Wenn dein Lächeln mich umarmt
Bad.
Nachdem sich Baronesse Stefanie überzeugt hatte, dass es ihrer Großmutter an nichts fehlte, suchte sie ihr eigenes Zimmer auf. Auch ihren Koffer hatte man bereits nach oben gebracht. Sie schlüpfte aus ihren Schuhen und öffnete die Balko n tür. Die hohe Düne versperrte den Blick auf das Meer, doch sie hörte sein Ra u schen. Tief sog sie den Geruch nach frischem Tang und Salz ein.
Gleich darauf wählte sie auf ihrem Handy Torbens Nummer. Nur seine Mailbox meldete. Enttäuscht hinterließ sie ihm eine Nachricht und legte auf. Sie hätte so gern vor seinem Abflug noch einmal mit ihm gesprochen.
Stefanie schlüpfte in Jeans, T-Shirt und Sandalen und verließ das Zimmer. Durch den Hintereingang des Hotels betrat sie den Garten. Sie folgte einem schmalen Weg, der zu einer ausgetret e nen Treppe führte.
Leichtfüßig stieg die junge Frau die Treppe zum Dünenkamm hinauf. Der Wind, der vom Wasser her über die Düne strich, grub sich in ihre Haare. Sie griff in die Tasche ihrer Jeans und steckte sie mit einer Spange zusammen.
Es war nicht nur die Sehnsucht nach Torben, die Stefanie e r füllte, sondern auch schweres Lampenfieber. Es erschien ihr sel t sam, dass sie bis zum Tod ihres Vaters niemals Angst gehabt ha t te, vor einem größeren Publikum aufzutreten.
"Wenn du wüsstest, wie sehr du mir fehlst, Papa", sagte sie le i se vor sich hin und beschattete die Augen mit der Hand, weil die Sonne sie blendete.
Vom Strand her schallten die Stimmen der Kinder zu ihr he r auf, die im flachen Wasser spielten. Ein kleiner, schwarzer Hund jagte den Dünenkamm entlang. Er verfolgte ein Strandkaninchen. Noch bevor er es erreichen konnte, verschwand es in se i nem Bau.
"Pech gehabt, mein Lieber", sagte Stefanie erleichtert und tä t schelte den Rücken es enttäuschten Jägers.
Der Hund warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu, als würde er sie für sein Pech verantwortlich machen, und trottete davon.
Stefanie ging weiter. Schon bald erreichte sie die Dünenpass a ge, die den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens der Ferie n anlage bildete. Auf der Terrasse des Restaurants, in dem die Ve r anstaltung stattfinden sollte, saßen noch die Leute beim Mittage s sen.
Hatte sie es wirklich nötig, sich ständig der Öffentlichkeit zu präsentieren? Statt sich auf ihren Auftritt vorzubere i ten, könnte sie jetzt in ihrem Arbeitszimmer auf dem Gut si t zen, oder mit ihrem Pferd ausreiten.
Sie dachte an den Artikel über die amerikanische Sängerin, den sie am Morgen in der Zeitung gelesen hatte. Die junge Frau hatte sich das Leben genommen, weil sie den Druck, der auf ihr lastete, nicht mehr ertragen konnte.
So weit darf es nicht mit mir kommen, dachte sie, und wird es auch nicht. Immerhin hatte sie Torben, der rechtzeitig die Reißle i ne ziehen würde.
In ihrem Hotelzimmer stand ein Strauß roter Rosen. Stefanies Herz begann schneller zu schlagen. Wer anders als Torben konnte ihr die Rosen geschickt haben? Sie griff nach dem Kär t chen, das an der Vase lehnte, und schlug es auf.
Nein, der Strauß war nicht von Torben, sondern von Sebastian Molhagen! Der Produzent hielt sich momentan in München auf. 'Ich wäre gern bei Ihrem Auftritt dabei. Leider geht das nicht. Toi... toi... toi... Ich denke an Sie. Ihr Sebastian.'
Baronesse Stefanie griff erneut nach ihrem Handy. Noch bevor sie Torbens Nummer wählte, wurde ihr bewusst, dass ihr Freund längst auf dem Flug nach Italien war. Sie legte das Handy auf den Nachttisch zurück.
Das Telefon klingelte. Die junge Frau hob den Hörer ab und meldete sich. Sie erfuhr, dass die Probe für ihren Auftritt in einer halben Stunde beginnen würde. Sie sollte sich in zwanzig Min u ten im Vortragssaal des Ferienzentrums einfinden.
Auf dem Weg zum Vortragssaal lernte Stefanie die drei and e ren Sänger kennen, die am Abend im Restaurant auftreten sol l ten. Es handelte sich um ein Geschwisterpaar aus Lüneburg und einen jungen Mann aus Köln. Auch sie standen noch am Anfang ihrer Karriere und ihr Lampenfieber stand dem ihren nicht nach. Das beruhige sie etwas.
Nach der dreistündigen Probe kehrte die junge Gutsherrin ins Hotel zurück. Ihre Großmutter war währenddessen aufgestanden und hatte sogar einen kurzen Spaziergang gemacht. Sie saß auf der Terrasse bei Kaffee und Kuchen.
Stefanie beugte sich über sie und küsste sie auf die Stirn. "Ich leg mich noch ein wenig hin", sagte sie. "Die Veranstaltung b e ginnt um acht Uhr. Kannst du mich um sechs wecken?"
"Ja." Die
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