Wenn der Acker brennt
Ergebnis?«
»Nun, so einfach ist es leider nicht.« Peining legte die Spritze in die Nierenschale auf seinem Schreibtisch und strich die Knitterfalten aus seinem weißen Kittel. Danach betrachtete er liebevoll die beiden roten Blüten des Kaktusses, der allein auf der breiten Fensterbank stand. »Schau, wie er blüht, mein peruanischer Zwergkaktus. Genauer gesagt, ein Matucana madisoniorum , der 1963 von P. C. Hutchison entdeckt wurde. Er macht mir so viel Freude, der Kleine.«
»Der Kaktus ist wirklich ganz wundervoll, Luitpold, aber –«
»Geh, wie du das sagst! Gar nichts nimmst du von seiner Schönheit wahr. Du hast kein Gespür für Pflanzen, sonst würdest du begreifen, wie sehr der Kleine dieses triste Zimmer mit all den grauenvollen Vorgängen in den Ordnern mit Leben erfüllt.« Mit einem tiefen Seufzer ließ Peining seinen Blick durch den Raum mit den grauen Fliesen und den mit Akten vollgestopften Regalen gleiten.
»Es freut mich sehr, dass dein Kaktus dich glücklich macht, aber mehr als der Charakter deines kleinen Freundes interessiert mich, was du über Georg Denninger und das andere Opfer herausgefunden hast.«
»Wie gesagt, weit bin ich noch nicht vorgedrungen. Die Sache gestaltet sich schwierig, deshalb turne ich ja auch auf dem Boden herum und benutze eine Spritze als Schusswaffe.«
»Vielleicht kann ich ja etwas zur Klärung beitragen?« Burger setzte sich auf die Schreibtischkante, nachdem der Gerichtsmediziner auf seinem schwarzen Ledersessel Platz genommen hatte. Der Kommissar war froh, dass er den Obduktionsraum im Rücken hatte. Er war nur durch eine Glasscheibe vom Büro getrennt, und Burger hätte es nur schwer ertragen können, Georg Denningers Überreste ständig im Blick zu haben.
»Dann also zu den Fakten«, begann Peining mit seinem Bericht. »Denninger und das andere Opfer wurden mit derselben Waffe erschossen, wobei der andere vorher noch einen heftigen Schlag mit dem Schürhaken abgekriegt hat. Den Haken haben deine Leute neben dem Kamin sichergestellt. Das Blut, das an ihm klebte, konnte ich trotz des Brandes noch zuordnen. Was wieder einmal beweist, zu welchen Höchstleistungen die Wissenschaft, deren ausführende Hand ich bin, fähig ist.«
»Unbestritten, Luitpold«, stimmte Burger zu. Er wusste, dass der Freund seinen Bericht so lange nicht fortsetzen würde, bis er ihm recht gab.
»Wie die beiden allerdings mit derselben Waffe zu Tode gekommen sein sollen, das ist mir immer noch ein Rätsel«, erklärte der Gerichtsmediziner gleich darauf.
»Nun, vielleicht wollte Georg den Mann mit dem Schürhaken abwehren, der aber stürzte sich mit der Waffe auf ihn. Es kam zum Handgemenge, und Denninger bekam die Waffe zu fassen, aus der sich die Schüsse lösten.«
»Schöne Theorie, aber sie funktioniert nicht.«
»Wieso?«
»Weil Denninger schon tot war, bevor er den anderen erschossen haben soll.«
»Willst du mich hochnehmen?«
»Das liegt mir fern, aber der zweite Schuss auf den Einbrecher, der ihn letztendlich getötet hat, wurde aus einem Winkel abgefeuert, der sich nur ergibt, wenn der Schütze steht und das Opfer liegt. Da Denninger aber mitten ins Herz getroffen wurde, hätte er das nur als Wiederauferstandener bewerkstelligen können. Alles klar?«
»So weit schon«, antwortete Franz Burger, während er sich die Situation vorstellte, die der Gerichtsmediziner ihm zu schildern versuchte.
»Denninger hat meiner Einschätzung nach überhaupt keinen Schuss abgefeuert«, fuhr Peining fort.
»Woraus schließt du das?«
»Die Erkenntnis beruht auf dem bisherigen Obduktionsergebnis. Denninger litt an der Gicht, besonders die rechte Hand war davon betroffen. Er war Rechtshänder und hätte den Revolver ohnehin nur unter größten Schwierigkeiten abfeuern können, und dabei wäre ganz gewiss kein gezielter Schuss herausgekommen.«
»Es muss auf jeden Fall noch eine dritte Person im Haus gewesen sein.«
»So sieht es aus.«
»Weißt du schon etwas über die Identität des zweiten Opfers?«
»Der Mann trug Unterwäsche, die aus einer staatlichen Haftanstalt stammt.«
»Ganz sicher?«
»Wir haben Fasern gefunden, die das eindeutig bestätigen.«
»War der Mann Ende fünfzig, durchtrainiert, fast zwei Meter groß und ungefähr einhundertzwanzig Kilogramm schwer? Braune Augen, braunes Haar.«
»Respekt, mein Computer hat länger gebraucht, um die Daten zusammenzutragen. Entweder hast du den gewissen Blick für Brandopfer, dann könntest du gleich bei mir
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