Wenn das Schlachten vorbei ist
Handtasche, dem Schal, der Brille, die sie kurz aufgesetzt hatte, um die Preise auf der Weinkarte entziffern zu können, der Weinkarte, die LaJoy ihr nicht angeboten hatte, als würde ihre Meinung – die Meinung einer Saketrinkerin – nicht zählen, und es war ihr egal, ob es ihre erste Verabredung war oder nicht. Sie schob den Stuhl zurück, als Giancarlo mit ernstem Gesicht an ihren Tisch trat, um ihnen oder vielmehr ihr und diesem gereizten, selbstgefälligen, unsensiblen, verkniffen lächelnden Angeber, in dessen Gesellschaft sie sich leider befand, zu sagen, es tue ihm sehr, sehr leid, aber er könne nicht Flasche um Flasche seiner besten Weine öffnen, wenn diese dann sogleich wieder zurückgeschickt würden.
Mit hängenden Schultern und brennendem Gesicht ging sie bereits zur Tür, als LaJoy – nicht Dave, sondern nur LaJoy und nie mehr anders – sagte: »Tja, scheiß drauf, dann gehen wir eben woandershin. In ein richtiges Restaurant. In einen Laden« – sie stellte sich vor, wie er über dem Tisch gestikulierte und ihm beim Aufstehen die Serviette vom Schoß glitt – »mit Klasse. Wo man was von Wein versteht.« Sie stürzte hinaus in den Abend und wandte sich nach rechts, fort von ihrer Wohnung, entgegengesetzt zu der Richtung, aus der sie gekommen waren, und sie bewegte sich rasch, hielt sich in den Schatten und hoffte leise fluchend, dass er sie nicht einholen würde.
Und jetzt ist er hier, an ihrem Strand, und kommt mit demselben hasserfüllten, selbstgerechten Blick auf sie zu, aber sie wird sich von ihm nicht den Morgen verderben lassen – sie wird ihn ignorieren, ja, das wird sie, sie wird an ihm vorbeigehen, als wäre er gar nicht vorhanden. Er ist noch zwanzig Meter entfernt, zehn, fünf, und die Hunde, straff gespannte Haut über Knochen und Sehnen, schnüffeln an ihr und stecken ihre überzüchteten Schnauzen in die Falten ihrer Jeans. »Hübscher Artikel in der Zeitung heute«, sagt er und bleibt genau vor ihr stehen, hämisch und schadenfroh. »Sagen Sie bloß, Sie haben ihn nicht gelesen. Über die kleine Feier gestern. Nein? He, bleiben Sie stehen, ich rede mit Ihnen!«
Sie ist an ihm vorbei, ihr Herz klopft heftig – Artikel? Welcher Artikel? –, und sie richtet den Blick auf die Felsen dort drüben und konzentriert sich darauf, ruhig weiterzugehen, denn sie wird nicht nachgeben, sie wird ihm nicht die Befriedigung zuteil werden lassen, sie rennen oder auch nur ihre Schritte beschleunigen zu sehen.
»He!« ruft er und wirbelt herum, um ihr die Worte nachzuschleudern, »he, Alma Boyd Takesue, Dr. Alma – wollen Sie nicht hören, was ich zu sagen habe? Oder wollen Sie es bestreiten? Sehen Sie mal im zweiten Teil nach, da steht ein hübscher Artikel von Toni Walsh. Mit einer tollen Überschrift: Die wahren Schädlinge auf Anacapa . Klingt doch gut, oder?«
Zwischen ihnen liegen jetzt dreißig Meter. Der Sand unter ihren Füßen ist feucht, die Wellen haben sich ganz zurückgezogen und sind so sanft wie in einer Badewanne. Vor ihr laufen Strandvögel herum. In der Ferne kommt ein weiterer Hundebesitzer in Sicht. Sie weiß: Der Morgen ist ihr verdorben. Sie kann jetzt nur noch daran denken, dass sie nach Hause gehen und diesen Artikel lesen muss, diesen Nagel im Sarg ihrer Bemühungen, die Gunst des Santa Barbara Press Citizen zu gewinnen. Wie sie bald feststellen wird, sind Toni Walshs erlauchter Meinung zufolge die Mitarbeiter des Park Service im allgemeinen und Dr. Takesue im besonderen die wahren Schädlinge auf Anacapa, denn sie glauben, sie könnten die Natur manipulieren und die Inseln in einen Themenpark verwandeln. Und Sickafoose, Tim Sickafoose, der beratende Ornithologe, der es doch eigentlich besser wissen müsste und mit einem Alkenküken in der behandschuhten Hand für kitschige Fotos posiert.
»Ich werde mit euch Schlitten fahren!« brüllt er ihr nach, und normalerweise würde sie über dieses Klischee lachen, doch es ist nichts Komisches an diesem kranken, hasserfüllten Mann, an seinen Zielen und der Schlacht, die bevorsteht. »Auf Santa Cruz kommt ihr damit nicht durch! Wir sehen uns vor Gericht, wartet’s nur ab!«
Sie fährt herum. Er steht da, in seinem T-Shirt, aufgeblasen, wütend, mit rotem Gesicht, und fordert sie heraus wie ein Schulhofschläger. Die Hunde haben sich von ihm entfernt, schnüffeln an einem Felsen am Wasser und werden gleich die Beine heben. Ein paar Joggerinnen – einheitliche weiße Shorts und Sonnenmützen, Arme und Beine in
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