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Wenn der Golem erwacht

Wenn der Golem erwacht

Titel: Wenn der Golem erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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Auf allen vieren kroch er ins Wohnzimmer, wo er sich mit Mikes Hilfe stöhnend aufrichtete.
    Ich folgte ihnen mit dem schussbereiten Revolver und sagte: »Die Hände hinter den Köpfen verschränken. Und dann marschiert ihr dort hinaus, wo ihr reingekommen seid, schön langsam, einer nach dem anderen. Und denkt daran, dass ich hinter euch bin! Der Hahn des Revolvers ist noch immer gespannt.«
    Mike, der Glatzkopf und das blonde Pickelgesicht, in dieser Reihenfolge traten sie auf den Gang und wandten sich nach links. Ich hielt etwa fünf Meter Abstand zu ihnen, ohne ernsthaft mit einem Angriff der drei zu rechnen. Ich musste nur mit dem Zeigefinger zucken, um einem von ihnen eine Kugel ins Kreuz zu jagen, und das wussten sie.
    Was ich mehr fürchten musste, waren mögliche Komplizen, die sich im Gebäude oder davor aufhielten. Die Wahrscheinlichkeit schätzte ich aber als eher gering ein. Die drei schienen nicht damit gerechnet zu haben, einen anderen Menschen außer Max hier anzutreffen. Entsprechend sicher hatten sie sich gefühlt und Otto einfach über den Haufen geschossen. Dank der dicken Mauern des Theatergebäudes war die Detonation wohl nur als abgedämpfter Laut, nicht lauter als die Fehlzündung eines Autos, nach draußen gedrungen, und dort war das Geräusch im Lärm der umliegenden Kneipen untergegangen.
    Der seltsame Röntgenblick half mir, auf etwaige Komplizen der drei Kerle Acht zu geben. Erwartungsgemäß konnte ich niemanden entdecken, und wir verließen das Gebäude durch die Tür, durch die Max mich vor einigen Stunden hineingeführt hatte. Die drei hatten das Schloss mit unsanften Mitteln geknackt, das verschrammte Blech hing nur noch an einer Schraube.
    Der Blonde ging als letzter nach draußen, wo der Sprühregen sich in einen heftigen Guss verwandelt hatte. Ich versetzte ihm einen schmerzhaften Tritt in den verlängerten Rücken. Er stolperte und fiel in eine Pfütze, ließ Wasser und Schlamm aufspritzen.
    Mit der linken Hand deutete ich auf die stark blutende Schulter des Glatzkopfes. »Das war nur eine Warnung. Denkt an meine Worte: Lasst euch noch ein Mal hier sehen und …« Ich krümmte den linken Zeigefinger und drückte auf den Abzug einer imaginären Schusswaffe.
    Die drei verzogen sich hinaus auf die Straße. Als sie kaum noch zu sehen waren, drehte der Glatzkopf sich um und rief: »Wir kriegen dich noch, dich und deine kleine Hure!«
    Ich antwortete nicht, wartete einfach ab, bis von ihnen nichts mehr zu hören und zu sehen war. Dann sah ich mich auf dem feuchten Boden um. Ich brauchte etwas, um die beschädigte Tür provisorisch gegen ein erneutes Eindringen zu sichern. Zwar ging ich davon aus, dass die drei zumindest für heute Nacht genug hatten, aber sicher war sicher. Ich fand ein keilförmiges Stück Holz, einer abgebrochenen Jägerzaunlatte ähnlich, und schob es von innen unter die Tür. Obwohl ich heftig an ihr zog, ließ sie sich nicht öffnen. Zufrieden kehrte ich zu Max' Wohnung zurück.
    »Bleib da stehen! Rühr dich nicht! Lass die Waffe fallen, sonst drück ich ab!«
    Perplex stoppte ich an der offenen Schlafzimmertür. Mit so einem Empfang hatte ich nicht gerechnet.
    Max kauerte auf den Knien im Bett und hielt die Pistole des Kahlkopfes auf mich gerichtet. Sie hatte ihre Pyjamahose wieder hochgezogen. Ein paar Haarsträhnen hingen ihr wirr in die Stirn. Die Augen waren weit aufgerissen und starrten mich an, als sei ich ein Monster. Angst und Verwirrung zeichneten ihre Züge, Panik. Sie schien kaum noch Herrin ihrer Sinne zu sein.
    Nach dem Erlebnis eben konnte ich es ihr nicht verdenken, aber für mich war die Lage sehr unangenehm. In der herabhängenden Rechten hielt ich den kurzläufigen Revolver, einen 38er Smith & Wesson. Den Hahn hatte ich längst sanft zurückgleiten lassen. Ich starrte unschlüssig auf die Waffe.
    »Denk gar nicht erst daran!«, ermahnte mich Max. »Ich bin schneller. Glaub nicht, dass ich mit einer Automatik nicht umgehen kann. Ich habe sie durchgeladen und entsichert.«
    Ich glaubte ihr, beugte mich im Zeitlupentempo nach vorn und legte den Revolver auf den Boden. Langsam richtete ich mich wieder auf und fragte: »Und jetzt?«
    »Jetzt sagst du mir endlich die Wahrheit über dich!«
    »Ich habe dir alles gesagt, was du wissen musst.«
    »Das möchte ich gern selbst entscheiden.«
    »Woher kommt dein plötzliches Misstrauen?«, wunderte ich mich. »Immerhin habe ich dir gerade aus einer alles andere als angenehmen Lage geholfen.«
    »Und am

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