Wenn das Herz heimkehrt: Mittsommerträume (German Edition)
links und rechts des Kanals wirkten wie Ansammlungen von Spielzeughäusern für Riesen.
Überrascht stellte Katrina fest, dass sie überhaupt keine Furcht mehr verspürte. Ihr ganzes Leben lang war sie stets von schlimmen Ängsten gequält worden, sobald sie auch nur einen Fuß in ein Flugzeug setzte. In ihrem Job als Immobilienmaklerin ließ es sich freilich nicht immer vermeiden, dieses Verkehrsmittel zu nutzen, und sie hatte es irgendwie geschafft, sich damit zu arrangieren. Aber regelrechtes Vergnügen bei einem Flug zu empfinden, das war ihr bislang noch nicht widerfahren.
Sie war froh, dass es Lars schließlich doch noch gelungen war, sie zu überzeugen, der “Anka” eine Chance zu geben. Und als die Reise schließlich zu Ende ging, verspürte sie fast ein wenig Wehmut darüber. Doch die anschließende Fahrt mit dem Taxi quer durch Stockholm bis hinein in den modernen Stadtteil Norrmalm, nördlich der Gamla Stan – der Altstadt –, entschädigte sie für alles.
“Es scheint eine Ewigkeit her zu sein, seit ich zum letzten Mal hier war”, sagte sie zu Lars. “Abgesehen vom Flughafen habe ich in den vergangenen Jahren nichts von Stockholm gesehen. Dabei liebe ich diese Stadt.”
“Vielleicht haben wir ja nach unserem Treffen mit Gunnar noch ein wenig Zeit für einen kleinen Stadtbummel.” Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. “Aber erst mal müssen wir wohl den eigentlichen Grund unserer Reise hinter uns bringen.”
“Du freust dich nicht gerade darauf, deinen Bruder wiederzusehen”, stellte Katrina fest. “Willst du mir nicht erzählen, was zwischen euch vorgefallen ist? Ich meine, Gunnar und du, ihr habt euch nie besonders gut verstanden, aber ehe ich fortging, waren die Fronten noch nicht so verhärtet.”
“In der Zwischenzeit ist viel passiert”, erklärte Lars ausweichend. “Aber ich möchte dich nicht mit unseren Familienstreitereien belasten.” Er blickte auf seine Uhr. “Wir haben noch etwas Zeit. Möchtest du vielleicht einen Kaffee trinken?”
Katrina beschloss, das Thema vorerst fallen zu lassen. Sie konnte Lars nicht zwingen, mit ihr darüber zu sprechen, und über kurz oder lang würde sie hoffentlich ohnehin alles erfahren.
“Vielleicht später”, erwiderte sie. “Ich denke, wir sollten es nicht länger hinauszögern. Komm, lass uns schauen, ob Gunnar schon da ist.”
Lars wirkte angespannt, widersprach jedoch nicht. Kurz darauf hielt das Taxi vor einem großen, gläsernen Bürogebäude, und sie stiegen aus.
“Ziemlich beeindruckend.” Katrina legte den Kopf in den Nacken und schaute nach oben, wo das Glas der Fassade mit dem Himmel zu verschmelzen schien. “Gunnars Werbeagentur scheint recht gut zu laufen, wenn er sich ein Büro in diesem Palast leisten kann.”
“In der Tat”, entgegnete Lars. “Aber er hat seinen geschäftlichen Erfolg teuer bezahlt.”
Da er seine Worte nicht weiter erläuterte, ging sie nicht darauf ein. Schweigend betraten sie das Gebäude und meldeten sich am Empfangstresen an. Kurz darauf standen sie in einem gläsernen Aufzug, der sie bis ins Dachgeschoss hinaufbeförderte. Hier wurden sie von einer attraktiven Schwarzhaarigen erwartet, die auf Katrina einen mehr als kühlen Eindruck machte.
“Mein Name ist Britt”, sagte sie mit einem einstudiert wirkenden Lächeln. “Sie müssen Gunnars Bruder Lars sein. Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Anreise?” Ihr Blick wanderte zu Katrina. “Gunnar hat nicht erwähnt, dass Sie in Begleitung kommen würden.”
Unwillig schüttelte Lars den Kopf. “Ist Gunnar da? Wir sind ein bisschen früh dran, aber ich würde gern so schnell wie möglich mit ihm sprechen.”
“Es tut mir leid, aber Ihr Bruder musste leider kurzfristig verreisen. Ich erwarte ihn morgen in den späten Nachmittagsstunden zurück.”
“Was? Das ist doch nicht zu fassen!” Ungläubig schaute Lars die Sekretärin an. Dann wanderte sein Blick zu Katrina. “Da siehst du es! Zuerst ist er zu einem Gespräch bereit, und dann verschwindet er durch die Hintertür! Ich wusste doch gleich, dass diese ganze Sache keinen Sinn macht.”
“Ich habe vergeblich versucht, Sie auf Ihrem Handy zu erreichen”, erklärte Britt weiter.
“Das kann überhaupt nicht sein!”, protestierte Lars und nahm sein Mobiltelefon aus seiner Jacke. Dann ließ er es mit einem unterdrückten Fluch zurück in die Tasche gleiten. “Das ist doch … der Akku ist leer!”
Beruhigend legte Katrina ihm eine Hand auf die Schulter. “Jetzt reg
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