Wenn der Acker brennt
eine Gruppe Wanderer in Kniebundhosen mit Lodenhüten auf den Köpfen. Sie schleppten drei riesige Transparente. »Rettet die Wälder, keine neue Loipen für den Tourismus!«, hörte er sie rufen.
»Lächerliche Kleingeister. Die haben keinen Blick für das große Ganze«, verkündete Kathrin, die in ihrem schwarzen Seidenmantel auf nackter Haut zu ihm auf den Balkon herauskam.
»Warum Kleingeister? Weil sie nicht bereit sind, noch mehr Land für den Spaß anderer zu opfern?«
»Das Opfer wird nicht gerade gering vergütet.«
»Geld wiegt den Verlust von Heimat nicht auf.«
»Das klingt spießig, mein Schatz. Mit Geld kannst du dir jederzeit eine neue Heimat kaufen. Wir könnten uns zum Beispiel in Kalifornien niederlassen. Was hältst du davon?«
»Lass uns reingehen, ich muss mit dir reden«, wehrte Rick sie sanft ab, als sie sich auf seinen Schoß setzen wollte.
»Du hörst dich ernst an.«
»Es wird dir zunächst auch nicht gefallen, was ich dir sagen werde, aber mit ein wenig Abstand wirst du einsehen, dass die Entscheidung richtig ist.«
»Den Satz kenne ich, der kommt in jedem drittklassigen Film zum Einsatz, wenn der Held seiner ehemaligen Liebe erklärt, dass er sich von ihr trennen wird.«
»Kathrin, es tut mir leid.«
»Nein, das ist nicht wahr, Rick. Das glaube ich jetzt nicht.« Fassungslos sah sie ihn an, schluchzte laut auf, als er schwieg, rannte ins Zimmer und warf sich aufs Bett.
Da muss ich wohl nun durch, dachte Rick und folgte ihr.
11
Christine war klar, dass sie nicht einfach in Ricks Suite marschieren konnte. Seine Bodyguards würden das zu verhindern wissen. Sie musste ihren Besuch sorgfältig planen.
Ihr erster Gang am nächsten Morgen galt dem Trachtengeschäft im Erdgeschoss des Hotels. Sie kaufte ein paar Kleinigkeiten zum Anziehen. Wäsche, ein rotes Trachtenmieder, das ihr auf Anhieb ins Auge stach, und ein Paar hübsche schwarze Ballerinas. Alles für den Fall, dass sie noch ein paar Nächte in Sinach bleiben würde. Außerdem erstand sie ein grünes Dirndl, dessen Farbe zwar nicht ganz der der Dirndl des Hotelpersonals entsprach, aber auf den ersten Blick ähnlich wirkte. Danach ging sie zurück in ihr Zimmer und bestellte ein Frühstück für zwei Personen. Sie nahm das Tablett entgegen, schlüpfte in das grüne Dirndl und tippte die 315 auf dem Haustelefon. Dieselbe Nummer, die die Dame vom Empfang am Tag zuvor gewählt hatte, als Christine sich als Optikerin ausgegeben und darum gebeten hatte, Herrn Linden über ihren Besuch zu unterrichten.
»Bitte?«, meldete sich Rick nach dem zweiten Klingeln.
Christine legte sofort wieder auf. Jetzt wusste sie, dass er in seinem Zimmer war. Ein paar Minuten später stieg sie mit dem Frühstück für zwei in den Aufzug und fuhr in den dritten Stock. Einer der Bodyguards stand gelangweilt im Gang. Sie zögerte kurz, weil sie sichergehen wollte, dass es nicht der Sicherheitsmann vom Abend zuvor war, der sie möglicherweise wiedererkennen könnte. Aber sie hatte den schlaksigen jungen Mann, der weiße Turnschuhe zu seinem schwarzen Anzug trug, zuvor noch nicht gesehen. »Guten Morgen, ich bring das Frühstück für den Herrn Linden«, sagte sie und schenkte ihm ein charmantes Lächeln.
»Stellen Sie es dort ab, dann klopfen Sie kurz an und gehen wieder«, wies er sie an und deutete auf die Fußmatte vor der Tür mit der Nummer 315.
»Mach ich«, antwortete Christine. »Um Gottes willen!«, rief sie im nächsten Moment entsetzt, tat so, als sei sie ins Stolpern geraten, und ließ das Tablett vor Zimmer 315 fallen. »Das war es dann, jetzt bin ich meinen neuen Job auch gleich wieder los.« Jammernd starrte sie auf die Bescherung, die sie angerichtet hatte.
»Nicht aufregen, ich helfe Ihnen«, zeigte sich der Junge als Retter in der Not, als sie vorgab, mit den Tränen zu kämpfen.
»Herr Linden, es ist was passiert!«, rief Christine und pochte gegen die Tür.
»Nicht, lassen Sie das«, bat der junge Mann, aber es war zu spät.
Rick hatte die Tür geöffnet, weil der Krach ihn aufgeschreckt hatte und er auf diese Weise der unangenehmen Situation mit Kathrin entfliehen konnte.
»Du versuchst es wohl mit jedem Trick«, fuhr er Christine an.
»Es tut mir leid, Herr Linden. Ich dachte, sie bringt das Frühstück«, entschuldigte sich der Bodyguard, als er begriff, dass Christine nicht zum Hotelpersonal gehörte.
»Schon gut, Lukas, die junge Dame ist besonders gerissen, wenn es darum geht, andere zu täuschen. Rufe bitte
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