Wenn das Glück dich erwählt

geheimnisvolle Geschöpfe«, erwiderte sie. »Ich bin keine Ausnahme.«
    »Nein, das glaube ich auch nicht«, stimmte Scully zu, und einen Moment lang war es fast so, als ob alle anderen um sie herum verblassen und in eine andere Welt entschwinden würden. »Iss dein Frühstück, Ma'am. Wir werden uns auf den Heimweg machen, sobald die Sonne aufgegangen ist.«
    Eine leise Erregung erfasste sie bei dem Gedanken, mit ihrem Mann auf der geliebten Ranch allein zu sein. Sie nickte zustimmend und zwang sich, aufzuessen. Es würde eine lange, anstrengende Reise werden, die ihre ganze Energie erfordern würde.
     
    Abigail richtete sich kurz auf, um ihre Mutter zu umarmen und ihrer Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass Big John sie auf dem Weg zur Ranch auf einem seiner Rinder reiten lassen würde, und schlief dann augenblicklich wieder ein. Lächelnd küsste Evangeline die Kleine auf die Stirn, deckte sie gut zu und ging leise aus dem dunklen Raum.
    Der Sonnenaufgang war ein wundervolles Schauspiel an jenem Tag, als Scully Evangeline auf sein Pferd hob und sich dann hinter ihr auf seinen Rücken schwang. Seine starken Arme umfingen sie, als er nach den Zügeln griff, und sein Atem drang warm durch ihr Haar.Evangeline lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzen an ihn, froh, dass sie endlich auf dem Weg nach Hause waren.
     
    28. Januar 1874
     
    Meine liebe Rachel! Ich war begeistert, als ich deinen Brief erhielt, indem du versprachst, nach Springwater zu kommen und die Aufgabe der Lehrerin in unserem brandneuen Schulhaus zu übernehmen. Klar, ich weiß, dass es dem Brimstone Saloon direkt gegenüberliegt, aber es kommt tagsüber fast nie zu Schießereien, sodass du dir in dieser Hinsicht also keine Sorgen machen musst.
    Obwohl Abigail vielleicht nicht dort zur Schule gehen wird, weil die Entfernung zu beträchtlich ist, macht es mich glücklich zu wissen, dass du nun nahe genug sein wirst, um regelmäßig zu Besuch zu kommen! Ich kann es kaum erwarten, geliebte Freundin, deine Stimme zu hören und dein liebes, vertrautes Gesicht wiederzusehen. Es gibt so viel, was ich dir erzählen muss, und natürlich möchte ich auch alles über unsere Freunde und Nachbarn daheim in Pennsylvania hören. Denk bitte bloß nicht, du müsstest mir einen Skandal ersparen - ich will alles wissen!
    Wir leben jetzt in unserem neuen Haus auf der Weide oben am Hang, und sowohl Abigail wie auch der kleine John Jacob (wir nennen ihn JJ, wie du dich bestimmt erinnern wirst), wachsen schneller als das Sommerunkraut. JJ ist jetzt zwei und weicht Abigail nicht von der Seite, solange sie es zulässt. Sie reitet sehr viel, und da auch JJ reiten möchte, bringt Scully es ihm schon bei. Beide Kinder begleiten ihn und seine Rancharbeiter häufig, wenn sie nach verlaufenen Rindern Ausschau halten. Ich muss die Gunst des Herrn genießen, denn ich bete viel! Ich hoffe, dass das neue Baby, das wir etwa zum Zeitpunkt deiner Ankunft hier erwarten, ein Mädchen sein wird, und vor allem eins, das zu etwas weiblicheren Beschäftigungen neigt. Abigail bringt wenig Interesse für Nähen, Kochen und so weiter auf.
    Inzwischen wirst du den Bankscheck für deine Reisekosten und die Lesebücher, die du mitzubringen versprochen hast, bereits erhalten haben. Würdest du mir einen großen Gefallen tun, falls es in deiner Macht steht? Ich würde es natürlich verstehen, falls es dir nicht möglich sein sollte, aber weißt du, ich habe in diesen langen trüben Wintertagen oft an den großen alten Hibiskus Strauch gedacht, der am Ende von Claras Garten steht - du wei ßt schon, der mit den feuerroten Blüten. Ist er noch da? Könntest du mir - bitte, bitte - einen Steckling davon mitbringen? Ich würde mich sehr darüber freuen und wäre dir ewig dankbar.
    Aber ich wollte dir ja von unserem Haus erzählen. Scully hat es mit seinen eigenen Händen gebaut, zum größten Teil zumindest, da einige seiner Cowboys mitgeholfen haben. Es ist ein Blockhaus, aber ziemlich groß, mit zwei Etagen. Es hat drei Kamine und vier Schlafzimmer. Aber das Beste von allem ist, dass wir Wassertanks haben, einen in der Küche und einen im Badezimmer. Was für ein Luxus, Rachel! Ich kann ein heißes Bad nehmen, wann immer ich den Wunsch verspüre, was praktisch jeden Abend ist. Ich muss zugeben, dass ich mir richtig dekadent vorkomme. Aber wir alle arbeiten natürlich auch sehr hart, weil das Land es nun einmal erfordert.
    Liebste Freundin, ich weiß, dass du geschworen hast, niemals zu heiraten, aber ich