen in unserer Nahrung vorgefunden haben. Die Zahlen sprechen für sich: Die weltweite Getreideproduktion hat von 780 Millionen Tonnen im Jahr 1956 auf 2050 Millionen Tonnen im Jahr 1996 zugenommen (Berlitz et al. 2001), das heißt, sie hat sich in 40 Jahren fast verdreifacht. In dieser Zeit ist der Anteil des Weizens an der Weltgetreideproduktion beständig gewachsen, und es wurden ständig neue Weizensorten mit noch höherem Glutengehalt gezüchtet. Das bedeutet, dass wir alle in den letzten Jahrzehnten unbemerkt immer mehr Gluten mit der Nahrung aufgenommen haben. Der Konsum von Backwaren ist zwar seit dem Jahr 2000 leicht zurückgegangen, auf die Häufigkeit der glutenbedingten Erkrankungen wirkt sich das derzeit aber offenbar noch nicht aus. Und der Glutengehalt des Mehls nimmt weiter zu.
Selbst wenn man sich ausschließlich von Bioprodukten ernährt oder das Getreide im eigenen Garten anbaut, kann man dieser Entwicklung nicht mehr entkommen, da es mittlerweile fast keine ursprünglichen, glutenarmen Getreidesorten als Saatgut mehr zu kaufen gibt. Diese Entwicklung hat wirtschaftliche Gründe und ist auch auf unser Konsumverhalten zurückzuführen: Wir lieben es, frisches Brot zu essen, welches locker und knusprig ist. Niemand möchte Brot oder Kuchen, die »pappig« oder »sitzengeblieben« sind. Damit die Backwaren schön »luftig« werden, muss das verwendete Mehl einen hohen Glutenanteil haben. Oft wird den Mehlmischungen sogar noch reines Gluten in Pulverform zugesetzt. Gluten kleidet nämlich die Bläschen, die die Backtriebmittel im Brot erzeugen, mit einer Eiweißhülle aus und stabilisiert sie so. So hat unser Wunsch nach höheren Gaumenfreuden eine Entwicklung in Gang gesetzt, die sich nicht mehr aufhalten lässt. Dass man damit auch mehr Geld verdienen kann, hat den Trend lediglich verstärkt. Offenbar hat immer noch niemand gemerkt, dass das Gluten im Weizen und in anderen Getreidearten für sehr viele gesundheitliche Probleme verantwortlich ist. Warum sonst geht die Entwicklung weiterhin ungebremst in Richtung immer glutenhaltigerer Getreidesorten?
Die Getreidesorten werden immer glutenhaltiger, das macht die Backwaren »schön luftig« – aber leider auch unverträglich für viele Menschen.
Zöliakie – wenn Gliadin krank macht
Am besten bekannt ist die schädigende Wirkung von Gluten bei Patienten mit Zöliakie. Auch wenn der genaue Mechanismus der Krankheitsentstehung noch umstritten ist, wird doch die krankmachende Wirkung des Gliadins inzwischen allgemein anerkannt. Wir wissen, dass der Glutenbestandteil Gliadin in der Dünndarmschleimhaut immunologische Reaktionen auslöst,
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