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Wenn der Acker brennt

Wenn der Acker brennt

Titel: Wenn der Acker brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Maerker
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im Verlauf der Probe aufgefallen, dass es so besser klingt. Wann hätten wir dich denn fragen sollen? Du warst ja nicht da.«
    »Schon gut, es gefällt mir so.« Rick legte das Notenblatt auf den runden Holztisch neben sich, stützte sich auf die Balkonbrüstung und schaute in die Sonne.
    »Hast du mit Denninger gesprochen?«, fragte Johann.
    »Nein, ich habe beschlossen, es zu beenden. Ich werde die Wunden nicht wieder aufreißen. Es ist besser so, auch für ihn.«
    »Wenn du das sagst.«
    »Verdammt, Johann, du kennst doch die Geschichte. Ich war acht Jahre alt, ich kann ihm nicht helfen, seine Wahrheit zu finden.«
    »Woher willst du das wissen? Du hast es nie versucht.«
    »Ich werde diese Tür zur Vergangenheit endgültig schließen. Dreißig Jahre Trauer sind genug. Nach der Tournee schreibe ich Denninger, dass ich nie wieder nach Sinach kommen werde.«
    »Es geht nicht nur um seine Wahrheit, es geht auch um deine. Jeder hat offensichtlich eine andere Sicht auf die Ereignisse. Nur gemeinsam könnt ihr herausfinden, wie es wirklich war. Ihr werdet sonst beide keine Ruhe finden.«
    »Nein, es muss vorbei sein, endgültig.«
    »Rick, für dich!« Adam kam mit dem Telefon in der Hand auf den Balkon.
    »Wer ist es?«
    »Frau Weingard, deine Optikerin. Es geht um die Kontaktlinsen, die du bei ihr bestellt hast.«
    »Kontaktlinsen? Seit wann trage ich denn Kontaktlinsen?«
    »Schon okay, wenn du dein kleines Geheimnis für dich behalten willst, ich bin schon fort.« Adam reichte ihm grinsend das Telefon und verschwand wieder im Zimmer.
    »Nun frage sie schon, was sie will«, forderte Johann den Freund auf, der unschlüssig auf das Telefon starrte.
    »Ja, bitte?«, meldete sich Rick reserviert.
    »Herr Linden?«
    »Hören Sie, wenn Sie Journalistin sind, ersparen Sie uns bitte dieses Gespräch.«
    »Ich bin keine Journalistin.«
    »Aber auch nicht meine Optikerin.«
    »Nein, verzeihen Sie mir den kleinen Trick.«
    »Er wird Sie nicht weiterbringen.«
    »Hören Sie, Herr Linden, Georg Denninger hat mir gesagt, dass ich mich an Sie wenden soll.«
    »Warum sollte er das getan haben?«
    »Es geht um Amata Lachner. Würden Sie mir ein paar Fragen beantworten? – Herr Linden?«
    »Was ist los?«, wollte Johann wissen, als Rick das Gespräch wegdrückte.
    »Warte kurz«, bat Rick, während er die Rezeption anrief. »Hören Sie, wer hat gerade das Gespräch in mein Zimmer weitergeleitet? – Gut, und ist die Dame, die Sie darum gebeten hat, hier? – Ich weiß, wo die Lounge ist. Sagen Sie mir bitte nur noch einmal den Namen der Dame. – Danke.« Rick legte auf und wandte sich an Johann: »Tu mir einen Gefallen und finde heraus, wer sie ist.« Er deutete auf das Notenblatt, auf das er den Namen der Anruferin geschrieben hatte.
    »Christine Weingard? Was ist mit ihr?«
    »Sie behauptet, Denninger habe sie zu mir geschickt, aber das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ruf mich an, sobald du etwas weißt.«
    »Wohin willst du?«, rief Johann, als Rick davonstürmte.
    »Ich werde ihr klarmachen, dass ich mich nicht verfolgen lasse.« Er hatte die vage Ahnung, dass diese Frau dieselbe war, die sich in Sinach für sein Motorrad interessiert hatte.
    Adam und Stefan fuhren erschrocken hoch, als die Tür hinter Rick zuschlug.
    »Keine Sorge, er muss nur etwas erledigen«, beruhigte Johann die beiden, während er Rick nachschaute.
    »Das muss aber verdammt eilig sein«, murmelte Adam nachdenklich, während Stefan sich nur verlegen an der Stirn kratzte.
    Die Lounge lag gleich neben der Lobby. Holzvertäfelte Wände, blauer Teppichboden, dunkelbraune Ledersessel und ein auf Hochglanz polierter weißer Flügel, um gemütliche Nachmittagsstunden musikalisch zu untermalen. An diesem sonnigen Tag herrschte jedoch gähnende Leere, das Wetter verlockte eher zu Spaziergängen und Wanderungen. Nur eine dunkelhaarige junge Frau saß allein am Fenster neben dem Flügel.
    Rick beobachtete sie erst eine Weile aus der Ferne. Er hatte es geahnt. Christine Weingard war die Frau, die ihm vor dem Friedhof in Sinach aufgelauert hatte. Sie hielt ein Glas Latte macchiato in der Hand, tauchte den langstieligen Löffel in die geschäumte Milch und schob ihn dann genüsslich in den Mund. Das seidige Haar, die porzellanfarbene Haut und die mandelförmigen graubraunen Augen. Der Schweiß trat ihm auf die Stirn, als er begriff, an wen sie ihn erinnerte. Meine Nerven sind überreizt, dachte er und verbannte diesen unglaublichen Gedanken sofort

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