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Wenn der Golem erwacht

Wenn der Golem erwacht

Titel: Wenn der Golem erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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haben!«
    »Reiner Selbstschutz, Herr Fuchs. Sie sind ein gefährlicher Mann. Kranz wird seine Gründe haben, weshalb er Sie sucht. Wir waren allein in meiner Wohnung, nachts, und Sie hatten einen Revolver.«
    Ich hatte einen Revolver?
    Suchend sah ich mich um, und mein Blick fiel auf einen Hocker, auf dem meine Kleider lagen.
    »Die Waffe ist hier.« Meine schöne Giftmischerin griff hinter sich und zog den Smith & Wesson hinter ihrem Rücken hervor. »Keine Sorge, ich kann damit umgehen.«
    »Vielleicht sollte ich mich eher deshalb sorgen.«
    »Wenn ich Ihnen etwas antun wollte, hätte ich Sie den Gorillas am INTEC-Tower überlassen.«
    »Ganz wie Sie sagen, Lady, Sie haben die Waffe.« Ich ließ mich zurück aufs Kissen sinken. »Und wie ich Sie kenne, können Sie wirklich damit umgehen. Vermutlich waren Sie früher mit Billy the Kid zusammen.«
    Lächelnd ging sie hinaus und nahm den'Revolver mit. Ich hörte sie in der Küche hantieren, die in den großen Wohnraum integriert war. Mein Blick fiel wieder auf den Warhol-Druck, und ich schloss die Augen. Der Kopfschmerz ließ ein wenig nach und ich versuchte, mich an den nächtlichen Traum zu erinnen. Er war wie eine Vorgeschichte zu meinem üblichen Albtraum gewesen.
    Ich sah mich wieder durch den düsteren Tunnel laufen, und das Traumbild vermischte sich mit der Erinnerung an den vergangenen Abend. Der Tunnel aus meinem Traum glich auffällig den Gängen in der Tiefgarage am Potsdamer Platz. War das ein Hinweis meines Unterbewusstseins? Oder hatte ich nur die jüngsten Aufregungen in meinem Traum verarbeitet?
    Ein Tablett mit zwei Bechern dampfenden Kaffees, goldgelbem Toast, Butter und Heidelbeermarmelade war das Ergebnis des Küchengeklappers. Die Blondine stellte einen kleinen Tisch ans Bett, darauf das Tablett und zog sich den Korbsessel heran, um mit mir zu frühstücken.
    Meine Hand schwebte über dem Kaffeebecher. »Sie wollen mich doch nicht wieder vergiften? Schließlich bin ich noch nicht mal ganz wach!«
    »Keine Sorge.« Sie zeigte hinter sich, wo wieder der Revolver lag. »Jetzt bin ich ja bewaffnet.«
    »Falls Sie mich anlügen und der Kaffee eine tödliche Dosis enthält, wüsste ich gern, wem ich die Rechnung für den Grabstein schicken darf.«
    »Oh, Verzeihung, Herr Fuchs, wie unhöflich von mir.« Sie streckte ihre Rechte über den Tisch. »Rica heiße ich, Rica Aden.«
    »Den Namen habe ich schon gehört«, murmelte ich, während ich ihre Hand schüttelte. Für eine Frau, noch dazu von eher zierlicher Statur, hatte sie einen überraschend festen Griff.
    »Vielleicht auch gelesen«, sagte sie.
    Jetzt kam ich darauf: »Der ›Bärliner‹, ja. Der Artikel über den Kanzler. Hat mir sehr gefallen. Ich hätte gleich daran denken müssen, als ich Ihren Namen im Fahrstuhl las.«
    Dass sie zu kichern begann, versetzte mich in Erstaunen.
    »Ich lache nicht über Sie, Herr Fuchs, sondern über meinen Namen. Hätte ich den vollständigen genommen, hätten Sie ihn sich bestimmt gemerkt, ganz besonders beim Thema Bundeskanzler?«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen«, gab ich zu.
    »Rica Aden ist ein Namenskürzel, unter dem ich schreibe und auch lebe. Meinen vollständigen Namen finde ich einfach zu scheußlich.«
    »Raus damit!«
    »Ich habe drei Vornamen: Frederica Wilhelmina Luisa.«
    »Mein Beileid. Den Bandwurm hätte ich an Ihrer Stelle auch abgeschnitten.«
    Sie nickte und fuhr fort: »Mit vollständigem Familiennamen heiße ich Adenauer.«
    Ich musste an mich halten, fast hätte ich vor Lachen den ersten Schluck Kaffee ausgespien. Nachdem ich den mühsam heruntergeschluckt hatte, fragte ich: »Das ist jetzt ein kleiner Scherz zur Morgenstunde, oder?«
    »Mitnichten.«
    »Sie können ja nichts dafür. Ich könnte mir vorstellen, dass der Name in Ihrem Job manchmal ganz hilfreich ist.«
    »Nur bei einer der großen Parteien.«
    »Sind Sie verwandt mit dem Adenauer?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass der Name so häufig ist.«
    »Ist er auch nicht. Vermutlich haben sich unsere Urahnen gekannt. Der Adenauer war Rheinländer und meine Vorfahren kommen aus dem Rheinland, aus Adenau an der Ahr.«
    »Verstehe«, sagte ich und biss in einen dick mit Marmelade belegten Toast.
    »Und Ihr Name?«, fragte Rica Aden.
    »Was ist damit?«
    »Wollen Sie mir den nicht nennen?«
    »Ich dachte, den kennen Sie bereits.«
    Sie blickte mich über den Rand ihres Bechers hinweg an. »Allgemein kennt man Sie als Robert Fuchs. Aber man weiß nicht

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