Wenn der Acker brennt
seiner Kindheit. Die Berge im Morgenlicht, das Donnern des Wasserfalls, der Duft der Tannen und Kiefern. Er hatte auch die Toskana lieben gelernt, den Geruch der Pinien, die Weinberge, aber es waren die schroffen Gipfel und die sanften Täler, die seine Seele am ehesten widerspiegelten.
Die Cessna, die sich vor einer Weile dem Plateau genähert hatte, war aus seinem Blickfeld verschwunden. Er wartete darauf, dass sie erneut am Himmel auftauchte, aber sie hatte wohl längst eine andere Richtung genommen. Es wurde Zeit, Christine zu wecken. Sie mussten los. Jeremias würde sicher bald aufkreuzen.
Die Cessna! Rick wurde heiß. Die Hochwiese direkt unter ihnen! Sie war flach und groß genug, um einem geschickten Piloten die Landung mit einem Sportflugzeug zu ermöglichen, und Jeremias war ein ausgezeichneter Pilot. Das Gelände war keine besondere Herausforderung für ihn, der bereits einige Gletscherlandungen erfolgreich absolviert hatte. Rick rannte quer über das steinige Plateau und sah zur Wiese hinunter. Eine Seite grenzte an den Berg, die andere an den steil abfallenden Hang. In der Mitte der Wiese stand die Cessna. Die goldfarbenen Initialen J. R . auf dem weißen Heck ließen keinen Zweifel daran, wem sie gehörte. Rick zuckte zusammen, als ein Schatten vor ihm auf die Felsen fiel. Langsam drehte er sich um.
»Wir haben uns schon Sorgen um euch gemacht. Wie konntet ihr nur so leichtsinnig sein und mitten in der Nacht in die Berge gehen? Das hätte euch das Leben kosten können«, spielte Jeremias den Besorgten. »Wo ist deine hübsche Begleitung?«
»Keine Ahnung.«
»Denk noch mal nach, Linden.« Jeremias griff hinter sich, zog die Pistole aus seinem Hosenbund und richtete sie auf sein Gegenüber. »Also, wo ist sie?«
»Ich weiß es nicht«, wiederholte Rick. Er hoffte, dass Christine Jeremias’ Ankunft bemerkt und sich in Sicherheit gebracht hatte. Das Einzige, was er im Moment für sie tun konnte, war, ihr Zeit zu verschaffen.
»Was haben wir denn da? Du gestattest?« Jeremias hatte die losen Blätter mit Amatas Handschrift entdeckt, die Rick in der Brusttasche seines Hemdes bei sich trug. Er nahm sie an sich und überflog den Text. »Wo habt ihr das Tagebuch gefunden?«, fragte er und verbarg die Papiere in der Innentasche seiner schwarzen Leinenweste.
»Betti hatte es aufbewahrt.«
»Ein wenig mehr Offenheit, Rick. Bitte, wir sind doch unter uns. Hätte Betti dem Geschwafel der Kleinen Glauben geschenkt, wüsste ich davon.«
»Die letzten Seiten waren in Denningers Keller. Amata hat sie in einem Metallfach in dem alten Schrank versteckt. Sie wollte sie vermutlich vor dem Feuer schützen.«
»Was wieder einmal beweist, was für ein schlaues Mädchen sie war. Obwohl ich auch ein bisschen enttäuscht bin, dass ihre Treue zu mir nicht bis zu ihrem Tod angedauert hat. Es scheint, als hätte sie mich mit ihren Erkenntnissen hinhängen wollen.«
»Mit Recht. Kannst du dir vorstellen, was sie in den letzten Stunden ihres Lebens empfunden haben muss? Sie wusste, dass du im Keller warst, und vielleicht hat sie sogar geahnt, dass du die Scheune in Brand gesetzt hast.«
»Wie hätte ich denn wissen sollen, dass ihr in diesem verdammten Schrank hockt?«
»Es nimmt dich mit, nicht wahr? Du bist gar nicht so kalt, wie du immer tust.« Rick war nicht entgangen, dass Jeremias’ Blick flatterte und er Mühe hatte, sich seine Betroffenheit über Amatas Aufzeichnungen nicht anmerken zu lassen.
»Amatas Tod geht auf dein Konto, Linden.«
»Nein, Jeremias, du hast die Öllampe, die ich neben dem Kellereingang abgestellt hatte, zum Scheunentor getragen und wieder angezündet. Du hast die Scheune niedergebrannt, um deine Spuren zu verwischen.« Es war das erste Mal, dass Rick ihn mit der Wahrheit konfrontierte. Es war wie ein Befreiungsschlag, weil er nicht mehr daran zweifelte, dass er recht hatte. »Hast du niemals befürchtet, sie könnten mir meine Geschichte glauben? Dass ich einen Mann mit Rucksack gesehen habe? – Nein, hast du wahrscheinlich nicht«, beantwortete Rick die Frage selbst, als sein Gegenüber nur herablassend grinste.
»Du und die kleine Weingard, ihr wart letzte Nacht auf dem Denningerhof. Hat sie die Fotos mit ihrem Handy gemacht, oder gehen sie auf dein Konto?«
»Warum interessiert dich das? Du hast sie doch sicher längst gelöscht.«
»Stimmt, die Fotos sind nicht mein Problem, ihr seid das Problem.«
»Warum? Du hast doch jetzt alle Beweise: die Fotos und die
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