Wenn der Golem erwacht
Menge Pickel im irgendwie schiefen Gesicht. Seine Waffe war ein kurzläufiger Revolver, den er eher lässig in der Hand hielt.
Als ich die Schlafzimmertür aufstieß, ruckte sein Kopf zu mir herum. Sein Waffenarm wollte die Bewegung nachvollziehen, aber er war zu langsam. Mit einem Sprung war ich bei ihm, und mein Fuß traf ihn hart in den Unterleib. Er knickte zusammen. Mit der rechten Hand entwand ich ihm die Waffe, mit einem Handkantenschlag meiner Linken in seinen Nacken brachte ich ihn endgültig zu Fall. Röchelnd wälzte er sich vor mir auf dem Boden, Speichel troff aus seinem zuckenden Mund.
Der Kahlkopf gegenüber reagierte. Seine rechte Hand verschwand in einer Innentasche der Weste und kam mit einer Automatik wieder zum Vorschein. Bevor er die Waffe auf mich richten konnte, gab ich einen Schuss aus dem Revolver ab. Meine Kugel fuhr in seine Schulter. Er heulte auf, griff mit der linken Hand an die verwundete Stelle und ließ die Pistole achtlos zu Boden fallen.
Der Mann auf dem Bett warf sich auf Max, hielt sie mit dem einen Arm fest und hatte jetzt ein Springmesser in der anderen Hand. Die Spitze drückte gegen ihre linke Wange.
»Lass die Kanone fallen!«, herrschte er mich an. »Sonst mache ich Gyros aus dem Gesicht der Kleinen.«
Langsam trat ich an das Kopfende des Bettes, drückte den Revolverlauf gegen seine Stirn und zog den Hahn ganz bedächtig zurück. Für eine lange Sekunde erfüllte das metallische Klicken den Raum.
Ebenso bedächtig sagte ich: »Wenn ich auch nur einen Tropfen Blut in ihrem Gesicht sehe, puste ich dir das Gehirn aus dem Schädel! Wie das aussieht, hast du vielleicht bei dem Hund gesehen.«
Noch immer hielt er die Messerklinge gegen Max' Wange, aber er rührte sich nicht, wirkte wie erstarrt. Schweiß perlte auf seiner Stirn. Es sah so aus, als sollte meine Rechnung aufgehen. Hätte ich Abstand von ihm gehalten, hätte er meine Drohung wohl weniger ernst genommen und versucht, mich einzuschüchtern, indem er Max verletzte.
Aber ein kalter Revolverlauf direkt an deinem Schädel, das harte Klicken neben deinem Ohr, die unmittelbare Nähe der Kugel, die deinen Kopf binnen Sekundenbruchteilen in einen matschigen Klumpen aus Fleisch und Knochensplittern verwandeln kann, sind ein ganz anderes Gefühl. Die Angst lässt deine Gedanken Purzelbäume schlagen, gibt dir keine Zeit, klare Überlegungen anzustellen. Es gibt nur noch einen Impuls in dir, der alles andere überlagert: Du willst dein Leben retten!
Woher ich das wusste? Keine Ahnung. Aber eins war mir klar: Ich kannte mich mit solchen Situationen aus. Ich war erregt, aufs höchste angespannt, und doch behielt ich einen klaren Kopf. Als hätte ich das alles trainiert.
»Hör nicht auf das Gequatsche, Mike!« bellte der Mann mit der zerschossenen Schulter. »Schneid der Hure ein ewiges Andenken in die Fratze, wenn er die Knarre nicht sofort fallen lässt.«
Ich erhöhte den Druck des Revolverlaufs und sagte langsam und deutlich: »Dein Kumpel hat gut reden, Mike. In ein paar Wochen ist seine Schulter wieder okay. Aber dein Gehirn kann keiner mehr zusammenflicken. Man kann es nur noch mit einem Spachtel von der Wand kratzen.«
Aus den Augenwinkeln sah Mike mich an, versuchte herauszufinden, wie ernst ich es meinte. Ich hielt seinem Blick stand, ohne mich zu rühren, und hoffte, dass auch Max Nerven wie Stahlseile hatte. Wenn sie durchdrehte, konnte es bei dem Messerhelden zu einer Panikreaktion kommen.
Mike hatte die schlechteren Nerven. Als er sich von Max zurückzog und das Messer aufs Bett fallen ließ, zitterte seine Hand wie ein junger Baum im Sturm. Er schien erleichtert, dass es vorüber war, und achtete nicht auf den zornigen Blick, den der Glatzkopf ihm zuwarf.
Ich trat ans Kopfende des Bettes und sagte: »Schluss mit der Party! Ihr macht jetzt den Abgang. Und merkt euch: Wer von euch noch ein Mal dieses Gebäude betritt, verlässt es mit Durchzug im Kopf!« Als sie sich nicht rührten, fügte ich schärfer hinzu. »Los, ab!«
Endlich setzten sie sich in Bewegung. Der Kahle bückte sich und wollte mit der linken Hand nach seiner Pistole greifen.
»Liegen lassen!«, befahl ich.
Er sah mich betreten an. »Aber die Knarre hat 'ne Menge Kohle gekostet!«
»Lehrgeld ist irnmr gut investiert«, antwortete ich kühl.
Zögernd richtete er sich wieder auf, ohne die Waffe, und folgte Mike, der dabei war, aus dem Zimmer zu schleichen. Mit einem Fußtritt in die Nieren des Blonden setzte ich auch ihn in Bewegung.
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